Scrambled Eggs

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- Atlas -

Wir haben kein Wort geredet, als er mich am Flughafen getroffen hat. Auch nicht, während wir durch den Security Check und zum Gate gegangen sind und auch die ersten anderthalb Stunden des Fluges nicht.

Es ist frustrierend, neben Riley zu sitzen, und so völlig ignoriert zu werden, sodass ich langsam wütend werde. Ich habe mich immerhin erklärt und meiner Meinung nach - und rein logisch betrachtet - gibt es absolut keinen Grund mehr, mich zu bestrafen.

Als Riley gerade seine Kopfhörer aufsetzen will, halte ich ihn auf und suche seinen Blick. So ruhig wie möglich frage ich genau das:

„Warum bist du noch sauer? Du hast keinen Grund dazu, Riley."

Seine grünlichen Augen betrachten mich, diesmal ernst. Einen Moment lang starren wir uns nur an, dann nickt er.

„Ja, ich weiß. Aber lass uns diese Sache bitte erstmal bewältigen, okay? Es geht gerade um meine Existenz."

Damit hat er sich perfekt erklärt und ich lasse ihn in Ruhe. Ich kann verstehen, wie sehr er fürchtet, aus diesem Fall als Verlierer zu gehen - er wäre arbeitslos und hoch verschuldet, wenn nicht sogar ein verurteilter Straftäter.

Das ist tatsächlich wichtiger als diese eine Nacht, die immer noch wie ein verblassender Traum in meinem Kopf rumgeistert und mich nicht loslässt.

Deshalb und weil ich ein schlechtes Gewissen habe, und vielleicht ein bisschen, weil es mich erleichtert, dass er nicht „mich", sondern „uns" gesagt hat, fasse ich einen Entschluss.

Ich werde alle Verbissenheit und akribische Feinstarbeit, die ich in meinem Beruf gelernt habe, nutzen, um diesen Fall für Riley zu gewinnen.

Er hat das Geld nicht gestohlen, da bin ich mir sicher - zudem braucht er es bei seinem anstehenden Erbe auch gar nicht, und ich empfinde es als eine Art Ehrensache, für Riley einzustehen.

Klingt kindisch, ist aber so.

Mit dieser neu gefundenen Entschlossenheit lässt sich der restliche Flug und die Fahrt zum Hotel auch leichter ertragen.

Riley hat sich ebenso wie ich ein Zimmer genommen, weil seine Wohnung eines unserer wichtigsten Argumente ist, dass er das Geld nicht hat.

Mit einem kurzen Abschied geht jeder auf sein Zimmer und ich mache mich sofort daran, ein paar Gefallen einzulösen und grabe mich selbst in die Dokumente, die ich von Riley habe.

Irgendwann gegen Abend, es ist draußen schon stockfinster, klopft es an meiner Tür.

Irritiert blinzelnd hebe ich den Blick und bitte den Störenfried herein. Riley steht als dunkler Schemen gegen den hell erleuchteten Gang, denn es brennt bis auf die Schreibtischlampe kein Licht im Zimmer.

Er murmelt irgendwas vor sich hin und macht das Licht an. Jetzt erkenne ich im hellen Schein, dass er ein Tablett mit zwei Tellern dabei hat.

Fragend hebe ich die Augenbrauen und ziehe die Lesebrille ab, die ich zum Arbeiten immer anhabe.

„Was wird das?", will ich überrascht wissen, als Riley mir erst eine Portion Speck mit Eiern und Toast hinstellt und sich dann wie selbstverständlich auf die Coach fallen lässt - nur mit einer Pyjama-Hose und einem weißen t-Shirt bekleidet.

Er zuckt die Achseln.

„Ich hatte Hunger. Du bestimmt auch."

Eine Ahnung erfasst mich. „Riley, bist du betrunken?" Aber er lacht nur und schüttelt den Kopf. „Wir haben seit Stunden nichts gegessen. Ich hatte Hunger. Wirklich."

Liebe geht durch den MagenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt