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Kapitel 8

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Was hatte ich nur getan? Warum ausgerechnet er?

Ich war erfüllt von so viel Wut und gleichzeitig waren da so viele Ängste. Doch das alles musste ich wieder für ein paar Stunden wegschieben, denn ich hatte wieder eine Prüfung: Sport.

Warum musste ich ausgerechnet während der Abizeit in diesem Schwangerschaftsschlamassel stecken? Ich sollte mich konzentrieren, anstatt mich über den Vater meines ungeborenen Kindes zu ärgern.

Mein Kind! Verrückt!

Ich musste mich bei meiner Prüfung in mehreren Disziplinen beweisen. Frau Meißner war nicht nur meine Deutschlehrerin, sondern auch meine Sportlehrerin und gleichzeitig eine meiner heutigen Prüferinnen.

Die Prüfung begann mit einer Kür im Bodenturnen. Ich war gut darin und hatte für gewöhnlich keine Probleme ein ordentliches Rad zu schlagen oder einen Handstand zu stehen. Seit Wochen hatte ich mich darauf vorbereitet und hart trainiert. Doch ich merkte schon am Anfang ein Ziehen im Unterleib.

Ich wollte eine gute Note haben. Mein Abi-Schnitt hing schließlich davon ab und den würde ich mir nicht von einer Schwangerschaft kaputt machen lassen. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte den Schmerz zu ignorieren.

Unter Qualen und unter den Blicken der Prüfer beendete ich meine Kür fehlerfrei. Dann übermannte mich jedoch der Schmerz. Er zwang mich in die Knie. Ich krümmte mich und hielt meinen Bauch. Sofort kam Frau Meißner zu mir geeilt.

„Marie, ist bei dir alles in Ordnung?", fragte sie besorgt.

Ich sah zu ihr auf. Sie war immer meine Lieblingslehrerin gewesen. Mein Unterleib krampfte und ich verzog das Gesicht.

Was geschah mit mir?

„Ich bin schwanger", hauchte ich kaum hörbar. Der Satz kam instinktiv über meine Lippen. Ich bereute es sofort.

Für einen Moment entglitten ihr die Gesichtszüge. Damit hatte sie nicht gerechnet. Damit würde niemand rechnen. „Schwanger?", wiederholte sie geschockt.

„Ja." Ich war nun den Tränen nahe. Ich wollte nicht schwanger sein.

Frau Meißner brauchte einen Moment, um sich zu fangen.

Warum hatte ich ihr das nur gesagt? Was war denn in mich gefahren?

„Soll ich einen Arzt rufen?", fand sie ihre Sprache wieder.

Schnell schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich brauch nur eine kurze Pause."

Sofort nickte sie verständnisvoll und hockte sich zu mir herunter. „Natürlich. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst."

In diesem Moment spürte ich wieder diese Übelkeit aufkommen. Es war ein widerliches Gefühl. Ich sprang auf und rannte zu den Umkleiden. Ich musste mich übergeben. Immer wieder musste ich würgen. Gleichzeitig verließen auch dutzende Tränen meinen Körper.

Ich wollte das alles nicht.

„Marie?", hörte ich die zarte Stimme von Frau Meißner. Sie klopfte gegen die Tür. „Kann ich reinkommen?"

Ich wischte mir den Mund ab und öffnete die Tür der Umkleide. Mitleidig traf mich ihr Blick.

"Sicher, dass ich keinen Arzt holen soll?"

Ich nickte und setzte mich auf den Boden. Meinen Kopf lehnte ich gegen die Wand.

„Ich brauch keinen Arzt. Es ist nur die Morgenübelkeit." Ich versuchte tapfer zu klingen.

Es überraschte mich, als sich Frau Meißner plötzlich neben mich setzte. Ernst sah sie mich an. „Ist es jemand von unserer Schule?"

Erst im zweiten Augenblick begriff ich, dass sie auf den Vater anspielte. Sie fragte es nicht, wie eine Lehrerin, sondern viel mehr wie eine Freundin. Frau Meißner war eine noch sehr junge Lehrerin. Mehr als 10 Jahre Altersunterschied hatten wir nicht.

„Ja."

„Wer?", kam sofort die Gegenfrage. Mit Zurückhaltung rühmte sie sich heute wirklich nicht.

Ich hatte es meiner Mutter nicht sagen können und ich konnte es auch Frau Meißner nicht sagen. „Ist nicht so wichtig."

„Ich denke schon, dass es wichtig ist. Weiß er denn davon?"

Beschämt sah ich zu Boden und sie konnte sich die Antwort denken. Ich spürte ihre Hand auf meinem Unterarm.

„Marie, ich weiß nicht, wie du in diese Situation gekommen bist", sagte sie einfühlsam. „Aber ich will, dass du weißt, dass ich versuchen werde dir zu helfen. Ich weiß, dass du ein schlaues Mädchen bist und du das schaffen kannst. Aber bitte sag mir, wer der Vater ist! Nur so kann ich dir helfen. Euch beiden. Ich könnte zwischen euch vermitteln. Wir Drei könnten gemeinsam reden und einen Plan für die Zukunft machen."

Frau Meißner war schon immer überengagiert gewesen. Immer diese jungen Lehrer, die dachten, sie könnten die Welt verändern.

„Warum sollten Sie das tun? Ihr Job ist es Noten zu vergeben und sich nicht um ihre schwangeren Schülerinnen zu kümmern, die zu blöd waren zu verhüten", motzte ich sie an. Eigentlich war es nicht meine Art in so einem Ton zu sprechen. Ich war einfach so unglaublich frustriert.

Frau Meißner lächelte nun auf eine sehr liebenswerte Art und Weise.„Du bist meine Schülerin und ich sehe es als meine Aufgabe an, meinen Schülern so gut es geht zu helfen. Ich sehe doch, dass du in einer schwierigen Situation bist die dich überfordert. Ich will wirklich nur helfen. Also, wie ist sein Name?"

Sie ließ nicht locker.

Sollte ich es ihr sagen? Sollte ich es ihr nicht sagen? Was hatte ich schon zu verlieren?

„Barne."

Ihre Augen wurden riesig. „Barne Bergman?"

Als ob noch irgendjemand anderes an unserer Schule diesen Namen trug.

„Ja."

Die Überraschung war geglückt. Sie fiel komplett aus allen Wolken. Ihr Blick ging für einen Moment ins Leere.

„Okay", sprach sie mehr zu sich selbst. „Okay. Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet."

„Dachte ich mir."

Nun sah sie wieder zu mir. „Wart ihr zusammen oder war es nur eine Nacht?"

So stellte ich mir eigentlich kein Schüler-Lehrer-Gespräch vor. Ich war mir auch nicht sicher, warum sie das wissen wollte.

„Eine Nacht."

Auch Frau Meißner wirkte irgendwie enttäuscht, aber sie sprach es nicht aus.

„Also, gibt es kein Vertrauensverhältnis oder etwas Ähnliches zwischen euch?"

Ich musste verbittert lachen. „Ich glaube, dass er nicht einmal meinen Namen weiß."

Ihr Blick wurde immer trauriger. „Willst du, dass ich dabei bin, wenn du es ihm sagst. Ich könnte euch beide zu mir ins Büro bestellen."

Um Gottes willen! Bloß nicht! Ich brauchte keine dritte Person dabei und schon gar keine Lehrerin.

„Nein, ich mach das lieber unter vier Augen."

Eindringlich sah sie mich an. „Er hat nach dir seine Prüfung. Du könntest auf ihn warten."

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