"Lass mich sofort runter!" Sawyer zappelte wie wild auf seiner Schulter hin und her. Zu guter Letzt versuchte sie noch, ihm auf den Rücken zu trommeln. Nicht, dass ihn das ernsthaft beeindruckte."Niemand wird dich in so einem Kleid sehen, schon gar nicht Owen", knurrte er leise, während er sie in der Kabine von seiner Schulter gleiten ließ. Sanft. Und langsam. Er spürte die Reibung ihrer beiden Körper und biss die Zähne zusammen.
Als er seinen Blick hob, funkelte Sawyer ihn bereits an. "Was ist denn nur los mit dir?"
Er hob ihr Kinn mit seinem Finger. "Du gehörst zu mir, Sawyer."
"Wovon redest du da?" Verwirrung spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
"Ich habe gesehen, was dich so verstört hat. Ich hab den Ring gefunden."
Sie lachte bitter. "Ja, ich auch."
"Nur dass du andere Schlussfolgerungen daraus gezogen hast."
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte ihn herausfordernd an. "Sag mir gerne, an welcher Stelle ich falsch abgebogen bin, denn so furchtbar viele Schlussfolgerungen gibt es ja für diesen Fall nicht."
"Was hast du geschlussfolgert?"
"Dass du ein noch schlimmerer Weiberheld bist als ich dachte." Sie schnaubte angeekelt. "Du wechselst nicht Mal die Bettwäsche zwischen zwei Mädchen."
Sein Herz setzte einen Moment aus. "Sawyer, denkst du wirklich so schlecht von mir?"
"Ich..." Sie brach ab und wich seinem Blick aus.
Er schöpfte daraus Hoffnung. Wenn sie wirklich aus tiefster Seele von ihrer Meinung überzeugt wäre, würde sie ihn zur Hölle schicken, statt sich auch nur ein Wort aus seinem Mund anzuhören. Wollte sie also auch lieber die Wahrheit hören, eine Wahrheit, die besser war als ihre Befürchtung? Hatte sie genauso viel Hoffnung wie er?
"Ich meine, wenn es so ist, dann können wir das an dieser Stelle abbrechen, weil es keinen Sinn machen würde, sich überhaupt weiter zu unterhalten."
Einen Moment schwieg sie, nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne und sah schließlich zerknirscht zu ihm auf. "Du hast Recht. Tut mir leid. Vielleicht sollte ich mir erstmal anhören, was du zu sagen hast."
Okay, das war gut. Ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt musste er seine Worte nur mit Bedacht wählen. "An wie viel erinnerst du dich aus dieser Nacht?"
Sawyer wandte den Blick ab und schwieg. Ihre Wangen hatten einen zarten Rotton angenommen.
Langsam griff Maxwell in seine Hosentasche und zog den Ring hervor. Dann griff er nach ihrer Hand und steckte ihn ihr an.
Sawyer zuckte zusammen. "Was machst du da?"
"Passt perfekt, oder?", fragte er langsam. "Ich weiß, dass ich auf fünfzig verschiedene Arten ein Arschloch bin. Aber das Einzige, was mich seit dieser Nacht wirklich interessiert, ist, was die Aufzeichnungen im Standesamt sagen. Ich will wissen, ob es legal ist. Seit Tagen drücke ich mich darum, einen Termin zu machen und es herauszufinden. Aus Angst, dass es nicht real ist."
"Ich kann dir überhaupt nicht folgen", sagte sie leise und starrte auf den Ring an ihrem Finger. Selbst hier drin mit dieser beschissenen Beleuchtung sah er fabelhaft aus an ihrer Hand. Er war genau dort, wo er hingehörte.
"Ich habe auch einen." Er hielt seine Hand hoch, sodass sie den Ring sehen konnte. Dann zog er ihn ab und tat so, als müsste er die Augen zusammen kneifen um die Gravur zu lesen. "Für immer - Sawyer."
Als er den Blick wieder auf sie richtete, starrte sie mit aufgerissenen Augen auf den Ring an ihrem Finger. Sie zog ihn ab und las die Gravur darin. "Ich..."
"In dieser Nacht haben wir geheiratet. Du hast deinen eigenen Ring unter deinem Kissen gefunden. Er muss beim, ahh", er räusperte sich und spürte wie sein Gesicht warm wurde, "beim, ahh, Liebemachen von deinem Finger gerutscht sein."
"Das...also...ich...", stotterte Sawyer. Sie sah ihn mit großen Augen an.
"Ich kann nachvollziehen, dass dir das den Boden unter den Füßen wegreißt. Ich wollte die ganze Zeit mit dir sprechen, aber wir haben uns nicht gesehen. Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen, damit du in Ruhe nachdenken kannst, was das für dich bedeutet."
Verdammt. Nein, das hatte er nicht sagen wollen. Er wollte doch gar nicht gehen. Nicht bevor er nicht wusste, ob...
"Du kannst mich doch gar nicht leiden."
Er riss die Augen auf. "Also", er räusperte sich erneut. "Da hast du eventuell eine falsche Vorstellung von der ganzen Situation."
"Inwiefern? Du hasst mich, seit du mich das erste Mal gesehen hast."
Der Moment spielte sich vor seinem inneren Auge ab. Ein mutiges und so verdammt hübsches Ding in seinem Flur irgendeinen Brief vorlesend. Er hatte sie schon zu diesem Zeitpunkt spannender gefunden als alle anderen Mädchen, mit denen er je zu tun gehabt hatte.
Vorsichtig nahm er ihre Hände in seine. "Ganz sicher nicht, Sawyer. Sieh mich an", sagte er sanft. "Das ist Blödsinn und das weißt du. Ich sorge mich um dich seitdem du in mein Leben getreten bist. Ich musste irgendwie die Notbremse ziehen. Das ging doch alles viel zu schnell, also habe ich versucht Abstand zu schaffen. Ich muss meine Eltern überzeugen, mir die Leitung des Unternehmens zu übertragen. Vorher habe ich niemandem etwas zu bieten. Du verdienst etwas viel besseres als mich, aber ich bin so ein Idiot, dass es mir scheißegal ist. Ich bin so abgrundtief egoistisch, dass ich dich nur für mich will und das macht mir verdammt große Angst, weil ich einen feuchten Dreck über funktionierende Beziehungen weiß."
"Ich...wow, das ist eine ganze Menge."
"Ich weiß, tut mir leid. Eine Sache noch: Du hast in jedem Kleid wunderschön ausgesehen. Du könntest einen Kartoffelsack tragen und -"
Sie legte ihm die Hand auf die Brust. "Schalt einen Gang zurück."
Die Hitze fraß sich durch sein Sakko, verbrannte sein Hemd und wärmte schließlich sein Herz. "Kann ich machen, aber es ist die Wahrheit."
"So wie alles andere, was du gesagt hast?"
"Natürlich."
Sie sah ihm tief in die Augen, ließ die Hand bis zu seinem Nacken hochwandern und beugte sich vor. Ihr heißer Atem kitzelte seine Haut. Wenn er den Kopf drehte, könnte er sie küssen.
"Was machst du mit mir, Noah", flüsterte sie seinen gehassten zweiten Vornamen, als wolle sie sein Gewicht auf ihrer Zunge testen.
Er konnte ihr nicht länger widerstehen. "Wenn dieser Name aus deinem Mund kommt, liebe ich ihn. Das weißt du", flüsterte er ihr ins Ohr und musste über seine rauhe Stimme schmunzeln. Er stand am Abgrund. Einen Schritt weiter und er wäre verloren.
Sie kicherte leise und zog ihr Gesicht so weit zurück, dass sie ihm die Augen sehen konnte. Dann strich sie mit ihrer Hand über seinen Bartschatten am Kinn, die Wange hinauf und wieder zurück. "Bist du rot geworden, als du 'Liebe machen' gesagt hast?"
Ein tiefes Lachen löste sich in seiner Brust. "Auf jeden Fall."
"Ich mag dich wirklich sehr, Maxwell."
"Mehr kann ich nicht verlangen", sagte er und hoffte, dass seine Augen ihr das Gleiche sagten.
"Du bist unglaublich gütig. Du willst nicht sofort eine Antwort? Alles klären?"
Langsam zog er sie wieder in seine Arme und atmete ihren vertrauten Geruch ein. "Ich habe vor, die nächsten 60 bis 80 Jahre nicht von deiner Seite zu weichen. Lass dir Zeit. Ich gehe nirgendwo hin."
Es fühlte sich richtig an. Zu warten. Ihr Freiraum zu geben. Aber auch sie zu halten. Nah am seinem Herzen. Wo sie hingehörte. Der Sieg würde umso schöner sein, wenn sie sich ohne jeglichen Druck für ihn entschied.
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MIStaken - Sawyer und Maxwell °abgeschlossen°
Literatura FemininaAls Sawyer des Studiums wegen in eine neue Stadt zieht, muss sie sich mit beschissenen Aushilfsjobs über Wasser halten. Außerdem braucht sie eine Bleibe, besser jetzt als gleich, und die Gegend klingt echt gut. Aber der Mitbewohner lässt ganz schön...