Die Nacht verlieft für mich unruhig. Zum einen, weil ich es nicht mehr gewohnt war, dass jemand neben mir lag. Zum anderen konnte sich mein Hirn einfach nicht abschalten und stattdessen lief das Gedankenkarussell unentwegt weiter, um mir verschiedene Filme vor dem geistigen Auge abzuspielen: Den Teil der Schulzeit, welchen ich mit V/N verbracht hatte. Die guten Zeiten mit ihr, die schlechten Zeiten. Matsushima. Zukunftsvisionen, in denen wir zusammen in einem Haus lebten, bei strahlendem Sonnenschein gemeinsam frühstückten, ehe wir uns für unsere Jobs fertig machen mussten - ich in der Profiliga, sie in einer Schule um Kinder zu unterrichten. eine andere Zukunft, in der wir getrennt voneinander lebten. Kein Kontakt mehr hatten, als hätte V/N nie in meinem Leben existiert.
Ich hatte bisher auf dem Rücken gelegen, drehte mich nun aber V/N zu, die mir ihr Gesicht ebenfalls zugewandt hielt, und sah sie einfach nur stumm an. Beobachtete, wie ihr Körper sich ganz sachte bewegte, während sie ein- und ausatmete. Ihre Hand lag auf Gesichtshöhe, so dass ich vorsichtig meine in ihre gleiten ließ und mit dem Daumen über ihren streichelte. Sie reagierte mit einem kaum hörbaren Murren, rutschte daraufhin näher zu mir. Ich musste unweigerlich lächeln und mein Herz füllte sich mit Wärme, die jene Sorgen verdrängte.
Am Ende schlief ich doch endlich für eine längere Zeit ein und überhörte somit fast schon den Wecker, bzw. tat es sogar. Meine Freundin war es, die mich auf süße Art und Weise den Tag starten ließ: Ihr warmer Atemzug kitzelte mein Gesicht und ein lieblich gesummtes „Alles Liebe zum Geburtstag" legte sich in meinen Gehörgang. Spätestens als ihre Lippen meine Wange berührten, fuhr ich aus dem Dämmerzustand hoch und hob langsam die Lider. Das Erste, was ich sehen durfte, was V/Ns bezauberndes Lächeln im Halbdunkel des Zimmers. Dann sah ich wieder gar nichts, weil sie mir einen süßen Kuss auf die Lippen gab. Ein angenehmes Kribbeln, dass sich in meinem Körper ausbreitete und sich bis in meine Zehen zog. „Guten Morgen, Geburtstagskind." Ah... welch schöner Start in diesen für mich besonderen Tag!
Ich streckte meinen müden Körper und bemerkte erst jetzt, dass mein Handy zu klingeln begann. Automatisiert reichte ich mit einem Arm zu diesem und tippte blind auf dem Display herum, bis es Ruhe gab. In der Hoffnung, nicht die Schlummeroption getroffen zu haben, dass es nach fünf Minuten erneut nerven würde. Apropos... zwei, drei Minuten hatten wir noch, trotz unseres heutigen straffen Zeitplans. Mich deswegen schmunzelnd wieder zu ihr drehend, winkte ich sie mit der Hand näher. V/N zögerte nicht und rutschte ganz nah heran. Meine Muskeln begannen sofort, sich zu entspannen, kaum schmiegte sich ihr Körper an meinen. Ihr Kopf legte sich an meine Brust, ihr Ohr direkt auf mein Herz. Es tat gut, sie bei mir zu wissen. Sie zu halten, durch ihre Haare zu streicheln und ihre Hand mit meiner zu halten. Wie früher. „Mhm~ ich glaube, das wird der schönste Geburtstag, den ich je hatte", sprach ich leise zu ihr, und meinte es auch so: Ich hatte dank den Jungs immer einen lustigen Geburtstag verbringen können, keine Frage. Es war allerdings noch einmal etwas anderes, wenn man mit dem Menschen seine Zeit verbrachte, der einen liebte. Außerdem hatte ich fest damit gerechnet, dass ich den heutigen Tag allein sein würde, ohne Familie und alte Freunde - sozusagen eine der Konsequenzen, die ich mit meinem Abgang nach Argentinien tragen musste.
Dass V/N nun unerwartet hier war, war das schönste Geburtstagsgeschenk. Sie war so vieles für mich: meine Freundin, eine Freundin, Teil meiner Familie... Das ließ ich sie auch wissen und nachdem sie mir einen dritten Kuss schenkte, setzte sich V/N auf und beugte sich über die Bettkante, wo ihre Tasche stand. Ich hörte den Reißverschluss rascheln. Sie suchte nach etwas. Ich wurde neugierig, wollte mich zu ihr beugen, doch wurde ich sofort von ihrer Hand an der Schulter zurückgeschoben, während die andere weitersuchte: „Nicht gucken!" Und da zeichnete sich plötzlich ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht ab und sie saß mit einem Mal kerzengerade vor mir. „Mach die Augen zu!", forderte V/N, das Objekt hinter ihrem Rücken haltend.
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B-Side: Argentinian Blues
FanfictionFrühjahr 2013 - Seijous Kapitän Oikawa Tooru geht seinem großen Traum nach, Profivolleyballspieler zu werden und lässt dafür alles hinter sich: Sein altes Leben, seine Familie, seine Freunde und... seine Freundin. Es ist nicht nur die neue Kultur un...