Whirlpool der Gefühle

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POV Rezo
Ich finde es gut, dass sich Ju inzwischen sicher und selbstbewusst fühlt. Dass es für ihn in Frage kommt, unsere Beziehung zu veröffentlichen.

Doch wie fühle ich mich eigentlich? Ich habe nie länger darüber nachgedacht, einfach weil ich wusste, dass Ju es sowieso nicht gewollt hätte.

Dies hat sich offensichtlich verändert. Und nun sollte ich mir im Klaren sein, ob es auch für mich in Frage käme - unsere Beziehung öffentlich zu machen.

Mein Tag im Büro verläuft bis jetzt so naja, ich lasse mich eben viel durch meine Gedanken und Fragen ablenken. Meine Todo-Liste wird bis jetzt nur länger, unglaublich viel länger, und nicht kürzer.

Seufzend lehne ich mich zurück und fahre mit meinen Händen über mein Gesicht. Das Büro ist heute relativ leer aufgrund von überschneidenden Urlaubstagen und dann noch die Erkältung, die sich gerade durch meine Mitarbeit arbeitet.

Eine neue Email ploppt auf meinem Bildschirm auf. Ein kurzer Blick verrät mir, dass es wieder nur eine der komischen Anfragen ist, um die Juzo Sache bestätigen zu können. Ich verstehe einfach immer noch nicht, weshalb ein so großes Interesse an diesem Gerücht ist. Was macht genau uns so interessant?

Klar, Ju ist ein erfolgreicher Youtuber und ich bin ebenfalls oft gefragt - auch außerhalb der Youtube-Branche. Aber was genau ist der Reiz an einer Beziehung zwischen uns beiden? Hoffen sie vielleicht auf aufkommenden Streit zwischen uns? Oder wollen sie es einfach als Skandal aufziehen, dass wir gleichgeschlechtlich sind? - Was by the way ziemlich dumm und zurückgeblieben wäre.

Geschlagen stehe ich auf und begebe mich in die kleine Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Das dampfende Gebräu fließt in meine Tasse und ich gebe noch etwas Karamell hinzu.

In Gedanken versunken nehme ich einen Schluck und merke nicht sofort, dass Marina ebenfalls den Raum betritt.
Für einen Moment sieht sie mich an "Was ist los?" Ich zucke mit meinen Schultern "Ich kann mich gerade einfach echt nicht konzentrieren..." kurz verfallen wir wieder in ein Schweigen, bis ich wieder das Wort ergreife "Ich muss eine Entscheidung treffen, finde aber immer wieder neue Argumente dafür und dagegen"

Marina stellt ihre Tasse unter die Kaffeemaschine "Ich höre in den meisten Fällen auf mein Bauchgefühl, bis jetzt lag es noch nie falsch" I nicke. Die Tasse in meiner Hand wärmt mich angenehm, Marina spricht weiter "Außerdem würden sich eh alle über eure Veröffentlichungen freuen" Ich ziehe meine Augenbrauen hoch "Ich habe nie gesagt, um was es geht"

Kurz beißt sich Marina auf die Unterlippe und zuckt dann mit ihren Schultern "Es war offensichtlich, was dich so beschäftigt" "Bin ich wirklich so offensichtlich?" Sie nickt und verschwindet mit ihrer nun aufgefüllten Tasse wieder an ihren Arbeitsplatz.

Ich soll also auf mein Bauchgefühl hören.

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Mit einem Klick auf die linke Maustaste verschicke ich meine letzte Antwort des Tages.
Trotz meines schwierigen Starts habe ich heute noch viel abarbeiten können und kann das Büro mit einem guten Gewissen verlassen.

Ju und ich haben uns bei ihm im Haus verabredet. Ich werde etwas zu essen mitbringen und später dann zu mir nach Hause gehen. Der Schwarzhaarige muss morgen zeitig aufstehen, da ein Drehtag bevorsteht und wollte nicht, dass er meinen "Schönheitsschlaf" stört - seine Wortwahl.

Ein kleiner Umweg zum Döner meines Vertrauens versorgt mich mit zwei von seinen Spezialitäten und zwei weiteren Stempeln auf meiner Stempelkarte.
Während ich durch die Straßen gefüllt vom Feierabendverkehr laufe fängt es langsam an zu tröpfeln. Aufgrund fehlender Regenjacke oder Schirm wird mein Schritt automatisch zügiger, doch von einem Moment auf den anderen wird der Regen zu einem dichten, grauen und vor allem nassen Vorhang.

Eine Auszeit nehmenWhere stories live. Discover now