Destroyed

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Meine Abgabe zum Oneshot-Wettbewerb von Miss_Funkenherz Wir mussten über etwas schreiben, das uns bewegt

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Meine Abgabe zum Oneshot-Wettbewerb von Miss_Funkenherz
Wir mussten über etwas schreiben, das uns bewegt. Ich habe eine dramatische Kriegssituation beschrieben. Wie es zugeht in manchen Familien. Ich habe ja selbst davon auch keine Ahnung, aber ich hoffe, hiermit vielleicht auch nur ein kleines Zeichen setzen zu können.

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Kahl und leer lag das alte, mittlerweile fast komplett zerstörte Dorf da. Die Bäume waren abgestorben, ihre Prachtzeit war schon Jahrzehnte vergangen. Damals sah man unzählige Vögel, die ihre Runden in den farbigen Gassen drehten, Kinder, die zusammen auf den saftig grünen Wiesen spielten, Frauen, die schwatzend Wasser beim Brunnen holten und den neuesten Klatsch und Tratsch austauschten. Voller Leben zogen die Tage vorbei.

Eliza lächelte, ganz in Gedanken versunken. Sobald sie jedoch aus dem Fenster schaute, war ihr Blick wieder ausdruckslos. Ein stummer Verzweiflungsschrei, ein klagendes Seufzen, um dann wieder den Kopf in den Händen zu vergraben. Ihre Mutter schlief wohl noch und das Mädchen ging, so wie jeden Morgen, kurz vor die Tür, um Luft zu schnappen. Von frischer Luft konnte nicht die Rede sein. Sofort sprang ihr der zugeschweisste Brief ins Auge, der unschuldig auf der Türmatte lag. Blinde Panik durchfuhr ihren ganzen Körper. Nie, niemals bekamen sie und ihre Mutter Post. Was war geschehen? Hatte es... hatte es etwa mit ihrem Vater zu tun? Es fiel Eliza schwer, den federleichten Brief mit so lastbarem Inhalt in die Hände zu nehmen. Als sie es schliesslich doch tat, fühlte sich das Papier rau an und es schien, als wäre nur ein einziger Zettel drin. Die Hände des Mädchens zitterten, als sie den Umschlag aufriss und langsam den Brief auseinanderfaltete.

Ihr Herz gefror zu Eis und sie hörte nach dem ersten Satz auf zu denken.

Mein Sonnenschein
Wenn dich dieser Brief erreicht, bin ich nicht mehr unter den Lebenden. Der Krieg hat mich wohl gebraucht, hat mich verbraucht. In den letzten Monaten war ich sowieso nur noch eine Hülle, eigentlich war ich immer bei euch. Und so wird es auch weiterhin sein. Ich weiss, dass es bestimmt ein Schock für dich sein muss, diese Worte von mir zu hören. Aber ich bin es wirklich, du erkennst meine Handschrift. Wo auch immer du hingehst auf deinem Weg, ich werde bei dir sein. Du wirst mich immer in deinem Herzen tragen. Du kannst Grosses erreichen, wenn du willst. Du kannst die Welt verbessern, kannst helfen, die Dunkelheit aus ihr zu entziehen. Ich habe meine Arbeit getan, jetzt bist du an der Reihe. Mein kleiner Sonnenschein erinnere dich an die schönen Zeiten. Weisst du noch als du diesen wunderschönen Marienkäfer auf deiner Hand gefunden hast und dir eine Welt ohne Krieg gewünscht hast?Erinnerst du dich an deinen siebten Geburtstag? Du hattest keine materiellen Wünsche. Dein grösster Wunsch war, uns glücklich zu machen und das hast du geschafft. Du hast uns neue Welten gezeigt, hast uns Licht mitgegeben. Du hast uns, wenn alles aussichtslos schien, den Gedanken an das Gute gelassen. Du hast uns gezeigt, dass es Dinge gibt, für die es sich lohnt zu kämpfen. Und dafür bin ich dir ewig dankbar. Mein kleiner Sonnenschein, lass wieder Licht in dein Leben. Versuche es. Für mich. Und für dich. Ich werde dich immer in meinem Herzen behalten.
Dein dich über alles liebender Vater

Sie nahm alles nur noch verschwommen wahr. Das Papier, das sie an ihre Brust klammerte, die stolpernden Schritte nach draussen und der fragende Ruf ihrer Mutter. Sie rannte, rannte und rannte. Der Staub wirbelte auf, aber das bemerkte das Mädchen nicht. In ihrem Kopf vermischten sich die verzweifelten Rufe ihres Vaters mit der Erinnerung des letzten Tages, andem sie ihren Vater gesehen hatte. Ihre Knie wurden weich und sie verlor das Bewusstsein.

Ich wollte den Schmerz in seinen Augen nicht wahrhaben. Ich wollte nicht, dass er jemals traurig wurde. Und ich wollte ihn nicht gehen lassen. Was würde passieren? Würde ich ihn je wieder sehen? Ich rannte in seine Arme und schluchzte leise in seine Schulter. Dieser vertraute Duft... Der morgendliche Kaffee, den er mir jeden Tag zubereitete... Oder gar die Lieder, Kinderlieder, die wir immer sangen, die Erinnerungen hervorruften, wunderbare Erinnerungen meiner Kindheit. Er und ich, lachend unter Apfelblüten...
Konnte es sein, dass all dies vom einen zum anderen Moment einfach verschwand? Konnte es wirklich sein, dass er uns verlassen musste, ohne das Wissen, ob wir uns jemals wiedersehen würden?

„Dad, geh nicht..." Zuerst war meine Stimme leise.

„Dad, ich bitte dich. Bleib bei mir, bitte!" Meine Schluchzer wurden lauter. Ich schrie. Er war mein ein und alles. Er konnte mich nicht allein lassen in diesem Schmerz!

„Du kannst nicht gehen. Das kannst du mir nicht antun." In meiner Stimme schwang Wut und Verzweiflung mit.

„Mein kleiner Sonnenschein. Ich muss. Wir können leider nichts ändern. Ihr müsst jetzt stark bleiben, wir alle müssen das. Ich bitte dich. Versuch nicht, irgendwas zu verweigern, das macht alles nur noch schlimmer." Meine Gefühle wechselten zu Traurigkeit und ich weinte einfach weiter, klammerte mich mit dem letzten Hoffnungsschimmer, dass er vielleicht doch bleiben würde, an seinen Pullover. Doch er sah mich traurig an und riss sich sanft von mir los. Ich sah die Tränen in seinen Augen, als er Mutter lange küsste. Ich konnte nicht zusehen. Beide weinten, ich weinte. Dann kam er zu mir. Er schaute mich an und sein Blick schien alle Erinnerungen zu widerspiegeln.

„Mein Sonnenschein" schluchzte er. „Ich liebe dich sosehr. Pass auf dich auf, Eliza." Er schlang seine Arme um mich. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten.

„Ich li-liebe dich auch." Ich spürte, wie es ihn durchschüttelte, wie er mich noch enger an sich zog.

„Wir werden uns wiedersehen, mein Sonnenschein."

Das Auto fuhr auf den Platz und er ging. In seinen Augen lag Angst. Angst vor dem Unbekannten, Angst davor, was passieren könnte. Angst vor dem Krieg. Angst. Angst. Und auch ich hatte Angst. Er liess mich zurück, in dem Staub, der aufwirbelte, als das Auto langsam um die Ecke fuhr. Wie konnte ich jemals wieder glücklich werden?

Wie ein Häufchen Elend kauerte Eliza auf dem dunklen Boden. Alles war weg. Sie hatte alles verloren. Ihre Welt zerbrach endgültig in Stücke. Der ganze Schmerz und die ganze Angst, die sich aufgestaut hatte, floss nach draussen. Sie hatte diese Situation schon so oft in ihrem Kopf durchgespielt, hatte sich gefragt, was sie machen sollte, falls es so kommen würde. Und nie kam sie auf eine gute Idee. Und auch jetzt nicht. Sie fühlte sich leer und ausgelaugt, sie fühlte sich tot.

Voller Dreck und tränenverschmiert ging sie nach Stunden voller Bangen zu ihrer Mutter zurück. Diese sass vor der Tür und Eliza sah, dass sie alles wusste. Stumm setzte sie sich neben ihre Mutter und nahm sie in den Arm. Die beiden wussten nicht, wie lange sie dasassen. Sie hatten jegliches Zeitgefühl verloren. Aber plötzlich, es war vermutlich Abend, schimmerte ein kleines Licht, ganz leicht und matt, zwischen dem Staub hindurch. Die Sonne. Elizas Mutter schniefte und flüsterte einen Satz. Ein Satz, der einzig und allein für Eliza gedacht war.

„Dein Vater war wie eine Sonne. Und die Sonne geht nicht nur unter. Sie kann, nach einer trüben Nacht, auch wieder in voller Pracht aufgehen."

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𝙇𝘼𝙑𝙀𝙉𝘿𝙀𝙇 - kurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt