Er schritt die Gänge der Henderson Universität entlang. Mann, wie er diese Tage hasste. Die Erstsemester summten quasi vor Aufregung, sie schwirrten durch das ganze Haus auf der verzweifelten Suche nach dem einen Kurs, der ihnen einen Kickstart ihrer Karriere ermöglichen würde. Aber diesen Kurs gab es nicht.
Und wer heute erst umherlaufen und Informationen zu all den Schlüsselqualifikationen sammeln musste, hatte eh verloren. Wenn sie sich endlich entschieden hatten, waren die Listen für den ausgewählten Kurs sicherlich voll besetzt. Und das lag nicht daran, dass es dieser besondere Kurs war, der ihre Karriere pushen würde, sondern nur daran, dass die älteren Semester, wie er, einfach durch die Gänge gingen, sich von der Masse leiten ließen, in irgendeine Tür abbogen und sich quasi blind einschrieben. Bäääm, Schlüsselqualifikation gefunden und belegt. Ohne Kopfzerbrechen. Ohne Theater.
Ganz ehrlich. Für sein Wirtschaftsstudium würden ihm all diese Kurse hier nichts bringen. Fotografie, private Finanzplanung, experimentelle Entscheidungs- und Spieltheorie, Chemie im Alltag, Naturwissenschaften für Querdenker, modernes Hebräisch, Genderkompetenzen... Ihm wurde beinahe schwindelig als er die Liste der möglichen Kurse an der Eingangstür entdeckt hatte. Das klang alles ziemlich genau nach durchgequirlter -
"Pah, Maxwell", äffte eine ihm nur zu vertraute Stimme am Rande seiner Wahrnehmung. "Der kann mich Mal."
Same here, dachte Maxwell und blieb unwillkürlich kurz stehen. Er war froh, wenn er Dove nie wieder sehen musste. Was ihn anfangs angeturnt hatte, hatte über die Monate doch relativ schnell seinen Reiz verloren: Sie war ein verzogenes Prinzesschen vom Feinsten.
Dennoch interessierte es ihn, was sie ihren Freundinnen über ihn zu erzählen hatte. Er hatte schließlich einen Ruf zu verlieren. Und egal, was sie zu meckern hatte, ihre körperlichen Bedürfnisse waren von ihm mehr als einfach nur erfüllt worden. Das würde sie besser auch erwähnen.
"Ach, Dove, ich dachte, ihr wärt das Traumpaar."
"Ja, und gleich nach dem Abschluss heiraten", sprang ihre Freundin ein.
"Und nach New York ziehen, so wie er es versprochen hat", fuhr die erste Freundin fort.
New York? Verwirrt zog Maxwell die Stirn kraus. Er hatte mit Dove nie über New York gesprochen und ganz sicher hatte er ihr nie versprochen mit ihr dorthin zu gehen. Einfach, weil er es gar nicht konnte. Seine Familie lebte hier und er war gewissermaßen gezwungen, dass Familienunternehmen eines Tages weiterzuführen. Nicht zuletzt deshalb war er auch hier in Arkansas geblieben.
Gott wusste, dass seine Familie ihn auf jeder verdammten Uni der Ivy League hätte unterbringen können, aber Familientradition war Familientradition.
Und sein Vater hatte es ihm mit unbegrenztem Zugang auf das Familienvermögen schmackhaft gemacht. Und was er da schmeckte war doch recht vorzüglich.
"Für kein Geld der Welt", hisste Dove und unterbrach damit seine Gedanken. "Er ist so ein verlogenes Arschloch."
Erneut fragte er sich, womit er sie belogen hatte. Er war immer offen zu ihr gewesen. Er wollte keine feste Beziehung und das hatte sie von Anfang an gewusst. Auch als er ihr Arrangement beendete, da es ihm langsam doch zu sehr einen Beziehungscharakter annahm, hatte er offen kommuniziert. Worüber also regte er sich so auf?
"Was hat er getan?"
"Er stolziert hier lang, wie der junge Gott höchstselbst, nur weil seine Familie einen Namen hat. Aber er selbst ist nicht mehr wert als alle anderen."
"Dove", flötete eine ihrer Untertanten entsetzt, "das klingt ganz furchtbar. Magst du es uns verraten?"
Tu es, versuchte Maxwell sie mit reiner Willenskraft zu überreden. Er wüsste doch zu gern, warum sie ihn so verteufelte.
"Er sieht nicht ohne Aufwand so gut aus wie er tut. Wenn ihr wüsstest, was er alles im Bad zu stehen hat."
Wait, what. Maxwell musste ein Lachen zurück halten. War das ihr Ernst? Sie selbst sah ungeschminkt nicht unbedingt Instatauglich aus. Interessanter Move, ihm zu unterstellen, er würde nicht so aus dem Bett steigen wie er durch den Campus marschierte, wenn sie selbst jeden Morgen erstmal zwei Stunden brauchte, um sich in ihre Marke zu verwandeln.
"All diese Tiegel", fuhr Dove fort, "und Dosen und Sprays. Und Augentropfen. Und -"
Maxwells Herz blieb für einen Moment stehen. Sie hatte doch nicht etwa...?
"Das solltest du öffentlich machen. Mach doch eine Story dazu."
Dove winkte ab. "Ich habe meinen Schmuck dort deponiert, damit die nächste Bitch, die er abschleppt, gleich weiß, woran sie ist."
Wut kochte in seinen Adern und er verkrampfte die Fäuste. Was stimmte nur nicht mit diesem Geschöpf? Da war der Name echt Programm. Dove. Was so einen schönen Klang hatte, verbarg doch nichts als Ungeziefer.
Monatelang hatte sie so getan, als wäre sie mit seinen Bedingungen einverstanden nur um jetzt so einen Aufstand zu machen? Maxwell konnte einfach nicht begreifen, warum manche Mädchen sich so krampfhaft an einer Vorstellung festhielten. Warum eine Beziehung, gleich welcher Art, weiter führen, wenn doch klar war, dass sie einen nicht länger zufriedenstellen würde?
Er trat vor dem Vorsprung der Wand hervor. "Das reicht jetzt, meine Damen, nicht wahr?"
Dove hob mürrisch den Kopf. Nichts anderes hatte er erwartet. "Maxwell."
"Dove." Er deutete eine Verbeugung an, doch sofern sie sein Gesicht richtig lesen konnte, würde sie darin nichts als Verachtung finden. "Schmutzige Wäsche wäscht man nicht in der Öffentlichkeit. Aber falls du etwas über mich erzählen willst, fang doch mit dem Abend an, an dem deine Finger nicht mehr ausgereicht haben, um deine Höhepunkte zu zählen."
Er warf ihren nach Luft schnappenden Freundinnen ein strahlendes Lächeln zu und ließ sich weiter von dem wie elektrisierten Strom der Studenten tragen.
Doch er kam nur bis zur Mitte des Ganges, eh ein Mädchen mit ihm zusammenstieß. Er umfasste ihre Arme und beobachtete, wie sich ihr Blick an seinen Augen festzusaugen versuchte. Nichts fand er unangenehmer als das. Also machte er einen Schritt zurück.
"Bisschen aufpassen", riet er ihr noch, bevor er in den nächstbesten Raum abbog und sich dort einschrieb. Letzter Name auf der Liste. Na, das würde wenigstens dafür sorgen, dass sich keine Mädchen einschrieben, nur um im selben Kurs zu sitzen wie er.
Er machte sich nicht einmal die Mühe nachzusehen, welcher Kurs es geworden war. In spätestens einer Woche würden die E-Mails mit den Kursplänen herumgeschickt werden. Er hatte vorher überprüft, dass alle Schlüsselqualifikationen stattfanden, wenn er keine seiner eigentlichen Vorlesungen hatte. Mehr musste er nicht wissen.
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MIStaken - Sawyer und Maxwell °abgeschlossen°
Literatura KobiecaAls Sawyer des Studiums wegen in eine neue Stadt zieht, muss sie sich mit beschissenen Aushilfsjobs über Wasser halten. Außerdem braucht sie eine Bleibe, besser jetzt als gleich, und die Gegend klingt echt gut. Aber der Mitbewohner lässt ganz schön...