Familie

245 6 14
                                    

Das Gefühl, das diese Worte in ihnen allen auslöste, war kaum in Worte zu fassen.

„Was?!", schrien Lennox, Noah und Kai, während Ryan „Wollt ihr uns verarschen?!" brüllte.

Luke, Luna und Kai blieben still doch auch ihnen war der Schock deutlich anzusehen. Mark und Enya wollten gehen? Was zur Hölle war passiert, dass sie diesen beschissenen Entschluss gefasst hatten?!

Luna trat vor. Anders als die Jungen schien sie die Fassung bewahren zu können.

„Was ist passiert, wieso wollt ihr gehen?", fragte sie.

In ihrer Stimme lag ein leichtes Zittern, als sie Mark in die Augen sah, ein stummes Flehen in ihrem Blick. Mark rang mit den Tränen, seine Schwester weinte bereits. Doch beide strahlten eine merkwürdige Entschlossenheit aus.

„Das wüsste ich auch gern.", schaltete Luke sich auch ein.

Mark griff nach Enyas Hand, die sich sofort an ihm klammerte. Ein zaghaften Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Mädchens und Lennox wurde klar, dass sie trotz allem...glücklich war. Was auch immer die beiden zu ihrer Entscheidung bewegt hatte, es musste etwas Gutes sein. Nach einem erschöpften Seufzer, begann Mark zu sprechen:

„Der rothaarige Polizist - Sam Rolens ist sein Name - hat uns nach dem Kampf eröffnet, dass unsere Eltern uns suchen."

Mark machte eine Pause und Kai schnappte erschrocken nach Luft, während Luke der Mund aufklappte. Lennox trat einen Schritt näher. Der einzige, der eine abfällige Reaktion zeigte, war Ryan mit einem Schnauben. Luna sah ihn daraufhin scharf an, doch das schien den Anführer der Straßenbande nicht zu stören. Seine Miene war kalt und undurchdringbar, nur das Funkeln in seinen Augen zeugte von Emotionen.

„Ihr müsst wissen, dass wir nicht immer im Waisenhaus gelebt haben. Früher hatten wir eine Familie. Doch unsere Mutter machte einen schrecklichen Fehler. Sie begann etwas einzunehmen. Damals wussten Enya und ich noch nicht, was das bedeutete, doch sie wurde immer mehr von dem Zeug abhängig. Unserer Vater versuchte sie davon abzubringen, aber sie war schon zu tief in ihrer Sucht gefangen. Enya war damals erst drei Jahe alt, also blieb sie von all dem relativ verschont, doch ich habe es ihr später erzählt.
Unsere Mutter wurde mental immer instabiler und verlor schließlich ihren Job. Und Papa...er konnte nicht alles alleine stemmen. Irgendwann verloren wir unsere Wohnung und von da an wurde es immer schlimmer. Das Jugendamt nahm uns unseren Eltern weg und wollte Enya und mich auch noch trennen, doch da ich das nicht zuließ, durften wir zusammen bleiben.
Sie versuchten eine Pflegefamilie für uns zu finden, doch vergeblich. Also kamen wir in das Waisenhaus, wo wir bis zu dem Vorfall mit Gribber lebten. An unsere Eltern hatten wir irgendwann nicht mehr gedacht. Man versicherte uns, sie wären in guten Händen, auch wenn wir nicht wussten, wo sie waren. Aber nicht konnte schlimmer nicht sein, als in der Vergangenheit. Vielleicht half man ihnen? Wir haben es nicht erfahren. Jedenfalls bis heute. Sam Rolens hat uns darüber informiert, dass unsere Mutter in einer Entzugsklinik war und seitdem keine Drogen mehr angerührt hat. Unser Vater war scheinbar die ganze Zeit bei ihr. Nur über uns wurde ihnen nichts gesagt, bis zu ihrer Entlassung. Scheinbar haben unsere Eltern uns ab diesem Zeitpunkt gesucht, doch im Waisenhaus konnten sie uns nicht mehr finden. Und jetzt...sind sie hier in der Stadt. Ich hab nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, wie sie uns gefunden haben, aber...wir hatten endlich die Chance, sie wiederzusehen. Und das haben wir."

Mark begann zu weinen.

„Sie nach all den Jahren wiederzusehen... Erst hatte ich Angst, Enya kannte die beiden ja kaum und ich selbst hatte sie eine Ewigkeit nicht gesehen. Aber...es war einfach wundervoll. Und...nach vielen langen Gesprächen...haben sie uns gebeten, nach Hause zu kommen. Und wir...wir konnten einfach nicht ander...und...wir haben zugestimmt."

Reise durch die SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt