„Du hast meinen Sohn so wundervoll bestattet..."

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20 Minuten später...

Mama und ich legten auf, ich machte dann noch ein bisschen Charlotte's Grab. Wäre alles bloß nicht passiert...Dann...Nein.
Hätte die sich nicht verliebt, würde sie noch hier sein.
Ich sah vorhin zu Sebastian rüber und dachte...Du kranker Psycho. Naja, es half alles nichts.

Ich war soweit fertig und räumte auf, dann sah ich zur Beerdigung rüber. Ich verpasste die Hälfte, es interessierte mich auch nicht wirklich, denn diese Leute kannten mich nicht und ich sie nicht.
Und Jonathan? Der kannte mich ja auch eigentlich nicht. Ich lief also und brachte die Gießkanne weg, da flog ein Windzug um mich herum und ich roch Sebastian's Parfüm.
Ich biss mir schmerzhaft auf die Lippe, um nicht zu lächeln.

Leider biss ich so hart drauf, dass es anfing zu bluten.
Also hielt ich meinen blutigen Mund geschlossen und versuchte die Schmerzen zu ignorieren.
Aber er war so schön...Dieser Duft. Ich darf nicht fallen. Jedenfalls nicht zu 100%.

Plötzlich hörte ich wie die Türen der Trauerhalle aufgingen.

Ich erschreckte und ließ die Gießkanne fallen, als ich sie gerade einhängen wollte. Sofort nahm ich sie natürlich wieder vom Boden auf und hing sie zurück.
Zum Glück lag meine Harke noch am Grab, sonst sah das nämlich echt doof aus wenn ich hier nur herumspaziert wäre.

Sie kamen zu 6. aus der Trauerhalle.
3 von den Typen an der einen, 3 von ihnen an der anderen Seite des Sarges.

Und Sebastian? Der stand vorne in der Mitte, er trug den Sarg nicht. Ich wusste warum, mittlerweile kannte ich ihn ein wenig und konnte es mir denken. Es wäre mir unerklärbar, wenn ich mich da getäuscht hätte - Er dachte bestimmt, dieser scheiß Kerl! Hat meine Alia angefasst und sogar angesprochen, wie respektlos! Sowas fass ich doch nicht an und sowas erweise ich schon gar nicht die letzte Ehre.

Hmmm...Ja. Er hatte es genau so geplant, sodass er nicht anfassen muss. Die 6 trugen den Sarg mit ihrer Kraft aus der Halle, durch den Friedhof.
Sebastian lief als erstes vor, hinter ihm der Sarg und hinter den Bestattern der Trauermarsch.

Sofort schnappte ich mir meine Harke und harkte, obwohl ich geharkt hatte.
Damit mir die doofen Blicke erspart blieben...Jonathan's Grab war schon ausgehoben.
Ein Erdgrab, sehr groß...Was muss das Kohle gekostet haben.
Sie stellten den Sarg ab und dann sagte der Trauerredner noch etwas dazu.
Ich konnte alles mithören, denn das Grab von ihm war nun wirklich nicht weit entfernt von mir gewesen.
Ich beobachtete die verschiedenen Leute.

Alle, ALLEMAN, die da standen, wussten nicht, dass das ein Mord war.

Ich starrte auf einen Punkt, nämlich auf eine Blüte von Charlotte's Grab und schüttelte ungläubig, und zugleich verstörend lächelnd den Kopf.
Wie konnte man damit nur durch kommen...
Nach 10 Minuten wurde der Sarg mit Seilen von den Männern in die Erde gelassen, ich riskierte einen Blick. Sebastian und die anderen 6 Träger des Sarges verbeugten sich sauber vor dem in die Erde gelassenen Sarg.
Irgendwann war dann das Ganze vorbei, und ich konnte endlich gehen.

Auf Dean war ich übrigens sauer.
Wenn er mich nochmal so an eine Wand drücken sollte, verpetze ich ihn bei Sebastian, sagte ich mir.

Jonathan's Mutter legte zuletzt noch eine rote, dicke, Handrose neben sein Grab. Denn es war ja noch nicht verschlossen. Also zugeschaufelt.

Ich ging aber noch nicht.

„Dankeschön für alles, Sebastian. Du hast meinen Sohn so wundervoll bestattet. Danke."
Weinte sie.

„Dafür, brauchen Sie mir nicht zu danken. Das ist mein Job. Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft."
Verbeugte er sich vor ihr.

Was hatte er immer mit seinem Verbeugen? Die anderen genauso...Machten das auch...

Die ganzen Leute gingen dann vom Friedhof, also die Familie. Sie verschwanden alle relativ schnell. Weinend, trauernd. Auch seine junge, schöne Mutter. Würde mich nicht wundern wenn Sebastian diese Frau sich auch noch für ihn umbringen ließ. Sie stiegen nach und nach in ihre Autos und fuhren dann los, bis nur noch Sebastian und Timo am Grab standen. Die anderen Männer räumten die Trauerhalle auf und so. Timo und Sebastian standen da, wie angewurzelt. Neben seinem Grab.
Ich räumte also meine Harke weg und wollte nicht mehr hingehen...Doch...

Sebastian nahm die Handrose von Jonathan's Mutter und zerbrach ihren dicken Stiel über seinem Knie wütend entzwei.

Und warf beide Teile ins Grab. Das fand ich absolut nicht richtig und deshalb beschloss ich auch, hinzugehen.
Ich setzte einen Fuß vor den anderen.

Dachte er etwa, ich habe das nicht gesehen? Zu viel wollte ich allerdings auch nicht sagen, dass war einfacher gesagt als getan.

Denn das Grab war noch offen. Ich wollte da nicht als nächstes reinfliegen, wenn ihr wisst was ich meine...
Das Bluten meiner Lippe hatte sich beruhigt.
Ich war es gewöhnt, siehe den einen Abend, als er mir seinen blutigen Handschuh in den Mund steckte, nur damit ich Ruhe gab.

Und so lief ich.

...

𝐒𝐭𝐚𝐥𝐤𝐞𝐝 | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt