Luna
Kurz nachdem ich in Rons Wohnzimmer aufgetaucht bin, erscheint Ginny auch schon. Sie ist leicht rot im Gesicht, was nicht oft passiert.
„Du bist rot, ist dir was peinlich?", frage ich sie, während wir uns mit einer Umarmung begrüßen. Sie schüttelt den Kopf.
„Nein, nein, alles gut... was machst du hier? Musst du nicht arbeiten?", wundert sie sich dann. Ich halte ihr eine Tüte frischer Crumpets entgegen.
„Ich kann auch später in die Redaktion, Dad ist da nicht so.", erkläre ich. „Und ich dachte, du brauchst vielleicht etwas im Magen, um den Alkohol von gestern aufzusaugen?" Sie nimmt die Tüte und schaut neugierig hinein.
„Mmmmh, Crumpets. Danke, Luna. Ja, lass uns gerne in die Küche setzen, Ron ist auch noch da." Und schon geht sie Richtung Küche. Ich lege meinen Rucksack und meine Jacke auf dem Sofa ab und folge ihr.
„Luna! Was für eine schöne Überraschung!", heißt Ron mich überschwänglich willkommen, als hätten wir uns nicht erst gestern Abend gesehen. Dabei schaut er breit grinsend zwischen Ginny und mir hin und her.
„Gibt's 'nen Grund für deinen Besuch? Außer ein gemeinsames Frühstück?", fragt er, während er sich ein Crumpet aus der Tüte fischt und beginnt, es mit Butter und Marmelade zu bestreichen. Ich setze mich zu den beiden an den Tisch.
„Ich fand es so schön euch gestern zu sehen und dachte, nachdem ihr so betrunken wart, wart ihr heute Morgen bestimmt nicht in der Lage, euch um ein Frühstück zu kümmern. Und,", dabei gucke ich zu Ginny, „ich wollte nachsehen, ob es Ginny immer noch gut geht, oder vielleicht ein Blues sie überrumpelt hat. Das passiert ja manchmal nach einer Trennung." Nicht, dass ich schon eine Trennung hinter mir hätte, aber ich habe das wahrlich oft genug bei meinen Freundinnen und Freunden beobachten können.
„Das ist super lieb, Luna. Mir geht's immer noch blendend. Wenn ich mal von den höllischen Kopfschmerzen absehe, aber das wird demnächst besser werden, wir haben beide eine Muggeltablette geschluckt.", sagt Ginny und beißt von ihrem Crumpet ab.
„Apropos... meinem Kopf geht es jetzt definitiv besser, ich sollte mich mal langsam auf den Weg zur Arbeit machen.", meint Ron erschrocken und stopft sich noch ein zweites Crumpet in den Mund.
„Tschssibdnbsspt.", sagt er mit vollem Mund, sodass absolut nichts zu verstehen ist und dann verschwindet er aus der Küche. Ein WUUUSCH Sekunden später zeigt uns, dass er die Wohnung verlassen hat. Jetzt, wo ich allein mit Ginny bin, klopft mein Herz wieder schneller. Ich muss an gestern denken, an all die kleinen Momente, in denen wir uns berührt oder angeschaut haben. Und frage mich, was das war... flirten? Noch vor einer ganzen Weile hat sie mir flirten jedenfalls so erklärt:„Pass auf, Luna,", hatte sie gesagt, als wir einmal gemeinsam im Pub waren, „ich zeige dir, wer gerade flirtet, dann kannst du es erkennen lernen. Da! Siehst du die beiden, das war keine zufällige Berührung, das war ein Flirt." Sie deutete auf zwei Männer, die nebeneinander saßen. Der eine hatte dem anderen soeben eine Hand auf die Schulter gelegt und diese dort eine Weile liegen lassen.
„Kann das nicht einfach nur eine tröstende Geste gewesen sein?", fragte ich verwirrt.
„Jaaa, an sich schon, aber guck mal, keiner von beiden ist gerade traurig." Sie hatte Recht, die beiden schauten sich leicht lächelnd an.
„Und der Blickkontakt ist auch ein Zeichen.", fügte sie hinzu. Die Männer schauten sich wirklich lange und wirklich tief in die Augen.
„Es würde mich nicht wundern, wenn sie gleich... ja!", freute sich Ginny, als die beiden sich langsam näher kamen und dann begannen sich zu küssen. Ich seufzte.
„Ok, also wenn mich jemand viel berührt und mir lange in die Augen schaut, hat die Person Interesse an mir?", fasste ich zusammen, was ich eben gelernt hatte.
„Natürlich nicht immer, aber immer öfter.", grinste Ginny und ließ ihren Blick durch die Bar schweifen, um mir noch mehr Beispiele herauszusuchen.All das war gestern Abend passiert: Sie hatte meine Hand genommen, Zeit mit mir zu zweit verbracht und wir hatten uns eine lange Zeit in die Augen geschaut.
„Ginny?", nehme ich deshalb meinen Mut zusammen, „Haben wir gestern geflirtet?" Sie verschluckt sich an ihrem letzten Stück Crumpet und hustet laut los. Ich klopfe ihr auf den Rücken und sehe sie heute schon das zweite Mal erröten. Sie spült die restlichen Krümel mit einem Schluck Wasser runter und räuspert sich.
„Wie... wie kommst du darauf?", fragt sie und ich weiß nicht, ob sie mich testen will, ausweicht, oder einfach nicht geflirtet hat und ich komplett falsche Schlüsse gezogen habe.
„Naja, du hast mich angefasst, ohne dass es notwendig war, versucht Zeit mit mir allein zu verbringen und wir haben uns lange tief in die Augen geschaut.", präsentiere ich meine Flirt-Analyse. Etwas verlegen schaut sie zur Seite. Dann wieder zu mir.
„Mensch, du hast ja echt was gelernt bei mir damals. Vielleicht sollte ich Flirt-Kurse geben.", grinst sie dann und mein Kopf beginnt sich zu drehen.
„Also...?", hake ich nach. Sie nickt und beugt sich leicht nach vorne.
„Ja, ich glaube, wir haben tatsächlich ein bisschen geflirtet gestern, Luna." In ihren Augen funkelt der Schalk.
„Und lag das am Alkohol?", stelle ich die nächste Frage, die ich mir diesen Morgen schon sehr oft gestellt habe. Sie zieht die Augenbrauen nachdenklich zusammen und streckt dann die Hand aus, um leicht an der Locke zu zupfen, die aus meinem Zopf nach vorne gefallen ist.
„Nein, ich glaube nicht.", antwortet sie, während sie sich wieder zurücklehnt. Ich atme tief ein.
„Hat es dir denn Spaß gemacht?", möchte sie dann mit einem leichten Lächeln wissen. Ich nicke.
„Es war schön.", sage ich.
„Schön. Hm. Ja, das fand ich auch."
„Aber was bedeutet das jetzt?" Ich weiß nicht, was sie denkt oder von mir will. Ich weiß aber auch nicht, was ich will.
„Ich weiß nicht.", seufzt sie. „Ich glaube ich mag dich, Luna, mehr als eine Freundin. Aber ich glaube, ich brauche noch ein bisschen Zeit." Ihr Blick ist so traurig, dass ich ihre Hand sofort in meine nehme. Auf eine tröstende Art. Ich wusste schon immer, wie man gut tröstet. Das fällt mir definitiv leichter, als andere Umgangsformen.
„Wir haben doch Zeit. Ich weiß auch noch nicht, was ich will.", beruhige ich sie sanft. Sie schaut mir wieder tief in die Augen.
„Und in der Zwischenzeit ist ja nichts gegen ein paar gemeinsame Flirts zu sagen, oder?", sagt sie kurz darauf und ich bin erleichtert, dass sie dabei wieder fröhlich guckt.
„Nein, dagegen ist nichts einzuwenden.", stimme ich zu. Mein Inneres wird warm, als sie mir flink mit den Fingern über die Wange streicht.
„Gut, hast du eine Idee, was wir mit dem angebrochenen Tag anfangen können?", fragt sie dann. Ich schaue auf meine Armbanduhr.
„Gegen zwei sollte ich in der Redaktion sein, da haben wir eine Teambesprechung, aber bis dahin könnten wir einen kleinen Ausflug machen, ich muss was für einen Artikel recherchieren. Es geht um Baumgeister.", unterbreite ich ihr mein Angebot.
„Baumgeister klingen wunderbar. Wir können gleich los, muss mich nur schnell umziehen.", meint Ginny und steht auf. Beim Hinausgehen beugt sie sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Wange.
„Dauert nicht lange."
Sie hinterlässt ihren Duft und einen kleinen brennenden Fleck auf meiner Haut. Flirten gefällt mir.
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Flammenrot
FanfictionGW x LL // HP x DM // Ginnys und Harrys Beziehung ist vorbei. Wird Ginny sich jemals von diesem Schock erholen können? Immerhin hat sie nach einiger Zeit endlich wieder Hunger und schafft es am selben Tag sogar noch Quidditch zu trainieren und mal w...