Kapitel 4 - Erfahrungen kommen von schlechten Entscheidungen

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Musikempfehlung:

Lost - Linkin Park
'I'm trapped in yesterday,
Where the pain is all I know,
And I'll never break away,
'Cause when I'm alone
I'm lost in these memories'

Mia Reed's POV

Es ist schön wieder ein bisschen draußen zu sein. Alleine im großen Haus, verkrochen in irgendeiner Ecke, macht nicht unbedingt gute Laune. Andererseits kenne ich jetzt alle 18 Staffeln von Grey's Anatomy und weine noch lauter, wenn ich den Song Chasing Cars von Snow Patrol höre. Armselig? Vielleicht. Reue? Null. 

Mein Handy vibrierte plötzlich in meiner Hosentasche.

Vada?

So schnell, wie in dem Moment, griff ich noch nie nach dem Ding. Wort wörtlich spürte ich die Vermehrung meiner Glückshormone, weil meine Atmung rapider und mein Gesicht wärmer wurde. Jedoch kam die Nachricht nicht von ihr, sondern von meinen Eltern.

Meh.

Enttäuscht las ich den kurzen Text durch, den ich einmal am Tag von den beiden erhielt.

'Viel Spaß in der Tanzschule! Heute Abend würden wir gerne etwas mit dir besprechen. Sei bitte um 19 Uhr erreichbar. Wir lieben dich, meine Kleine.'

Komisch und mysteriös. Das waren die ersten Worte, die mir eingefallen sind. 

Wir sind in dem 21.Jahrhundert und sie können immernoch nicht einfach schreiben, was sie wollen? Das kotzt mich gerade richtig an. Vor allem aus dem Grund, weil ich ganz genau weiß, was die sagen werden. Sie bleiben wieder länger dort, wo auch immer sie sich gerade befinden. Ich liebe meine Papas, sie sind wirklich tolle Eltern, aber seit meinem vierzehnten Geburtstag sind sie sehr selten zu Hause. Ja, sie schreiben oft und wir telefonieren zwei - dreimal die Woche, aber sie nur alle acht Wochen zu sehen, ist unglaublich schwierig. Ach und wenn sie endlich nach Hause kommen, bleiben sie nur einige Tage. 

Aber wer bin ich, dass ich mich beschwere, stimmt's? Sie arbeiten viel und verdienen dadurch viel Geld, damit wir uns unser Haus und unseren Lebensstil leisten können. Eigentlich hört sich das Ganze wundervoll an. Wohlstand und eine ständig sturmfreie Bude. Was könnte sich eine normale 17-jährige Teenagerin noch mehr wünschen? Nichts, die Umstände sind perfekt. 

Bis eines Tages einer aus der zehnten sich spontan eine Mördertour ausdenkt. Bis er zwölf Kinder einfach abknallt. Bis er random das Leben von mehreren Hunderten Menschen einfach in sechs Minuten ruiniert. Ja, genau. Hier hört der Spaß an dem Alleinesein auf. 

Mein Wecker klingelte, um mich daran zu erinnern, dass mein Unterricht gleich anfängt. Es war 10:25, ich musste schnell los. 

Vor der Tanzschule war jedes Mal eine große Gruppe an Menschen. 

Früher wäre ich stehen geblieben. Ich hätte sie gefragt, was sie heute noch machen. Ich hätte mit denen Bilder gemacht und auf Instagram mit dem #friends hochgeladen. Heute nicht mehr. Sie sind keine Freunde von mir, sie sind kaum Bekannten. 

Ich lief an denen, mit brüllender Musik in meinen Ohren, einfach, nach außen selbstsicher, vorbei. Umgezogen ging ich aus der Umkleidekabine und stellte mich vor den Spiegel. Ich machte einige Aufwärmübungen, bevor alle anderen hereinplatzten. 

Der leere Raum mit meinen Kopfhörern gibt mir immernoch nicht das gleiche Gefühl, wie vor der Inzidenz. Es wird aber jeden Tag ein wenig besser.

Das leichte Anstupsen an meinem Rücken kam unerwartet. Durch den Schreck zuckte ich kurz zusammen und machte automatisch meine Musik aus.

- "Hey, ohh. Ich wollte dich nicht erschrecken, sorry. Du bist Mia, oder? - fragte mich der Fremde.

Mit dir oder ohne dich? (VadaxMia)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt