[7] Vereint

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Vor vier Monaten hatte ich selbst an diesem Flughafen gestanden, meinen Koffer von dem Rollband genommen und den ersten Schritt in dieses neue Leben gewagt, dass mich in San Juan erwartete. Heute war es V/N, die diesen Schritt machte, wenn auch nicht auf Dauer, sondern als Gast für eine kurze Zeit. 

Ich war nervös. 

Sehr sogar. 

Ich wusste noch nicht, wie wir uns begegnen würden oder was ich sagen sollte. Selbst wenn ich mir tausendfach den Kopf drum zerbrochen hatte, waren mir sämtliche Worte und Sätze doch nicht gut genug. Nicht einmal meine Klamotten konnte ich mir für diesen Tag mit Leichtigkeit heraussuchen, obwohl ich nur das Wichtigste in meinen Koffern von Japan nach Argentinien geschifft hatte: Am Ende wurde es doch der blaue Club-Hoodie und eine beige Chino-Hose. Ich sagte mir, dass ich sie schließlich nur abholte und wir nicht gleich in ein schickes Restaurant mit Dresscode Essen gingen. Als wäre das aber nicht genug, wollten meine Haare mir auch nur Ärger bereiten, so dass hatte viel zu lange brauchte und beinahe zu spät kam. 

Ich war es einfach nicht mehr gewohnt.

Mein Herz begann zudem immer lauter und schneller zu schlagen, je näher ich dem Flughafen kam, und drohte mir aus der Brust zu springen, als ich im Ankunftsterminal auf meine Freundin wartete und schließlich die ersten Menschen durchs Gate kamen, welche mit ihr im Flieger gesessen hatten. Ich war verdammt angespannt. Noch schlimmer als vor meinem allerersten Date, dass ich zur Schulzeit hatte.

Mann, Tooru, beruhig dich! 

Das konnte ich mir allerdings noch so oft sagen, es würde nicht funktionieren. Und dann, als ich nervös von einem Fuß auf den anderen trat und meinen Kopf reckte, als könnte ich es nicht erwarten, dass sie um die Ecke kam, sah ich endlich ihre Gestalt: V/N, wie sie sich mit den Händen über die von einem L/F Pullover bedeckten Arme rieb, als wäre ihr kalt. Sie trug die Haare zu einem legeren Haarknoten im Nacken. Ein wenig zerzaust vom Flug, und ich sah ihr die Erschöpfung der langen Reise an. Ihre Augen suchten trotz der Müdigkeit unsicher die Gegend nach einem bekannten Gesicht ab: nach mir.

Ich schluckte den entstandenen Kloß in meiner Kehle hinab, spürte, wie Hitze sich meiner Wangen bemächtigte und sich meine Mundwinkel ganz von allein nach oben zogen. Bevor ich mich versah, rief ich nach ihr. Wenigstens meine Stimme klang fest und selbstbewusst, wenn mir schon die Knie weich wurden.

Ihr Kopf drehte sich binnen Sekunden in meine Richtung und ihre Augen wurden merklich größer, als sie mich inmitten der anderen auf die Ankommenden wartenden Familienmitgliedern und Freunden erblickte. Überraschung und etwas Unglaube legte sich für einige Sekunden auf V/Ns hübsches Gesicht, weil wir einander so lange nicht mehr gegenübergestanden hatten.

Ja, es ist real.

Ich setzte zum ersten Schritt an und machte mich auf dem Weg zu ihr, über den hell gefliesten Boden, auf dem sich die Sonnenstrahlen durch die hohen Fensterscheiben abzeichneten, schreitend. Meine Füße hatten sich heute Morgen noch betonschwer gefühlt. Jetzt hingegen kam es mir so vor, als stünde ich auf dem Feld und würde zu einem beschwingten Sprung ansetzen: Freude.

„Tut mir leid, dass du extra den weiten Weg auf dich nehmen musstest", stand ich schließlich nur eine Armlänge von ihr entfernt und lächelte sie entschuldigend, wenn auch nicht weniger glücklich an. Ich war froh, sie zu sehen. Sie kam für mich her. Die ganze weite Strecke, nur um mich zu sehen. Meine Anspannung von eben wich. Kaum hatte ich V/N wirklich vor meinen Augen, lichteten sich die dunklen Wolken der Angst, dass sie doch nicht käme. Dass sie mir abweisend gegebüber trat, selbst wenn sie herkäme oder was auch immer. 

Dass mein Kopf in dieser Hinsicht ein Eigenleben mit allen möglichen Szenarien und Gedanken zu entwickeln wusste, hatte ich in den letzten Wochen und Monaten oft genug gemerkt und es war nicht gerade einfach, dies zu unterbinden. Außer in dem meine Freundin eben bei mir war. So wie jetzt.

B-Side: Argentinian BluesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt