Kapitel 7

7 0 0
                                    

Der Tag verging total schnell. Meine nur noch um Rusch kreisenden Gedanken lenken mich zwar immer wieder ab, doch sie ließen ebenfalls die Zeit schneller vergehen. Um genau sechs Uhr fünfundzwanzig saß ich im Subways und aß meine Chicken Teriyaki Sandwich. Dazu, mir eigenständig Abendbrot zu machen, war ich heute einfach nicht mehr in der Lage. Da fiebte das Walkie Talkie in meiner Hosentasche auf. Schnell holte ich es heraus. Ich brauchte einfach jemanden zum reden. Als ich gerade anfangen wollte, mich über Rusch zu beschweren, schallte mir die bekante Stimme bereits entgegen: "Oh mein Gott. Ich muss dir etwas erzählen. Und zwar habe ich heute meine absolute Traumfrau nach einem Date gefragt, und sie hat ja gesagt! Ich bin soo aufgeregt. Um halb acht hole ich sie ab und dann fahren wir zu solch einem süßen Restaurant mit Kerzenschein und roten Rosen und so!" Grandios. Das wars dann wohl mit meinem heutigen Therapie Gespräch mit einem vermeindlich in ner anderen Zeit lebenden Polizist... "Das ist toll. Wie heißt denn das Restaurant, vielleicht kenne ich es ja.", fragte ich und versuchte dabei so freudig wie möglich für ihn zu klingen. "Oh ähm. Mackenzie's oder so glaube ich. Also vielleicht. Ich sollte auf jeden Fall nochmal nachsehen bevor ich da hin fahre.", erklärte Logan. Na toll. Dieser Schwachkopf wusste noch nicht mal genau wie das Restaurant hieß, in welches er mit seiner Traumfrau ging. Würde ich jemals einen Crush in ein Restaurant einladen, würde ich die gesamte Speisekarte und die Namen der Mitarbeiter auswendig können. Seufzend biss ich ein weiteres Stück meines Sandwiches ab. Manchmal war das Leben einfach ungerecht. Wieso bekam der sein Happy End und ich nicht?! Was machte ich in meinem Leben falsch, dass ich so schlechtes Karma besaß?! Konnte mir bitte einfach irgendwer diese Fragen beantworten. Ich würde liebend gerne die Antworten hören und mein Leben verbessern. Während ich versuchte irgendwie auf ein neues anderes Thema zu kommen, fragte Logan als könnte er meine Gedanken lesen: "Hey, wie ist das jetzt eigentlich mit deinem Kollegen den du angeschrien hast? Gibt es irgendwas neues?" "Ja. Er hat vielleicht einen gebrochenen Schädelknochen. Uuuund vielleicht habe ich ihn deshalb heute schon wieder angeschrien.", erzählte ich grob. Irgendwie wollte ich nicht so gerne ins genauere Detail gehen. Dabei fühlte ich mich immernoch unwohl. Mit einem völlig Fremden über seine Probleme zu reden, war wohl auch nicht gerade die beste Möglichkeit seinen Frust abzubauen. Ein Seufzen drang durch das Walkie Talkie. "Warum tust du das immer?! Warum vergrauelst du die Leute immer?!", hinterfragte Logan genervt. Nun köchelte auch in mir die Wut wieder hoch und aufgebracht erwiderte ich: "Weil ich ihn liebe!" Kurze Zeit war es komplett still. Nicht nur das Walkie Talkie blieb stumm, auch die Menschen an den anderen Tischen um mich herum blickten mich schweigend an. Es dauerte einige Momente lang bis sich alle wieder fingen und ganz normal mit ihrem Leben weitermachten. Selbst ich war geschockt darüber, dass ich gerade jemanden von meinem Crush erzählt habe. Ich hatte noch nie freiwillig jemanden davon erzählt. Andererseits wussten es viele meiner Arbeitskollegen auch schon, weil ich es so schlecht verbergen konnte. Die Antwort des anderen schien ausgesprochen leise: "Ist ist okey..." Wütend schaltete ich das Funkgerät aus und vergrub es irgendwo in meiner Arbeitstasche. Von diesen Homophoben Leuten hatte ich einfach genug. Ich packte mein Subway Schüler Menü in die Tasche und ging. Die Menschheit ist furchtbar. Warum konnte man die Leute nicht einfach sein lassen wie waren? Warum versuchte man ihnen irgendwas aufzudrängen? Egal ob es jetzt Geschlecht, Sexualität oder Glaube war, es war doch alles eigentlich egal. Das Einzige was wirklich zählte, waren Taten. Jeder konnte Serienmörder oder Friedensnobelpreisträger werden. Warum verstand niemand das? Es ist doch solch ein simples Prinzip!

Auf meinem Weg nach Hause wurde ich zweimal fast von einem Auto überfahren. Ich war am Ende meiner Nerven und konnte einfach nicht mehr. Das Leben ist zu hart für mich. Zu Hause angekommen, war mir plötzlich danach etwas zu ändern. Ein wenig mehr meinen eigenen Style durchzusetzen.

Und ich fing mit meiner Wohnung an. Ich nahm die Bilder mit Moderner Kunst darauf ab. Ich verschob mein Sofa, sodass man einen Blick durchs Fenster bekam statt das monotone Fernseherbild. Den Fernseher packte ich in einen Karton, den ich in der Abstellkammer verstaute. Ich räumte die DVDS aus dem hohen Regal und verstaute dort stattdessen meine Bücher nach Farbe geordnet. Ich kaufte im Kaufhaus nebenan neue Sofakissen, die mit ihrer Patchworkart total lebensfroh aussahen. Ich riss die Galousinen, die vor den Fenstern hingen, ab. Ich entfernte alle Uhren im Haus. Ich stellte mir ins Wohnzimmer einen Lebensgroßen Spiegel auf. Die hässliche Vase, die ich mal geschenkt bekommen hatte, zertrümmerte ich an der Küchenwand. An die Wand meines Wohnzimmers schrieb ich in großen regenbogenfarbigen Buchstaben: "Save the Queers". Mein Makeup verteilte ich queer im Badezimmer. Die Tischdecke nahm ich von meinem wundervollen Hölzernen Tisch. Einen meiner Verwandten schrieb ich an, er solle mir ein Bild von einen Tequilla Drink malen. Er konnte äußerst gut malen. Ich bot ihm 45€. Mein Telefon stellte ich vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer und ich kaufte mir eine Eismaschine, die ich in die Küche stellte. Auf meinen weißen Badezimmerfliesen kippte ich zwei Eimer Farbe aus. Pink auf der einen Seite, Blau auf der anderen. Schlussendlich zog ich eine Weinflasche aus dem Vorratsschrank und öffnete sie mit einem Knall. In der Hoffnung meinen Ängsten und Sorgen zu entkommen trank ich fast die gesamte Flasche auf Ex. Ich hatte es so bitter nötig. Der Alkohol brannte mir im Hals und mein Kopf fing unangenehm an zu pochen. Doch bald setzte ebenfalls bereits die Gefühlslosigkeit ein. Und irgendwie wurde ich immer erschöpfter und erschöpfter, bis ich irgendwann einfach bewusstlos umfiel.

Loose Youself In The PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt