POV Rezo
Seit Joon das, also das Thema, angesprochen hat, muss ich mehr als nur einmal am Tag daran denken. Ich hatte schon vor, Ju darauf an zu sprechen, weiß aber nicht, ob ich ihn damit vielleicht verschrecke oder ihm das Gefühl gebe, dass ich ihn zu etwas dränge. Wie oft sind Beziehungen zerbrochen, weil man zu schnell intim wurde? Wir küssen uns und kuscheln auch, ab und zu wird es auch etwas hitziger, aber wir haben eine Grenze. Wir haben nie darüber gesprochen, aber wir beide wissen, dass sie existiert.
Allgemein sind meine Erfahrungen mit einem Mann gering. Vor Ju hatte ich mal vielleicht mit jemandem geknutscht, um es aus zu probieren, aber mehr nicht. Theoretisch weiß ich, welche Möglichkeiten der gegenseitigen Befriedigung existieren, aber leben Ju und ich das aus? Oder bleibt unsere Beziehung auf der jetzigen Ebene?
"Für welchen Film hast du dich entschieden?" Ich zucke zusammen, als Ju aus dem Bad wieder ins Wohnzimmer kommt. Daraufhin grinst er und lässt sich neben mir fallen, ich schüttle meinen Kopf. Seine Aufforderung, den heutigen Film raus zu suchen, habe ich komplett vergessen, viel zu sehr hing ich wieder mit meinen Gedanken bei unserer Beziehung. Jetzt wo ich so darüber nachdenke, haben wir auch nie besprochen, was genau wir eigentlich sind. Ist Ju mein fester Freund?
"Rezo?" Mein unfokussierter Blick richtet sich auf Ju, er hat einen fragenden Ausdruck "Hmm?" Frage ich also, diesmal schüttelt Ju den Kopf mit einem leichten Lächeln "Wo bist du mit deinen Gedanken?" Es wäre klug, mit ihm darüber zu sprechen. Automatisch fahre ich mit meiner Hand über meinen Nacken, beruhigend legt mir mein Gegenüber seine Hand auf mein Bein.
Seine rehbraunen Augen mustern mich einfühlsam aber auch etwas sorgsam, ich liebe seine Augen.
Kurz atme ich ein "Ich hänge zur Zeit oft mit meinen Gedanken bei... uns..." Nun neigt sich sein Kopf, fast kaum merklich, zur Seite, wie ein Hund, der etwas hinterfragt oder nicht versteht "Wie meinst du das?" In seiner Stimme ist die Sorge klar zu hören, Unsicherheit. Kurz zögere ich, fange dann aber doch den Satz an "Was sind wir eigentlich?" Ich sehe in seinen Augen sofort die Veränderung, Sorge ist Erleichterung gewichen. Dachte er, ich wollte es beenden!? Um ihm die letzten Zweifel zu nehmen, lege ich meine Hand über seine auf meinem Bein und drücke sie kurz. Für einen Moment denkt er selbst darüber nach und ergreift dann das Wort "Ich würde sagen, wir sind zusammen...?" Mir fällt ein Stein vom Herzen, obwohl ich gar nicht wusste, dass er überhaupt existierte. "Ich würde dich gerne als meinen festen Freund bezeichnen können", sage ich mit einem Grinsen. Diesmal antwortet er mit einem Kuss und zieht mich etwas näher zu sich, sofort lasse ich mich in das Gefühl der Geborgenheit fallen.
Jetzt habe ich wenigsten eine Antwort, aber was ist mit meiner anderen Frage? Ob wir die Grenze immer bestehen lassen, ob wir auf dieser Ebene bleiben, weiß ich immer noch nicht.
Ich selbst fühle mich aber noch nicht bereit dafür.Juliens und mein Wochenplan wollen sich nicht anfreunden, zumindest nicht diese Woche. Seit Sonntagabend - jetzt gerade mache ich meine Mittagspause in dem kleinen Café um die Ecke, wie so oft an einem Mittwoch - habe ich kaum Kontakt mit ihm gehabt. Eigentlich hatte unsere vorherige Strategie gut funktioniert, also, dass ich bei ihm im Haus gearbeitet habe. Doch jetzt habe ich mehr Meetings und Telefonate, auch Ju scheint tiefer als sonst in seiner Arbeit zu stecken. Wir hatten schon oft, manchmal über mehrere Wochen, keinen wirklichen Kontakt wegen unserer nicht übereinstimmenden Freizeit. Seit dem Podcast sehen wir uns wenigsten mindestens einmal pro Woche, aber seitdem sich unsere Beziehung verändert hat, seitdem er mein fester Freund ist, halte ich es fast nicht ohne ihn aus. Ich brauche ihn einfach physisch neben mir, in meinen Armen, damit ich wieder normal atmen kann.
Ich höre mich wie ein Liebesfilm für Teenager an. Wann ist das denn bitte passiert?
Fakt ist; wir müssen uns etwas Neues überlegen. Für solche Wochen wie diese - vielleicht nächtliche Telefonate?
Egal auf welche Lösung wir kommen, ich muss erstmal die Zeit abpassen, um ihn darauf ansprechen zu können.
Warum muss das ganze auch schon so kompliziert sein?
Ich wollte Erleichterung - Stop. Ich zerdenke das alles nur wieder.
Ich schließe meine Augen und vollführe tiefe Atemzüge.
Bevor ich mir weiter den Kopf darüber zerbreche, sollte ich mit ihm einfach darüber reden. Am besten heute Abend beim Podcast aufnehmen. Genau, heute Abend sehe ich ihn und kann ihn in meine Arme schließen und so tun, als ob ich ihn nie wieder loslassen muss.
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Eine Auszeit nehmen
FanficMan kennt Julien Bam als den Workaholic Youtuber und Rezo als den herzerwärmenden Zerstörer Youtuber und zusammen sind sie ein unschlagbares Team - sowohl vor als auch hinter der Kamera. Natürlich lieben sie ihre Jobs, doch eine kleine Auszeit muss...