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»Puh, Leute, was bin ich geschafft! Heute nahm es aber auch gar kein Ende. Tut mir leid, dass es so spät geworden ist.« U führte sie in den Anbau des Diners, in dem sich eine geräumige Maisonette-Wohnung befand. Die Einrichtung war stilvoll, mit wenigen, ausgesuchten Möbelstücken, die sicher aus einem Laden stammten, indem es keine Preisschilder gab. Ein farbenfroher, orientalischer Teppich grenzte den Sitzbereich ab, der von einem wuchtigen Sofa aus weißem Leder dominiert wurde. Auch die offene Küchenzeile war in strahlendem Weiß und durch einen penibel aufgeräumten Arbeitstresen vom Wohnraum abgetrennt. Chris war angenehm überrascht. Er hatte eher mit tonnenweise Kitsch und Dekokram gerechnet.

»Oben ist ein kleines Gästezimmer mit Bad, da könnt ihr euch erst mal verkriechen und frisch machen oder eine Runde schwitzen oder was immer ihr wollt.«

»Danke U. Wir wollen dich nicht unnötig belästigen. Wir brauchen bloß eine Info. Kennst du jemanden, der uns neue Papiere beschaffen kann?« Verlegen blieb Eve mitten im Raum stehen. U nahm sich eine Flasche Weißwein aus einem Eiskühler und griff nach einem edlen Kristallglas.

»Schätzchen, ihr braucht beide eine Dusche und Zeit zum Durchatmen. In der Stadt ist die Hölle los! Schaut euch ruhig die Nachrichten an. Unsere ehrenwerten Freunde und Helfer veranstalten den ganzen Tag schon eine gewaltige Show. Zuerst dachte ich, die drehen einen Film. Aber ich habe weder Gerard Butler noch George Clooney entdecken können.«

»Haben die erwähnt, warum der ganze Aufwand betrieben wird?«, fragte Chris beiläufig. U faltete sich stöhnend in einen hellen Korbsessel mit hoher Lehne. »Ein vernichtender Schlag gegen das organisierte Verbrechen bla, bla, bla. Dabei wissen wir doch alle – ziehen sie ein Syndikat aus dem Verkehr, übernimmt der nächste Clan die Geschäfte.« U schwenkte den Wein langsam im Glas und genoß das sich entfaltende Aroma. »Muss ich damit rechnen, eure hübschen Gesichter im TV zu sehen?«

Eve druckste kleinlaut herum. »Nein, eher nicht. Wir sind da nur irgendwie in was reingerutscht.«

»Lass mich raten. Es war ein Unfall?«

»Mhm. Aber wenn es dir nicht zuviel ist  – ein Umstyling könnte sicher nicht schaden.« Eve blinzelte entschuldigend zu Chris. Diesem schwante nichts Gutes. Ein alarmierter Ausdruck huschte über sein hartes Gesicht. U hingegen war sofort Feuer und Flamme, der lange Körper sprang mit neuer Energie aus dem Sessel.

»Das ist die beste Idee des Tages! Los, rauf mit euch. Wir sehen uns in zehn Minuten in meinem Studio!«

* * *

»Was, zum Teufel, soll das werden?«, beschwerte sich Chris, nachdem er ebenfalls frisch geduscht aus dem winzigen Bad stürmte. Den diabolischen schmalen Kinnbart hatte er sich bereits freiwillig abrasiert. Allerdings minderte es nicht im Geringsten seine gefährliche Ausstrahlung. Noch dazu, da er sich nur mit einem Handtuch um die schmalen Hüften vor Eve aufbaute.

»Ich steige nicht in irgend so einen Fummel! Wozu soll das gut sein? Die Mafia hat jetzt genug andere Sorgen.«

Eve ließ ihn meckern. »Du hast nicht mal Wechselsachen dabei.«

»Na und? Kann man doch schnell durchwaschen. Bei der Hitze ist die Wäsche im Nu trocken.«

»Du erwartest jetzt nicht, dass ich mich hinstelle und deine Hemden bügele?«, entgegnete Eve entrüstet.

»Es ist nur ein Hemd!«

»Vergiss es.« Eve warf ihm einen flauschigen Bademantel zu. »Zier dich nicht so. U ist ein richtiger Verwandlungskünstler und hat wirklich Ahnung von sowas.«

»Genau das befürchte ich ja«, maulte Chris.

Voller Unbehagen folgte er Eve nach unten. U hatte sich umgezogen und erwartete sie in einem zart fliederfarbenen Hausanzug mit passendem Stirnband. Mit einer einladenden Handbewegung bedeutete U ihnen, einzutreten.

Blackout-Story   Lügen haben schöne AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt