Unentschlossen sieht Alex ihr nach, bis sie in der Dunkelheit verschwunden ist.
"Chensit?", ruft er vorsichtig.
"Was noch?", kommt eine leicht genervte Antwort.
Schnell taucht ihre Siluette wieder zwischen den Bäumen und Sträuchern auf.
"Kann ich bis morgen bei dir bleiben?", fragt Alex kleinlaut.
Seuftzend kommt sie zu ihm.
"Wieso sollte ich zustimmen?", fragt sie ihn und blickt zu ihm hoch.
"Ich will meine Eltern nicht sehen. Du hast ja anscheinend mitgekommen was passiert ist", erklärt er leise.
Langsam und vorsichtig, als wäre er ein wildes Kaninchen, das jeden Moment weglaufen könnte, nimmt sie seine Hand.
"Komm mit", haucht sie mitleidig und zieht ihn ganz sanft in die Richtung aus der sie gekommen war.
Dankbar lächelt er sie an und folgt ihr wiederstandslos. Es dauert nicht lange bis sie an einem steinernem Torbogen ankommen, welcher einfach in der Gegend zwischen zwei Bäumen rumsteht.Vor diesem bleibt sie stehen und dreht sich Alex zu.
"Versprich mir, dass du niemandem etwas davon erzählst, was du mit mir oder wegen mir siehst", fordert sie leise.
"Ich verspreche es dir", meint er und nickt ihr aufmunternd zu.
"Ich hoffe", murmelt sie.
Langsam setzt sie sich wieder in Bewegung. Sie tritt durch den Torbogen in die komplete Dunkelheit. Sofort beginnen Fackeln an den Steinwänden des Tunnels zu brennen. Eine eisige Kälte herrscht in der Höhle.
"Wo sind wir hier?", fragt Alex überrascht.
Sie bleibt still, schüttelt aber den Kopf. Es geht ein Weg vom Tunnel nach links ab, in den sie auch einbiegen.
Sie steigen eine Treppe hinunter. Langsam wird es wärmer. Als Alex wohlig warm ist kommen sie in einem großem Raum an.
Unzählige Steine formen eine Halle. Die Decke wird von vier dicken Säulen gehalten an denen Fackeln hängen.
Auf dem Boden liegen allerhand Stoffe, sogar zwei ausgefranste kaputte Segel kann Alex ausmachen. An der Seite stehen einige Fässer und Holzkisten. Eine Ecke liegt voller Strohsäcke und als Sahnehäufchen des Haufen liegt eine Matratze da. Da drauf liegen zwei Stoffbündel.
"Wo hast du die her?", fragt Alex überradcht und deutet mit dem Kinn auf die Matraze.
"Denks dir", murmelt sie und stellt den erste Hilfe Kasten auf eine der Kisten.
Seuftzend folgt er ihr.
Dann scheint hier wohl alles geklaut zu sein denkt er missmutig.
"Du kannst hier schlafen", sagt sie und deutet auf den Haufen aus Strohsäcken und die Matratze.
"Und du? Wo wirst du schlafen?", fragt er vorsichtig.
"Du wirst diesen Raum nicht ohne mich verlassen und du wirst hier nichts anfassen. Ist das klar?", übergeht sie seine Frage und nimmt die beiden Bündel von der Matratze und stopft sie in eines der Fässer.
"In Ordnung", murmelt er und setzt sich auf die Matratze.
Er lässt sich auf den Rücken fallen. Sofort verzieht er das Gesicht vor Schmerz. Ein leises Stöhnen kommt ihm dabei über die Lippen. Sofort zuckt Chensit's Blick zu ihm rüber.
"Was hast du?", fragt sie ernst.
"Nichts, mir tut einfach alles weh. Mein Vater hat hart zugetreten", meint er kopfschüttelnd.
"Was genau?", fragt sie scharf.
"Die linke Schulter und die Rippen", zählt Alex kleinlaut auf.
"Darf ... ich mir das ansehen ... die Schulter und die Rippen ...?", fragt sie vorsichtig.
"Würdest du ein 'nein', akzeptieren?", brummt er lachend und zieht sein T-Shirt aus, damit sie sich die entsprechenden Körperteile besser ansehen kann.
Kopfschüttelnd kommt sie auf ihn zu. Sie hockt sich vor ihn und legt ihre rechte und linke Hand auf seine Rippen. Langsam verstärkt sie den Druck und schließt die Augen. Um den davon ausgelösten Schmerz teils zu unterdrücken, beißt sich Alex auf die Unterlippe. Langsam und konzentriert gleiten ihre Finger über seine Rippen um sie abzutasten. Nach einer gefühlten Ewigkeit nimmt sie ihre Hände weg und legt ihre rechte Hand auf seine schmerzende Schulter. Wieder befühlt sie die Knochen. Plötzlich packt sie fest zu, legt ihre linke Hand kurz unterhalb der Schulter auf seinen Oberkörper und ruckt seine Schulter nach vorne. Vor Schmerz flucht Alex laut.
"Was sollte das eben?!", will er wissen und hält sich die Schulter.
"Wusste nicht, dass man ein Gelenk durch Tritte auskugeln kann", murmelt sie und angelt ihn einer der Kisten.
Sie zieht ein Messer herraus und schneidet ein langes Stück von einem der unzähligen Stoffe auf dem Boden ab. Das Band legt sie um seinen Brustkorb und bindet es so fest zu, dass es ihm fast die Luft abschneidet.
"Du bist diesem Mann an Schlagkraft weit unterlegen", stellt sie fest und macht sich auf zum Ausgang der Halle.
"Danke", brummt Alex beleidigt, dann legt er sich vorsichtig hin und schließt die Augen.Ein leises melodisches Brummen lässt ihn hochfahren.
"Was war das?!", fragt er sich laut.
Vorsichtig sieht er sich um. Es hat sich nichts verändert nur, dass sechs von den insgesamt acht Fackeln in dem Raum nicht mehr brennen.
Das klang so fremdartig und so ... nah, und doch so wundervoll
Das Geräusch von neu aufflammenden Fackeln reißt ihn aus seinen Gedanken. Sofort entdeckt er Chensit welche eben erst den Raum betreten hat.
"Guten Morgen", grüßt er sie freundlich.
Missbilligend sieht sie kurz zu ihm rüber eher sie wieder in einem der Fässer wühlt.
"Es ist fast Mittag", knurrt sie genervt.
Verwundert sieht Alex auf seine Armbanduhr, welcher ganz gegen seine Hoffnungen unter einem Tritt kaputt gegangen ist.
"Sei froh, dass es dir so nicht das Handgelenk zertrümmert hat", sagt sie und wirft ihm einen Apfel und zwei Brötchen zu.
Ungeschickt angelt er die drei Dinge aus der Luft und beisst zufrieden in den Apfel. Währenddessen lässt Chensit sich auf einer der Kisten nieder und knabbert an einer Karotte.
"Was hast du gegen mich?", fragt Alex nachdem er seinen Apfel verschlungen hat.
"Ich hasse alle Menschen", korrigierte sie mit bitterem Hass in der Stimme.
Überrascht blickt er sie an: "Wieso?".
"Weil sie alles wissen müssen und mich hier nicht allein lassen können. Fragen über Fragen nur um dann nach Hause zu fahren und zu prallen wie intelligent, klug, erfolgreich und genial man ist", faucht sie wütend.
"Wieso denkst du das?", fragt Alex vorsichtig.
"Was machst du gerade die ganze Zeit? Fragst mich aus. Und wieso?! Weil du prallen willst, dass du etwas über diesen Brandstifter herrausgefunden hast!", zischt sie.
"Nein, du täuschst dich", meint Alex leise, aber bestimmt.
"Wie?", fragt sie verwirrt.
"Ich frage dich nicht aus um danach zu prallen. Wenns nach mir ging hätte auch nie jemand etwas über dich rausfinden sollen. Ich wünschte, du würdest nur für mich existieren. Ich will nicht, dass die anderen etwas über dich wissen, weil ich weiß, dass sie so sind wie du behauptest. Du bist so ... so wundervoll anders. Du bist etwas ganz besonderes, mit einer fantastischen Fähigkeit, aber ... du bist allein. Alle die du bisher kennengelernt hast, scheinen sich bloß für diese Fähigkeit zu interessieren, aber es sind nicht alle so. Du siehst so geschafft aus. So fertig. So allein. Ich hatte gehofft du könntest wenigstens für kurze Zeit nicht allein sein, weil ich bei dir bin", sprudelt es aus Alex hervor, "Weil ich genau so allein bin, wie du".
"Ich würde dir das alles nur zu gern glauben, aber Menschen haben eine große Tendenz zu lügen", zischt sie sauer und steht auf um ihn wütend anzufunkeln.
"Aber das ist wahr", flüstert er kleinlaut.
"Genau das hat mir schon jemand mal gesagt! Und weißt du was mir das eingebracht hat? Weißt du was?!", brüllt sie ihn an.
Erschrocken zieht er den Kopf ein und schüttelt den Kopf.
"Ich wäre fast verreckt! Nur weil ich diesem Arschloch vertraut habe! Wenn ich sterbe ist das Gleichgewicht gebrochen!", schreit sie ihn an und stürmt aus dem Raum.
"Chensit, warte doch", ruft er ihr zu und läuft ihr hinterher.
Sie hetzt aus der Höhle und dann den Berg hinauf.
"Lass mich, du bist nicht besser als die anderen", brüllt sie über ihre Schulter und bricht aus dem Dschungel herraus ins strahlende Sonnenlicht.
So gut er kann stolpert Alex ihr hinterher, bis sie plötzlich einfach weg ist. Abrupt bleibt er stehen und muss nach Luft schnappen.
Vor ihm geht es fast senkrecht hinunter. Der Abgrund ist ein riesiger Kratzer. Vielleicht zehn Meter unter ihm befindet sich ein winziger Steinvorsprung. Von diesem aus führen mehrere Steinsäulen in die Mitte des Kraters. Dort hat es eine viel breiter Säule. Chensit springt gerade auf diese Säule. Sie tritt an den Rand dieser, presst eine Hand an ihre angeschossene Seite und wirft einen Blick nach unten. Sofort tritt sie einen Schritt zurück und beginnt irgendetwas zu sagen, was Alex auf die Distanz nicht verstehen kann.
"...ammt, verdammt, verdammt, verdammt!", schreit sie aufgebracht und wird immer lauter.
Sie dreht sich zu Alex um und sieht ihn an.
"Was ist?", ruft er ihr vorsichtig zu.
"Bist du blind, oder so?!", faucht sie ihn an und zeigt nach unten.
Skeptisch folgt er ihrem Blick und schnapt panisch nach Luft. Das hat er eben übersehen.
Keine fünf Meter vom Ende der Steinsäulen entfernt ist kochend heiße brodelnde Lava.
Chensit sieht mehrere Male zwischen der Lava und ihm hin und her, bis sie seuftzt.
"Geh dorthin, wo du geschlafen hast und hol mir das Messer aus der Kiste neben dem Eingang!", ruft sie ihm ernst zu.
Kopfnickend macht er sich auf den Weg.
Als er wieder am Krater ist glaubt er, dass die Lava deutlich gestiegen ist.
"Was jetzt?", fragt er sie.
Chensit steht auf der Säule vor dem Vorsprung. Nun stellt Alex fest wie klein diese wirklich sind. Man könnte zu zweit da nur drauf stehen, wenn man ganz nah aneinander gequetscht stehen würde.
"Wirf es runter", fordert sie ernst, "Und dann mach, dass du soviel Platz wie nur möglich zwischen dich und den Krater bringst".
Besorgt sieht er sie an, wirft dann aber doch das Messer in die Tiefe. Er zögert kurz, doch dann dreht er dem Karter den Rücken zu.

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Eyes of fire
FantasiTief im Dschungel auf einer unendeckten Insel, lauert das Leben. Niemand darf von ihr erfahren. Den diese Insel birgt den Herzschlag der Welt und ihren Wächter, desen Blut die Welt im Gleichgewicht hält. Doch was passiert wenn man die Wut der Wächte...