34 - Es ist etwas vorgefallen...

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"Tut mir leid."
Ich reibe mir über mein Gesicht und schüttele meinen Kopf.
Normalerweise breche ich nicht in Tränen aus. Ich habe mich immer gut unter Kontrolle.
Normalerweise.
"Es ist nur... ich kenne Louis jetzt seit fünf Jahren und es ist noch nie vorgekommen, dass er einfach verschwindet. Ich weiß immer, wo er ist und andersherum auch. Wir sagen uns immer, wo wir hingehen und was wir vorhaben. Ich... ich kann nicht anders, als mir Sorgen zu machen."
Zayn und Niall nicken, während Liam den Ernst der Lage einfach nicht zu verstehen scheint.
"Wie wäre es, wenn wir jetzt einfach alle mal eine Nacht darüber schlafen und wenn wir morgen aufstehen, sind die beiden sicherlich wieder da und erzählen uns eine wirklich abgefahrene Geschichte."
Zayn neben mir spannt sich an und sieht seinen Freund mit einem Blick an, den ich von dem Schwarzhaarigen niemals haben möchte.
"Fein, verschwinde. Ich bleibe hier."
Liam blickt verwundert zu seinem Freund.
"Du... wie?"
"Ich bleibe bei Harry, falls sich Louis meldet, oder wieder kommt. Ich kann nicht einfach nach Hause gehen und schlafen, Liam."
Zayns Blick trifft den meinen und ich nicke. Natürlich kann er hier bleiben.
"Zayn, ich glaube ihr alle interpret-"
"Wenn du jetzt weiter redest, dann trenne ich mich von dir", motzt der beste Freund von Louis und unterbricht Liam somit.
Der Braunhaarige verstummt und sieht ungläubig in die Runde.
"Dann macht doch, was ihr wollt", motzt er und steht auf. Ein letzter Blick zu Zayn, dann verschwindet er kommentarlos im Fahrstuhl.

"Leute", erklingt es plötzlich von Niall und sofort bekommt er unsere Aufmerksamkeit.
"Ich verschwinde auch. Vielleicht kommt Gemma ja tatsächlich nach Hause... oder... oder hat mir irgendwo eine Nachricht hinterlassen, die ich einfach noch nicht gefunden habe."
Zayn und ich nicken synchron, als der Ire aufsteht und mich ansieht.
"Solltet ihr was hören, ruf mich an. Andersherum genau so."

Wir nehmen uns ein weiteres Bier und schweigen und einige Minuten an.
Doch als ich diese Stille nicht mehr aushalte, sie mich beinahe zu erdrücken scheint, drehe ich mich zu Louis' besten Freund und sehe ihn mit leichter Sorge an.
"Ist zwischen euch alles okay?"
Der Schwarzhaarige schnauft und verdreht seine Augen.
"Du meinst davon abgesehen, dass er ein Idiot ist?"
Schmunzelnd lache ich auf und nehme einen Schluck aus der Flasche.
"Davon abgesehen, ja."
Zayn schweigt einen Moment, zuckt dann seine Schultern.
"Keine Ahnung. Dieses Haus, die Renovierung... ich... ich erkenne Liam momentan einfach nicht wieder. Er ist - argh! Er ist einfach ein egoistisches Arschloch geworden."
Ein Seufzen entflieht meinem Mund, als ich meine Hand auf die Schulter des Mannes neben mir lege.
"Liam kann nicht mit Stress umgehen. Er findet kein Ventil dafür und... naja... du siehst ja, wie er dann wird. Wenn ihr erstmal fertig seid, dann wird er wieder der Alte."
So war Liam schon immer.
Wieder bleibt es eine Weile ruhig, als ich Zayns Blick irgendwann erneut auf mir spüre und ich ihn ansehe.
"Louis wird wieder auftauchen, Harry. Und dann machst du ihm diesen beschissenen Antrag und ich werde der beste Trauzeuge dieses Planeten. Wir werden die geilste Hochzeit feiern, dafür sorge ich."

Irgendwann packt uns aber dann doch die Müdigkeit und wir versuchen zu schlafen.
Zayn bleibt im Wohnzimmer auf der Couch, während ich mich ins Bett lege, das Handy direkt neben meinem Kopf, falls sich Louis doch melden sollte.
Ich habe seit fünf Jahren nicht mehr alleine in einem Bett geschlafen.
Auf einmal fühlt sich dieses Ding so groß an und ich finde einfach keine bequeme Position.
Immer wieder drehe ich mich von einer auf die andere Seite, doch mein Gedankenkarussell und Louis' fehlender Körper neben mir, lassen mich noch einige Stunden wach liegen.

Mit rasenden Herzen schrecke ich auf und sitze senkrecht im Bett.
Mein Shirt klebt schweißnass an meinem Körper, mein Pulst viel zu hoch, während meine Hände so sehr zittern, dass ich die Wasserflasche neben mir kaum greifen kann.
Fuck.
Ich habe beinahe schon damit gerechnet.
Mit wackeligen Beinen steige ich aus dem Bett, greife nach meinem Handy und schleiche mich die Wendeltreppe herunter. Mein Weg führt mich zur Dachterrasse und als ich in die kühle Nacht hinausgehe, atme ich mehrere Male tief durch.
Wenn Louis doch jetzt nur hier wäre...
Plötzlich erklingt ein Räuspern hinter mir und ich zucke erschrocken zusammen.
Zayn steht dort, ein gewisser Abstand zu mir, wobei er seine Arme fröstelnd um sich geschlungen hat und mich forschend ansieht.
"Ich habe ja geahnt, dass es krass ist, aber wie krass, damit habe ich nicht gerechnet", entgegnet er und setzt sich auf das Loungesofa.
"Du... du hast es mitbekommen?"
Zayn schnaubt und verdreht seine Augen.
"Du hast das halbe Bett auseinander genommen. Natürlich habe ich das mitbekommen."
Gut, dass Louis heute Nacht nicht neben mir lag.
Wobei - wenn er neben mir gelegen hätte, dann hätte ich vermutlich gar nicht diesen beschissenen Traum gehabt.
"Und Louis konnte damals wirklich neben dir schlafen?"
Auch ich verstehe nicht, wie Louis das damals konnte. Ich habe ihn mehrmals gebeten, ja regelrecht angefleht nicht bei mir zu bleiben, aber er hat sich einfach nicht davon abbringen lassen. Er hat alles riskiert, nur damit er neben mir liegen konnte.
"Ich - ", mein klingelndes Handy unterbricht uns.
Sofort beginnt mein Herz zu rasen und ein unglaubliches Kribbeln rauscht durch meinen Körper. Auch Zayn sitzt auf einmal kerzengerade und sieht mich mit großen Augen an.
Wenn mich jemand um 4:30 Uhr anruft, dann kann es nur etwas mit Louis' und Gemma zu tun haben.
Vielleicht sind sie es sogar selbst?
Mit zitternden Fingern nehme ich den Anruf entgegen.
"Styles?"
"Sir? Hier ist Betty aus der IT" erklingt die Stimme meiner Mitarbeiterin und ich ziehe verwundert meine Stirn kraus.
"Warum sind sie schon auf der Arbeit?"
Normalerweise beginnt ihre Schicht doch erst um 8:00 Uhr.
"Es gab einen Alarm. Ich habe mir ein Sicherheitssystem eingerichtet, welches mich über mein Handy benachrichtigt, sollte irgendetwas vorfallen. Und... wie soll ich es sagen? Es ist etwas vorgefallen, Sir. Etwas... nun... es ist schlimm."
Mir wird übel, als ihre Worte bei mir ankommen und auch Zayn scheint bemerkt zu haben, dass irgendetwas nicht stimmt, denn er steht nun neben mir und mustert mich unbehaglich.
"Was genau?", möchte ich wissen und kann das Zittern meiner Stimme nicht verheimlichen.
"Die Konten sind leer. Alle. Komplett leergeräumt."

Snooper-Dark SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt