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»Wir waren nie verheiratet, stimmts?« Chris hörte die Bitterkeit in seiner Stimme und schmeckte das schale Aroma der Enttäuschung. Er lag neben Eve in den zerwühlten Kissen und starrte mit ihr Löcher in die Decke.

»Nein. Also ja.« Stöhnend schlug sich Eve die Hände vors Gesicht. »Es tut mir leid. Wirklich.«

»Würdest du jetzt endlich mal mit der Sprache rausrücken? Wozu dieser Aufriss? Wer bin ich? Schleppst du zum Spaß einen völlig Fremden ab? Und was ist mit dem Geld und dieser Leiche?«

»Das Geld stammt wirklich von diesen illegalen Pokerspielen. Nur warst nicht du mein Partner – sondern Dennis. Du bist der Mafioso.« Ihre letzten Worte brachte Eve kaum über die Lippen. Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Chris musste das Gesagte erst mal verdauen, doch es rückte einige falsche Puzzleteile an einen richtigen Platz.

»Du bist wirklich völlig durchgeknallt.«

»Ich war in Panik und mir ist einfach nichts Besseres eingefallen. Ich wollte nur heil aus diesem Motel rauskommen. Dann hat sich alles verselbständigt und ich hatte keine Kontrolle mehr.«

»Deine Panik hast du aber verdammt gut überspielt. «

Eve zog sich die Decke bis zum Hals und wandte sich ihm zu. »Es war nicht alles gespielt. Ich hatte gar nichts von dem hier geplant.«

»Nur, damit ich nichts falsch verstehe. Du hast mit diesem Dennis die Mafia abgezockt und ihr habt euch in diesem Motel verkrochen. Wie komme ich dazu? Als angesetzter Killer?«

Sie zuckte mit den Achseln. »Ich habe dich ein paar Mal im Casino und in diesem Club gesehen. Dann bist du plötzlich in unserem Zimmer aufgetaucht, als ich mich gerade umgezogen habe. Ich denke schon, dass du wegen dem Geld da warst. Dennis hat dich überrumpelt und mich auch. Er war total überdreht von diesen Pillen. Ich dachte ja, er ist längst mit dem Geld auf und davon. Ich habe nicht besonders viel Glück mit meinen Männerbekanntschaften.«

»Ach so. Und da schnappst du dir einen ahnungslosen Schwerverbrecher und bastelst dir deinen Traumtyp zurecht?« Chris schnaubte verächtlich. Die kalte Realität schmerzte mehr als erwartet.

»Du bist kein schlechter Mensch«, flüsterte Eve.

»Woher willst du das wissen? Du kennst mich gar nicht!«, antwortete Chris aufgebracht. »Ich weiß, wie man mit einer Waffe umgeht und habe kein Problem damit, sie zu benutzen. Mich stört es nicht im Geringsten, eine Leiche zu entsorgen, also habe ich das vermutlich schon des Öfteren erledigt. Ich kann dir nicht sagen, was ich in den letzten Wochen gemacht habe, aber ich kann dir sofort mindestens fünf Methoden zeigen, jemanden innerhalb von drei Sekunden außer Gefecht zu setzen.« Schwer atmend lehnte er sich an das Kopfteil des Bettes.

»Du hörst mir zu, wenn ich rede und es interessiert dich sogar, was ich zu sagen habe. Du machst mir Komplimente und schaffst es mit einer einzigen Berührung, dass ich alles um mich herum vergesse. Du bringst mich zum Lachen, wenn ich mir vor Angst fast ins Höschen mache. Du beschützt mich, ohne auf dich selbst zu achten und du bist mir gegenüber nie handgreiflich geworden, obwohl du mehr als sauer auf mich warst. Du bist so viel besser als meine bisherigen Beziehungen.« Eve sprach leise und Chris ertappte sich dabei, der Mann sein zu wollen, den sie da beschrieb. Unfähig, mit diesen Gefühlen umzugehen, grunzte er abfällig.

»Soll ich jetzt Enzo zu dir sagen?«, fragte Eve schüchtern.

»Das klingt für mich genauso falsch wie Chris.«

Eve atmete bedauernd tief aus. »Ich kann leider kein Italienisch. Höchstens Latte Macchiato, Focaccia, Risotto Alla Milanese, Bruschetta, Cannelloni ricotta e spinaci, Spaghetti aglio e olio, Pizza Calabrese ... und? Passiert da irgendwas?«

Blackout-Story   Lügen haben schöne AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt