Lordlevel - Teil 10

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Ich klammerte mich fest um das Lenkrad und spürte, wie mir das Adrenalin durch die Adern schoss. In einem Trance artigen Zustand steuerte ich die sich windende Straße entlang. Ich hatte keine Ahnung, was ich da gerade eigentlich machte. Angst. Befreiung. Hoffnung. Ein Wirrwarr aus Gedanken, Erinnerungen, Träumen herrschte in meinem Inneren. Würde ich es so bis nach Hamburg schaffen? Ich müsste eine mindestens 1,5-2 Stündige Fahrt meistern. Einen Versuch war es wert. Neben mir flogen die Einkäufe mit einem Knall auf den Boden, was mich kurz zusammenzucken ließ. Für den Bruchteil einer Sekunde konzentrierte ich mich nicht voll und ganz auf die Straße. Ich machte einen kleinen Schwenker, bekam aber sofort wieder alles unter Kontrolle. Meine Hand tastete blind nach dem Lautstärkeregler und drehte ihn auf volle Lautstärke. Der Beat füllte den gesamten Wagen aus und zog mich in seinen Bann. Ich wagte einen Blick auf die Uhr. 22 Uhr. Wow, ich hatte schon mehr als die Hälfte überstanden! Neben mir tauchte ein Schild mit der Aufschrift Hamburg auf, das in die Richtung der Autobahneinfahrt zeigte. Ich bekam schwitze Hände. Bisher fuhr ich nur auf kleinen, unbefahrenen Landstraßen. Ich war einfach noch nicht bereit, auf der Autobahn zu fahren. Mit dem Gedanken an meinen Vater im Hinterkopf überwand ich schließlich meine Scheu. Lieber so sterben als durch dieses Monster! Ich drückte kräftig auf das Gaspedal und achtete auf die Fahrzeuge um mich herum. Auf der Spur neben mir fuhr ein kleiner Schwarz-weißer Mini. In ihm saß eine Frau in dem Alter meine Mutter. Auf dem zweiten Blick erkannte ich neben ihr einen Mann, der ihr lachend die Hand auf den Arm legte. Sofort musste ich wieder an Michael, meinen Vater, denken. Der Hass stieg in mir auf. Meine Fingerkuppen bohren sich in das weiche Leder des Steuers.

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