Kapitel 11

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Die nächsten Tage verflogen die Schmetterlinge in meinem Bauch. Rusch redete überhaupt nicht mehr mit mir und ging mir sogar aus dem Weg. Was hatte ich nun schon wieder falsch gemacht? War es falsch ihm meine Gefühle zu gestehen? Hatte er vielleicht nur Spaßeshalber mit mit geflirtet? Oder habe ich ihn mit dem Planetarium und dem Strand überfordert? Oder mit meiner Frage, ob ich ihm noch Gesellschaft leisten sollte? Oder dachte er, ich wäre nur auf Sex ausgewesen? Jedes Mal, wenn ich das mit ihm besprechen wollte, kam entweder bei mir oder bei ihm etwas dazwischen. Es war wie verhext! Irgendein Fluch musste auf mir liegen, dass ich auch nie glücklich werden durfte.
Donnerstag Abend, als ich bereits wieder im Bett lag, funkte Logan mich auch noch an: "Bist du daa? Ich brauche dich jetzt, bitte komm." Genervt nahm ich mein Walkie Talkie in die Hände und murmelte ein 'Ja, bin da.' Der andere fing sofort an zu reden und man konnte hören, dass er weinte: "Sie hat mit mir Schluss gemacht! Eben gerade! Nichtmal hat sie es mir direkt ins Gesicht gesagt, stattdessen, hat sie mir bloß eine SMS geschrieben, in der steht: 'Lieber Logan, es tut mir furchtbar leid, aber ich muss dir leider frei heraus sagen, was ich für dich empfinde: gar nichts. Irgendwie passen unsere Vibes und Ästhetiks gar nicht zu einander, aber es tut mir leid. War eine nette Zeit mit dir.
Deine Lara.' Was zum Teufel habe ich in dieser Beziehung falsch gemacht?! Kannst du es mir zufällig sagen?!" Oh man. Wenigstens war ich nicht die einzige Person, die sowas nicht auf die Reihe bekam. Und das ist auch ok so, jeder hat seine Stärken und Schwächen, aber warum konnte ich nicht ein wenig Charm bekommen? Das ist doch nun wirklich nicht zu viel verlangt, oder? "Nee keine Ahnung mein Freund. Das Leben ist hart aber fair. Und damit müssen wir zwei, als mittelschicht Bürger nunmal rechnen.", erwiderte ich, laut aufseufzend. Warum war die Liebe solch eine Achterbahn an Gefühlen? Gerade fuhr ich durch solch einen Looping, dass ich mich übergeben musste. Und das direkt auf die Achterbahn unter mir. "Ich hatte für uns heute einen tollen Filmeabend geplant, mit Marvel und Kerzen und Chips. Aber was bekomme ich statt einem liebevollen Kuss? Eine Absage. Warum tat sie mir soetwas an? Ich hatte wirklich das Gefühl, dass das mit ihr gut lief. Aber anscheinend kann man sich nicht mal mehr auf sein eigenes Gefühl verlassen.", maulte Logan aus dem Walkie Talkie heraus. "Rusch hat sich seit unserem Date kein einziges Mal mit mir unterhalten. Das ist auch kein gutes Zeichen, oder?", schloss ich mich dem Selbthilfekurs an. Logan versuchte mich zu trösten: "Vielleicht muss er nur ein bisschen nachdenken über euch und kommt dann zum Entschluss, dass ihr perfekt zusammen passt..." Wahrscheinlich würde genau das passieren. Viel wahrscheinlicher war es jedoch, dass er mich mein Leben lang ignorieren würde und ich unsere Freundschaft zerstört hatte. Aber ich konnte seine Flirtereien ja auch nicht einfach ignorieren. Das hätte er mir bestimmt auch übel genommen. In der Liebe gab es bloß falsche Entscheidungen...Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hasste das Leben. Wäre ich solch ein toller Millionär, dank hätte ich das Problel nicht, da mir die Herzen nur so zu fliegen würden. Aber dann hätte ich auch das Problem mit Fakeliebe und wüsste nicht, wer mich nur aus Geldgründen umgarnte.

Mein Herz schmerzte und ich wollte mich eigentlich vergaben gehen. "Ich finde es toll, dass ich mich mit dir über meine Probleme unterhalten kann. Sonst konnte ich das immer nur mit Jaimy...", erklärte Logan mit zunehmend erstickender Stimme. Er tat mir wirklich leid. Es musste furchtbar sein, wenn man so einen Freund verlor. Wenn der Tod eine geliebte Person zu früh zu sich holte. Diese Sehnsucht nach Nähe und Freundschaft musste dann so unglaublich groß sein. Andere hatten es schwerer als ich, ich sollte also besser meine Sorgen beiseite schieben und ihn trösten: "Ich glaube an dich. Du wirst es schaffen und neue Liebe finden. Irgendwie, irgendwann...das kann eine Weile dauern, aber das muss man nunmal durch. Da muss ich durch, da musst du durch. Jeder muss irgendwann mal dadurch, sonst wäre das Leben ja viel zu einfach. Selbst David erklärte schon das Prinzip 'Survival of the fittest.' Nur der angepasste überlebt. So musst du auch denken. Du musst dich der Situation anpassen." Ein Schniefen ging durchs Walkie Talkie. "Danke, dass schätze ich wirklich sehr viel wert. Aber mein Herz ist so schwer, ich zweifel ob ich überhaupt noch laufen kann damit.", entgegnete Logan. Irgendwie lag ihm Poesie. Einige Momente lang schweigten wir uns einfach nur an. Zusammen allein sein. Auch eine gute Therapie Möglichkeit. Dann drang Logans Stimme wieder zu mir rüber: "Hey, wie wäre es, wenn wir unsere Trauer und unseren Frust einfach ein bisschen in Alkohol ertränken?" Oh. Gute Idee. Wirklich gute Idee. "Gerne, ich hole kurz die Flasche.", stimmte ich zu, bevor ich aufstand, in die Küche ging und nach irgendwas alkoholischem kramte. Schließlich fand ich Sekt. Mit der Flasche trappelte ich zurück und legte mich wieder ins Bett. "Bin wieder da. Was trinkst du?", fragte ich nach. "Einen Whisky. War das erstbeste was ich gefunden hatte. Und du?" "Sekt.", antwortete ich knapp. Die Nacht war noch lang, also würden sie sich jetzt gemeinsam besaufen und sich dabei immer weiter öffnen. Irgendwie war das auch ein Vertrauensding, immerhin konnte der andere mit den Informationen alles mögliche machen. Aber ich glaubte, Logan war da äußerst vertrauenswürdig und darauf bedacht, mich nicht zu verletzen. Einige Minuten lang lagen wir nur da, und kippten uns die ersten Schlucke des jeweiligen Getränkes hinunter. Dann fragte Logan plötzlich: "Wie stehst du zu Sushi?" Woher kam diese Frage denn jetzt? Vielleicht versuchte er einfach ein Gespräch anzufangen. "Naja, ich mag Fisch nicht, weshalb ich immer Vegetarisches Sushi nehme. Aber ja, das schmeckt mir. Besonders wenn es mit Schnittlauch darauf ist. Schnittlauch mag ich wirklich gerne als Sushi Topping, danach folgte in meiner Reihenfolge Röstzwiebeln und direkt darauf dann solche Samen. Eigentlich kenne ich gar nicht mehr Toppings für Vegetarisches Sushi. Fällt dir noch etwas ein?", fragte ich interessiert. Und ja, ich war ein sehr wählerischer Esser. Eine kleine Überlegungs Pause setzte ein: "Nein, ich glaube das waren auch alle die ich kannte. Aber ich bin nunmal auch nicht so tief in dem Thema drinne wie du anscheinend. Eigentlich mag ich Sushi im Generellen, auch gerne mit Fisch, aber dann gab's auch Tage, wo ich überhaupt keine Lust darauf hatte, und ich mir viel lieber ne Platte Pommes oder einen Hamburger essen wollte. Also war das solch eine Liebe-Hass Beziehung.", erklärte Logan sein Sicht Standpunkt. Irgendwie kam es mir angenehm vor, als wir nun solch tiefgründige Gespräche über Sushi führen, ein Thema welches nie zu ersten Gesprächen führte. "Hast du eigentlich mal Hulk gesehen? Oder muss ich dir den etwa noch zeigen?" , fragte ich Neugierig. "Mhhh, ich glaube der sagt mir etwas tief in dem Knäuel meines Gehirns. Irgendwie hatte ich den wohl mal angefangen, bin dann aber kläglich weggenickt. War das nicht irgendwas mit Superhelden und so?", versuchte Logan sich grob zu erinnern. Aber diese Beschreibung wirkte ziemlich passend auf den Film. "Jaaa so in etwa. Um genau zu sein, geht es um einen Helden, der grün und sehr muskulös wird, wenn er ärgerlich ist. Irgendwie stelle ich mir das toll vor. Eigentlich möchte ich das auch können. Das war doch viel cooler und origineller als andere Superkräfte wie superschnelligkeit oder fliegen. Stell dir mal vor. Du würdest jeden einzelnen Streit in deinem Leben gewinnen. Egal ob gegen deinen Chef, üble Mitarbeiter oder gar Nachbarskinder.", erzählte ich überaus fasziniert. "Naja, du musst das so sehen, aber ich, für mich persönlich wäre die Unsichtbarbeit cooler. Du weißt schon, dass du dann deinen Job viel leichter erledigen konntest, indem du an die Häuser der Verdächtigen klingeltst, dann, wenn die Tür geöffnet ist, huscht du hinein und dann kannst du sehen, ob jemand etwas illegales in seiner Freizeit fand. Nur musst du vorsichtig sein, dass niemand in dich hineinläuft, dass wäre sehr doof. Zusammenstoß mit einem Geist! Die Person würde als verrückt und für zurück geblieben erklärt werden. Auch wenn er oder sie die Wahrheit sagte.", argumentierte Logan für Unsichtbarkeit. Tatsächlich hatte ich über diesen Fakt noch gar nicht nachgedacht. "Mhhh, ja das ist ein Vorteil, da hast du Recht, aber ich denke der Hulk würde das auch schaffen, wenn man die Person einfach so sehr einschüchtert, dass sie gesteht.", entgegnete ich. "Da wärst du dann aber wieder ein Monster und von allen gefürchtet. Zudem käme es dann wieder zu Druckgeständnissen, wie im Mittelalter, wenn man gefoltert wurde. Du würdest nie wissen, wer wirklich schuldig und wer unschuldig ist. Willst du das wirklich?", stellte Logan eine berechtigte Frage. Trotzdem wollte ich nicht zugeben dass er Recht hatte. Also schwieg ich einfach. Obwohl der andere wusste was das bedeutete, ging er nicht darauf ein. Und ich war ihm äußerst dankbar dafür. "Ich persönlich liebe Superheldenfilme. Leider hab ich schon alle gesehen, da es davon ja nur so wenige gibt. Das ist voll schade.", erzählte Logan stattdessen. "Oh wenn du nur wüsstest. Mittlerweile gibt es sehr sehr viele davon. Marvel ist jetzt ein ganz großes Ding. Die Superkräfte fangen schon an sich zu doppeln oder immer komischer zu werden. Auch die Filme sind kein Kulturgut mehr und werden eher als Slapstick komedy gemacht. Die Figuren werden oft als Witzfiguren dargestellt. Die Superhelden häufen sich nur so. Zum Beispiel gibt es nun Superhelden wie 'Black Panther', 'Ironman', 'Black Widow', 'Thor' oder aber auch 'Captain America'.", erklärte ich Logan wie als wäre er ein kleines Kind und ich der Lehrer. Überaschender Weise antwortete dieser: "Oh, letzteren Film habe ich erst vor ein paar Wochen geschaut. Hat mir aber nicht wirklich gefallen, die Qualität war ziemlich schlecht. Liegt wahrscheinlich daran, dass der Film nun auch schon fast dreizehn Jahre alt ist. Uns so alte Filme guckt man in zwanzig Jahren noch?" Verwirrt zog ich eine Augenbraue nach oben. Der Film wurde doch erst 2011 gedreht, glaubte ich mich zu erinnern. Hastig zog ich mein Handy heraus und googelte. Dabei stoß ich relativ schnell auf ein zufrieden stellendes Ergebnis. Bereits in 1990 gab es den Film. Der, der 2011 gedreht wurde mit Chris Evans in der Hauptrolle war also eine Neuverfilmung. Schon wieder hatte ich etwas dazu gelernt. "Jetzt gibt es von dem Captain America Film den du gesehen hast eine Neuauflage, die teilweise sehr beliebt, teilweise aber auch ziemlich gehasst ist. Viele stört es, dass Steve Rogers total patriotisch war und das seine einzige Superkraft sei.", brachte ich auch Logan auf den neuesten Stand, danach nahm ich einen weiteren großen Schluck aus der Sektflasche. "Ah. Gibt es auch schon soetwas wie den Superhelden der Liebe? Ich meine, Hulk ist Superheld der Wut, Batman ist Superheld der Rache und Captain America ist Superheld des Patriotismus. Da muss es doch auch einen Superheld der Liebe geben?", fragte mein Gesprächspartner interessiert. Einige Momente lang dachte ich nach und ging alle Superhelden die ich kannte durch. Und erschreckender Weise kam ich zu dem Schluss, dass es keinen gab. Niemand schoss mit kleinen Herzchen auf Leute um sie davon abzuhalten Böses zu tun. Niemand war Pazifist. An irgendeinem Punkt in ihrem Leben haben sie wahrscheinlich alle schonmal jemanden umgebracht und waren somit eigentlich alles Mörder. Niemand dachte über die Familien oder die Freunde der bösen nach. Wie es wohl sein musste, solch eine Person in der Familie zu haben. Stell dir bloß vor, du weißt, da steckt noch das Gute in dem oder aber er wurde nur böse, weil irgendwas schlimmes ihm passiert ist, und dann bringt solch ein Superhelden diese geliebte Person einfach um. Das Herz wird wohl mit dem Tod dieser Person herausgerissen werden. Lebten diese Menschen dann einfach ihr Leben weiter, wie als hätte die Person nie existiert, oder besuchten sie sie auf dem Friedhof, obwohl sie wussten, dass das ein schlechtes Licht auf sie werfen würde. "Erde an Tom, bist du noch da? Ich bin noch nicht betrunken genug, damit du mich jetzt schon verlassen kannst.", funkte Logan mich an. Oh shit, ich hatte vergessen zu antworten, so tief war ich in meinen Gedanken gefangen gewesen. "Ja, hatte ich auch nicht vor. Ich habe gerade nur sehr intensiv nachgedacht, und bin nun zu dem Schluss gekommen, dass es noch keinen Superheld der Liebe gibt, glaube ich.", erzählte ich. "Waaaas? Liebe ist doch so super wichtig im Leben. Ohne Liebe kannst du nicht leben. Wenn du nicht zumindest von irgendeinem geliebt wirst, dann ist das Leben doch nicht Lebenswert. Naja, es musste ja nicht gleich eine Beziehung sein, aber Freundschaften oder Familie. Das musste doch irgendwie sein, dass man das als Superkraft einsetzte. In der realen Welt ist es das magischte was wir, neben Walkie Talkies mit welchen man in die Zukunft hören kann, haben.", philosophierte Logan. Natürlich konnte ich diese Argumente alle nachvollziehen, aber irgendwie würde mich dieser Superheld wahrscheinlich immer mehr an Amor erinnern. Das kleine nackte Kind mit den Flügeln, welches zufällig Leute für die Liebe zusammen würfelte. Oh man. Ich hatte definitiv zu viel griechische Mythologie mir angeeignet. Eines meiner speziellen Gebiete, über die ich stundenlang reden konnte. Zuerst würde ich natürlich mit den zwölf Olympiern und ihren Eigenschaften und Aufgaben anfangen. Fun Fact: Hermes hatte mit Aphrodite ein Kind, Hermaphroditos, welches Intersexuell war. Dann würde ich übergehen zu den anderen Göttern, und dann zu den Halbgöttern. Natürlich würde ich dabei nochmals äußerst genau auf Herakles und die Aufgaben, die er erledigen musste, um von Zeus aufgenommen zu werden. Dann würde ich auf einzelne Mhyten übergehen, beispielsweise Prometheus, Minotaurus oder Odysseus und seine Odysse. Aber das wollte ich Logan nun auch wirklich nicht antun, immerhin wollte ich ihn nicht direkt vergraulen.

Unsere Gedanken wickelten sich auch die nächsten Stunden um unwichtige und eigentlich unnötige Themen, wie Kaiserschnitte, Fotos, Baumarten und Traumhäuser. Schlussendlich wusste ich danach, dass Logan für Kaiserschnitte war, viel weniger Fotos als ich in der Galerie hatte, ich als Baum eine Buche wäre und dass Logan ein Haus auf den Malediven haben möchte, dreistöckig, möglichst ein wenig abseits von diesem ganzen Trubel, aber nicht zu weit entfernt. Irgendwann irgendwie sind wir auf das Thema Drogen Legalisierung gekommen, worüber ich äußerst überrascht war, da dass ein wichtiges Thema war.

Loose Youself In The PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt