Kapitel 2 - Noah

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Ich saß auf der Rückbank im schwarzen Mercedes meines Vaters und starrte zum Fenster nach draußen.

Alles kotzte mich an. Zum einen, dass ich keine normale Familie haben konnte, und zum anderen, dass mein Vater ein stinkreicher Spießer war, der sich für alles zu fein war.

Normale Eltern hören die Hilferufe ihrer Kinder, oder bieten den Kindern wenigstens an mit ihnen zu reden, meine Eltern schicken mich in mein Zimmer wenn ich versuche ein Gespräch aufzubauen.

Normale Eltern schenken ihren Kindern was zum Geburtstag, meine Eltern vergessen meinen. Ich erwarte keine Geschenke, es wäre falsch das zu tun. Aber ich hatte schon ewig kein „alles Gute zum Geburtstag" mehr gehört.

Normale Eltern halten auf langen Autofahrten bei McDonalds an, meinen Dad könnte ich nicht mal fragen, weil er die ganze Zeit geschäftlich telefoniert.

Mich störte es nicht, dass wir nicht bei McDonalds aßen oder ich keine Geschenke bekam.

Mein Problem war es, dass meine Eltern nie aufmerksam genug für so etwas waren.

Ich hätte nie die Chance sie nach McDonalds oder einem ernsthaften Gespräch zu fragen. Und das mit dem Geburtstag konnte ich sowieso vergessen.

Was hätte ich alles dafür getan, nur einmal die „Wir-gehen-nicht-zu-McDonalds-wir-haben-noch-Brot-zu-Hause" Rede zu hören, doch soweit kam es nie.

Der 10 jährige Noah hätte jetzt geweint, doch ich gewöhnte mich über die Jahre daran.

Jetzt brach mir etwas anderes das Herz.

Ich hatte Colin heute morgen gesehen, seine geschwollenen und roten Augen.

Sie schauten mir traurig nach als ich das Internat verlies, aber er verabschiedete sich nicht.

Jetzt kullerte mir eine Träne über die Wange, was meine Eltern nicht mehr schafften, tat der Lockenkopf jetzt für sie.

Der Lockenkopf, der das ganze Schuljahr mein treuer Begleiter war, nie wütend wurde und immer mit meinen Stimmungsschwankungen und abweisenden Phasen umgehen konnte.

Dieser Lockenkopf war der Mensch, den ich jetzt am meisten vermisste.

Ich wischte mir die Tränen von der Wange und starrte die restliche Fahrt aus dem Fenster.

Als ich mein Zimmer das erste Mal wieder betrat, fühlte es sich fremd an.

Ich schaute das Bett in der dunkelsten Ecke des Raumes an, auf dem ich viele Jahre geschlafen hatte. Es sah nicht sehr einladend aus, ich hatte es nicht vermisst.

Ich vermisste mein Bett im Einstein, von dem aus konnte ich zu Colin hinüber sehen.

Das Zimmer hier, war absolut verstaubt, meine Eltern hatten sich nicht die Mühe gemacht es zu reinigen.

Ich schaute hinüber zum Dachfenster, es zog meinen Blick an.

Es zeigte einen wunderschönen orangepinken Sonnenuntergang.

Ich öffnete es, setzte mich auf das Fensterbrett und ließ meine Beine heraus baumeln.

Mein Handy vibrierte, ich schaute auf den Sperrbildschirm - Instagram.

Verwundert öffnete ich die App, im nächsten Moment bereute ich meine Entscheidung wieder.

Colin und Julia strahlten mich durch den Bildschirm an, sie standen vor einem wunderschönen Sonnenuntergang mit vielen Bergen im Hintergrund.

Doch schon beim zweiten Hinschauen viel mir auf, wie aufgesetzt Colin Lächeln war. Ja, er lächelte, doch es erreichte nicht seine Augen. Sie waren ausdruckslos und hatten ihren Glanz verloren.

Ich schaute lange auf das Display, schaute Colin an. Er trug ein weißes relativ durchsichtiges Tshirt und eine kurze schwarze Hose. Seine Locken fielen besonders gut, da er eine Sonnenbrille im Haar stecken hatte.

Mein Blick blieb an Colins Oberkörper hängen, durch das Tshirt konnte man gut erkennen, dass er sehr dünn war. Er hatte keinen SixPack, aber das mochte ich auch so, er sah perfekt aus.

Ich dachte darüber nach das Bild zu liken. Ich fand es schön keine Frage, doch würde er das ok finden?

Wie aus dem nichts entscheide ich mich dazu es doch zu tun. Als hätte mein Körper ohne Einverständnis meines Kopfes gehandelt.

Im nächsten Moment entfernte ich das rote Herz wieder, er sollte den Abstand und die Zeit bekommen.

Alles andere wäre unfair.

Nolin ff // things will never be the same...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt