⠀ insights, a novel

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C R U O R
...in which a unreliable narrator is tired of being underestimated



Es ergab sich mir nie, wieso Schnee mit Zärte verglichen wurde.

⠀ ⠀ ⠀So viele Gedichte waren ihm und dem Naturwunder seiner Schneeflocken gewidmet. Der Grund wollte sich mir nicht eröffnen, wie etwas so Grausames und schmerzvolles als so etwas Seichtes und sanftes angesehen wurde.

⠀ ⠀ ⠀Schmerzten die Hände der anderen nicht von der Kälte, fassten sie ihre zarte Schönheit an?
⠀ ⠀ ⠀Brannte ihre Haut nicht, sobald sie aus der Kälte flüchten und in die Wärme gingen, um sich zu retten?
⠀ ⠀ ⠀Brach ihre Haut nicht auf und ließ sie bluten, so stünden sie zu lange in der Kälte?
⠀ ⠀ ⠀Konnten sie alle nicht erfrieren und verloren gehen in einem Sturm, der nur aus ihrer sogenannten Reinheit bestand?

⠀ ⠀ ⠀Vielleicht wollte ich es auch nicht verstehen und weigerte mich, mich damit abzufinden, dass die Welt es liebte nur das Äußere zu sehen. Sie sahen die Schönheit, die der Schnee mit sich brachte und verband diese mit etwas Sanftem und Ruhigen, da es keine sanftere und ruhigere Farbe gab als Weiß.

⠀ ⠀ ⠀Manchmal hatte ich den Wunsch, dass jeder dieser idiotischen Menschen von der vermeintlichen Reinheit umgebracht wurde.

⠀ ⠀ ⠀Vielleicht bemerkt der werte Leser, dass es mir nicht nur um den Schnee gehen kann, wenn ich sage, wie sehr ich diese Ansichten verachte und verabscheue. Welcher Mensch, der bei Verstand war, regte sich über den Ruf des Schnees auf?

⠀ ⠀ ⠀Und wahrscheinlich ging es auch nicht darum.

⠀ ⠀ ⠀Wahrscheinlich drehte sich all mein Gesagtes nur um mich, so wie es bei jedem Menschen war. So sagte jemand etwas, kritisierte oder wies mit einem grimmigen Gesichtsausdruck auf etwas hin, so ging es stets nur um ihn selbst.

⠀ ⠀ ⠀Der Mensch war arrogant und sein Kopf drehte sich alleine um sich und seine Welt. Alles andere war ihm gleich. Es war so und niemand sollte etwas anderes meinen. Nun denkt der werte Leser vielleicht an aufopfernde Menschen, an Heiliggesprochene und ich muss erneut auf meinen Satz am Anfang zurückgreifen.

⠀ ⠀ ⠀Die Welt liebt es alleine das Äußere zu sehen und dies lag alleine daran, dass sie nichts anderes konnte. So intensiv sich jemand auch mit einem anderen beschäftigte, niemals wüsste er alles. Niemals würde er alle Gedanken kennen, niemals alle Handlungsgründe.

⠀ ⠀ ⠀Ein aufopfernder Mensch hatte einen Grund, so zu handeln. Hatte eine Sünde begangen und wollte daraufhin Busse tun. Ich benutzte diesen ohne eine religiöse Hintergrundgeschichte. Meine Familie war und bleibt eine Ansammlung von wissenschaftsorientierten Atheisten und auch ich glaube, dass weder ein Gott noch etwas Übernatürliches auf dieser Erde wandelte.

⠀ ⠀ ⠀Wahrscheinlich denkt der werte Leser nun an sich. Zweifelte an dem, was ich sagte, weil sich seine Welt vielleicht nicht nur um sich drehte. Und so beweist er meine These, in dem er alles auf sich schloss.

⠀ ⠀ ⠀Ich erkannte die Wahrheit in einer Welt aus Lügen.

⠀ ⠀ ⠀Ich sah, dass jeder Mensch sich nur selbst teuer und selig war und log, wenn er meinte, er würde ein anderes Leben über sein eigenes stellen. Es war in unserem Kopf verankert, erst sich selbst zu retten. Ich bin keine Ausnahme, widmete ein gesamtes Buch nur mir und meinen Gedanken, meinen Zielen und Wünschen.

⠀ ⠀ ⠀Mein Hass gegen die allgemeine Annahme, dass Schnee rein und friedlich sei, drehte sich einzig und alleine um mich und meine Probleme. Ich fand Parallelen und beanspruchte sie für mich. In meinem Kopf war ich die Schneeflocke, die missverstanden wurde.

⠀ ⠀ ⠀Es war mein Hass. Mein Hass auf die Welt, die mir sagte, ich könnte nichts erreichen, weil ich eine zarte, junge Frau war. Sie richtete mich aufgrund meiner beinahe kindlichen und seichten Züge, meinem blonden Haar und meinem Geschlecht.

⠀ ⠀ ⠀Mein Umfeld sah nicht mich, sondern nur das Äußere, was sie sehen wollten und nicht dieses, was ich ihnen zeigen wollte. Der werte Leser denkt vielleicht daran, das Buch zu schließen, weil er nicht den Worten einer Frau horchen will, die sich über solch irrelevante Dinge beschwert wie ihr Aussehen.

⠀ ⠀ ⠀Aber in diesem Buch geht es nicht darum, dass ich mich beschwerte. Es ist ein Geständnis, das nach meinem Tod die ganze Welt lesen wird. Sie werden es lesen und verstehen, realisieren, was sie getan haben.

⠀ ⠀ ⠀Sie haben mich dazu gebracht. Es war ihre Schuld und werde dafür sorgen, dass sie die Last tragen werden, bis der Tod sie kommen wollt.



author notes;
nothing special, but i like it.

an alcoholics duality.     collection Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt