Kapitel 2

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Schweiß rann über meine Schläfen, als ich aus einem unruhigen Schlaf aufschreckte. Wie immer wusste ich nicht, was ich gesehen hatte, das mich so zerschunden zurück ließ. Einzig allein mein unregelmäßiges Herzklopfen und der kalte Schweiß auf meinem Körper bewiesen mir, dass es etwas Schreckliches sein musste.

>>Nayeli. Die Zeremonie beginnt bald.<< drang die Stimme meines Vaters durch mein hell erleuchtetes Zimmer. Benommen schwang ich meine Beine aus meinem Himmelbett und fühlte die wohltuende Kälte der Grashalme auf dem Boden. Mein Blick huschte auf den kleinen See vor unserem Sandsteinhäuschen und holte mir wieder in Erinnerungen, dass heute alles vorbei sein könnte. Koa hatte recht. Es gab keinen Grund mir Sorgen zu machen. Doch da meine Existenz nicht so weit zurück lag, war es das erste mal in meinem unsterblichen Dasein, dass ich diesen Tag erlebte. Das erste mal, dass ich mir Sorgen machen musste vom Schicksal zum Tode verurteilt zu werden. Vor allem würde es auch das erste mal der Fall sein, dass ich Erleichterung spüren sollte, wenn an meiner Stelle jemand anderes sterben sollte. Ich wusste nicht, was schlimmer war. Ich wusste nur, dass dieser Tag in jedem Fall ein Albtraum für mich sein würde.

So verspürte ich das erste mal keine Freude, als ich meine weißen Gewänder an mich legte, nachdem ich den kalten schweiß von mir abgewaschen hatte. Ich lächelte nicht einmal dann, als meine Mutter meine Haare flocht und um meinen Kopf wickelte. Erst als sie mir die weißen Gänseblümchen in mein hellbraunes Haar steckte und meine Schultern aufmunternd drückte, rang ich mir ein Lächeln ab.

Gemeinsam flogen wir hinauf auf den Berg mit dem Himmelsanwesen. In dem der Rat der Engel über uns wachte. Es war unglaublich wie alle zahlreich versammelt dort standen, um einen einzigen Kreis versammelt. Verwirrt betrachtete ich die Einkerbung in dem Boden und musterte das Gestein in Form einer Frau, die aus dem Boden ragte. Es sah grotesk und traurig aus und doch konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Irgendetwas an dieser Frau kam mir bekannt vor. Aber das Gestein war zu zerbröckelt, als dass ich hätte wirklich etwas ausmachen können. So zwang ich meinen Bick davon fort und erhaschte stattdessen Koa, der in der Menge nach jemandem suchte. Schließlich blieb er an mir hängen und lächelte verschmitzt. Der Knoten in meiner Brust löste sich für einen Moment bei dem Gedanken, wie ich ihm später durch seine dunkle Lockenpracht greifen und seine weichen Lippen auf den meinen spüren würde. Doch im nächsten Moment kippte die Stimmung, als der Rat der Engel hervor trat und bedauernd auf uns hinunter sah.

Ich wusste, dass die Vorschrift sie dazu zwang noch einige Worte zu sagen. Und das genau jene Vorschrift dafür sorgte, dass sich die Erwählten noch verabschieden konnten. Aber stattdessen wurde Geschrei laut, als ein einzelner Blitz in die Mitte einschlug und das Gestein der Frau zerbröckelte. Dunkelheit legte sich über Astha, bevor ein weiterer Blitz einschlug. Zürnende Flammen erstreckten sich und sorgten dafür, dass alle zur Seite weichen mussten. Mein Blick traf den von Koa, der versuchte zu mir zu gelangen. Doch dann zogen die Flammen nach der Person neben ihm. Zogen ihn in die Mitte des Kreises und selbst der Versuch des Rates konnte dem Jungen nicht helfen. Im einen Moment stand er noch da und im nächsten Moment war er verschwunden und zurück blieb nur der gellende Schrei einer jungen Frau.

So sollte es nicht sein. So durfte es nicht sein. >>Vater<< drang meine Stimme zitternd hervor. Er umschloss meinen Arm, versuchte mich von diesem Kreis fortzuzerren, während ich nach Koa suchte. Und dann ging alles viel zu schnell. Meine Welt kippte, als mein Blick den von Koa traf und nichts als Verzweiflung darin war, als die Flammen nach mir griffen. Ich spürte wie mein Vater meine Haut aufkratzte bei dem Versuch mich festzuhalten und ich hörte ihn. Koa schoss mit einem Gebrüll nach Vorne und bekam meine Hand zu fassen. Die Welt schien stillzustehen, als ein Schrei meine Lippen verließ. Etwas zerrte mit Gewalt an mir, aber Koa hielt mich fest. Kämpfte gegen diese fremde Macht an. >>Koa<< schluchzte ich, als diese fremde Macht anstieg. >>Bitte. Lass nicht los.<< schrie ich und wünschte mir ich könnte seine verzweifelten Schreie aus dem Kopf bekommen, als die fremde Macht mich endgültig in die Finsternis zog und Koas vertraute Augen mit einem mal verschwanden.

Es zerrte an mir, riss an mir. Was auch immer es war, es war unnachgiebig und schmerzhaft. Irgendwann spürte ich sengende Hitze, die sich entlang meiner Flügel ausbreitete und dafür sorgte, dass meine Stimmbänder fast explodierten. Unsanft fiel ich herab und hörte im Hintergrund eine Meute brüllen.
Ich versuchte zu Fliegen, aber es gelang mir nicht. So fiel ich die letzten Meter und schlug unsanft auf dem warmen Boden auf. Ein weiterer Schrei verließ meine Lippen, als der sengende Schmerz in meinen Flügeln zunahm. So bekam ich nur am Rande mit, dass um mich herum auf Podesten groteske Kreaturen lachten und schrien. Ich bekam nur am Rande mit, wie die Funken auf dem Boden sprühten und weiter zu mir hervordrangen. Geradewegs auf meine Flügel, die ganz plötzlich Feuer fingen. Mein Rücken brannte, so sehr, dass die Ohnmacht zu greifen nah schien.

Verzweifelt warf ich mich nach vorne, wollte aufstehen und verlor mein Gleichgewicht. Wimmernd drehte ich mich um und schrie voller Trauer, als ich meine brennenden Flügel wenige Meter hinter mir liegen sah. Ich hörte nicht einmal mehr die jubelnden Schreie um mich herum. Starrte lediglich wie in Trance auf meine Flügel und spürte, wie Blut an meinem Rücken herunter rann.
Ich wollte sterben. Ich wollte nur noch sterben.

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