Warten

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Kapitel 3

Sereny

Sie saß auf einer der Bänke im Wartezimmer und starrte auf die Uhr an der Wand, die scheinbar immer weiter lief, auch wenn Sereny es nicht wollte. Was sollte sie tun, wenn die Frau von der Familienbehörde auch bei Ashton nichts erreichte?

Ihre Mutter hatte tatsächlich alle ihre Konten eingefroren, weil Sereny so dumm gewesen war, diese nie auf ihren Namen überschreiben zu lassen, als sie vor einem Jahr volljährig geworden war. Und diese Volljährigkeit verhinderte es auch, dass sie direkte Unterstützung von der Behörde erhielt.

Sie war erwachsen und hatte einen Beruf. Sie war offiziell nicht hilfsbedürftig.

Sie konnte hier in einer Notfallunterkunft bleiben, aber das würde auch bedeuten, dass sie davor eine Gesundheitsüberprüfung über sich würde ergehen lassen und wenn die Familienbehörde illegale Mittel in ihrem Blut fand, wusste sie nicht, was mit ihr passieren würde. Nein.

Es war klug gewesen, das alles vor der Behörden zu verheimlichen und anzugeben, dass sie sich mit ihrer Mutter lediglich gestritten hatte und gegangen war. Das kam der Wahrheit nahe genug und veranlasste die Mitarbeiter der Behörde zumindest dazu ihre Verwandten anzurufen und zu fragen, ob sie dort unterkommen könnte.

Doch so viele waren davon gar nicht da.

Ihre Großeltern lebten in Europa, wie auch ihr Vater. Die nächsten Verwandten, die sie hier noch hatte, waren ihre Brüder Wesley und Ashton. Wovon einer bereits sehr deutlich gemacht hatte, dass er nicht von ihr wissen wollte.

Das schmerzte, aber wirklich übelnehmen konnte sie ihm das nicht.

Nach der ganzen Scheiße, die er hatte ertragen müssen, hatten er und Ashton versucht, das Sorgerecht für Sereny zu erhalten und anstatt ihren Bruder dafür dankbar zu sein, hatte Sereny die Lügen ihrer Mutter unterstützt. Es hatte mehrere hässlichen Streits insbesondere zwischen ihr und Wesley gegeben, die danach nie geklärt worden waren.

Alles was Sereny zu ihrer Verteidigung aufbringen konnte war, dass sie fünfzehn gewesen war und ihre Mutter ihr das erstemal in ihrem Leben wirklich Beachtung geschenkt hatte. Das hatte sie nicht wieder verlieren wollen. Vorher hatte es für Fera nur Wesley gewesen und Sereny war regelrecht krank vor Eifersucht auf ihn gewesen.

Es war alles einfach nur scheiße gelaufen. Sie hatte damals gelogen und nun musste sie mit den Konsequenzen leben.

Sie hatte Wesleys Aggressionsprobleme ins Unendliche aufgebauscht und Ashton vorgeworfen, zwielichtige Geschäfte zu betreiben. Seine merkwürdige Bar, die er damals gerade erst eröffnet hatte, war zwar legal gewesen, aber die Entscheidungsträger hatten dennoch lieber ihrer Mutter Therapien wegen ihrer Spielsucht auferlegt und Sereny bei ihr gelassen, anstatt sie Ashton oder Wesley anzuvertrauen.

Es war ein furchtbar dreckiger Rechtsstreit gewesen, der zu einer absoluten Funkstille geführt hatte. Eine die Sereny nun auf die Füße fiel.

Verzweifelt ließ Sereny ihren Kopf in den Schoß sinken, um nicht wegen ihrer eigenen Dummheit zu heulen. Sie hatte es verdient. Sie hatte es so unfassbar verdient. Ihre Gier nach der Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Mutter hatte ihr Leben zerstört und dafür konnte sie niemand anderen als sich selbst die Schuld geben.

Niemanden.

Ihre Brüder hassten sie. Wesley auf jeden Fall, das hatte er deutlich gemacht und Ashton würde nach all den Lügen, die sie erzählt, hatte sicher auch nicht besser von ihr denken. Wie konnte sie nur erwarten, dass sie ihr jetzt halfen?

Wie konnte sie...

"Sereny!", erklang eine tiefe, reine Bassstimme und als sie mit Tränen in den Augen aufsah, entdeckte sie zu ihrer Überraschung das Gesicht von Ashton Sinclair.

Für einen Moment konnte sie kaum atmen. Sie hatte keinen ihrer Brüder in den letzten vier Jahren gesehen und hatte vollkommen vergessen, wie eindrucksvoll sie doch waren.

Allen voran Ashton.

Er war der Älteste von ihnen dreien. Zwei Jahre älter als Wesley, fast zehn Jahre älter als Sereny selbst und optisch eine perfekte Mischung aus ihrer aller bildhübschen Mutter und ihres grässlichen, selbstsüchtigen Vaters.

Ashton hatte schon als Junge viel zu raue Gesichtszüge gehabt, um ihn als schön bezeichnet werden zu können und das dunkel blonde Haar hatte nie auch nur ansatzweise sein pessimistisches und dunkles Gemüt erhellt.

Sereny hatte ihn schon als Kind eher selten lachen sehen und hatte stets das Gefühl gehabt, dass er zu hohe Mauern baute, um ihn tatsächlich erreichen zu können.

Konnte man ihm auch nicht verübeln, schließlich hatte er aktiv miterlebt, wie die Partnerschaft ihrer Eltern zerbrochen war.

Als Sereny auf die Welt gekommen war, schien davon kaum noch etwas übrig so sein, so wenig, dass ihr Vater sogar seine Vaterschaft bezüglich Sereny angezweifelt hatte. Aber natürlich nicht offen. Dafür war es zu prestigeträchtig, eine Tochter gezeugt zu haben. Und genau darum ging es ihm: Prestige.

Er hatte Fera wegen ihrer Schönheit und wegen ihrer Berühmtheit zur Partnerin gemacht und sie hatte ihn aufgrund seines Geldes genommen. Eine Win, Win Situation zumindest so lange bis ihre Mutter die Schönheit abhandengekommen ist und ihr Vater es leid war, sein Geld für sie auszugeben.

Als reicher Mann, fiel es ihm wesentlich leichter eine neue, hübsche Frau zu finden, als anderen Männern und das hatte er genutzt. Er hatte es nicht nötig gehabt, den miesen Charakter ihrer Mutter zu ertragen. Er war nach Europa gegangen und hatte sich einfach eine andere Frau gesucht. Zu Sereny hat er nur spärlich Kontakt gehalten.

"Wirst du zu ihr zurückgehen?", fragte Ashton ganz direkt. Genauso, wie es seine Art war. Er war nie ein Mann der vielen Worte gewesen oder einer, der lange um den heißen Brei herum redete.

Früher hatte sie das an ihm nicht geschätzt, jetzt aber war Sereny fast dankbar dafür, wenn sie sich nicht dadurch noch verletzlicher fühlen würde.

Sie schniefte kurz, schluckte die Tränen herunter und schüttelte den Kopf. So heftig, dass ihre weißblonden Haare hin und her flogen.

Als sie den Blick beschämt wegen ihrer Taten wieder senkte, ging Ashton in die Knie, um mit ihr auf einer Höhe zu sein. Dabei sah er sie weiter mit diesen alles durchdringenden, grünen Augen an, die auch Sereny besaß, aber bei ihr nicht so stechend wirkten, weil der Kontrast zu ihren Haaren und ihrer Hautfarbe nicht so gewaltig war wie bei Ashton.

Die Mittelmeer-Abstammung ihrer Familie Väterlicherseits konnte man Sereny nicht wirklich ansehen, aber bei Ashton hatte sie voll durchgeschlagen. Dunkelblondes Haar, das mit den Jahren scheinbar noch einmal sehr viel dunkler geworden war und diesen mokka Hautton, den sie sich immer gewünscht hatte.

Das Leder seiner Jacke knarzte, als ihr Bruder sich bewegte und den Kopf schräg legte, als wolle er abschätzen, ob Sereny die Wahrheit sagte oder nicht.

Dann erhob er sich wieder und steckte lässig seine Hände in die Jeanstasche bevor er auf den Empfang zulief, wo die Frau stand, mit der er die offiziellen Sachen klären musste, bevor er sie mitnehmen konnte.

Sie sah, wie Ashton etwas unterschrieb und dann im Vorbeigehen ihren Koffer und ihre Tasche nahm.

"Komm. Wir gehen", war alles, was er sagten musste, damit Sereny sich erhob und wie ein getretener Hund hinter ihm herlief. Immer in der Erwartung doch noch davon gestoßen zu werden.

 Immer in der Erwartung doch noch davon gestoßen zu werden

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Sereny - A Woman's World Tale - LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt