Kapitel 12

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Jetzt bewegt sich nichts mehr. Ich öffne die Augen und sehe mich um. Alles ist bunt, und das verwirrt mich extrem. Wenn ich nach vorne gucke sehe ich auch kein Füllhorn. Es ist eine Art riesige , runde Schüssel, voller blizender Waffen und anderer Dinge.
Ungefähr 50 Meter neben mir steht Lionel, und eins weiter Niquo. Gut. Wenigstens ein Verbündeter von mir ist in der Nähe. Als er meinen Blick bemerkt nickt er mir zu und deutet dann auf Lionel. Nein ! Er will ,dass wir ihn gleich direkt gemeinsam töten. Ich bin wohl tatsächlich in den Hungerspielen angekommen. Aber das kann ich nicht. Lionel war so nett zu mir. Ich konzentriere mich auf die Landschaft der Arena, doch ich bemerke, dass es gar keine Landschaft ist. Es ist ein riesiger Jahrmarkt. Ich kenne so etwas von Filmen. Es gibt unzählige Achterbahnen, Schießbuden, Kletterwände und wenn ich das richtig erkennen kann sogar kleine Häuser. Das ist schlecht, sogar sehr schlecht. Darauf ist niemand von uns vorbereitet. Wir haben gelernt, wie man in der Wildnis überlebt, aber doch nicht auf einem überdemensionalen Jahrmarkt. Aus dem Augenwinkel sehe ich wieder das Füllhorn und bekomme einen riesigen Schreck. Die Uhr die darauf angezeigt wird ist schon bei 5. 4,3,2,1. Ein Schlag ertönt , und ich renne los. Einfach nur rennen. Ich sehe etwas weiter links , und genauso schnell wie ich, Fabio. Er grinst mir zu, ich grinse zurück, und gemeinsam erreichen wir die ,, Füllschüssel". Denn ein Horn ist es nicht. ,, Schnapp dir Messer, Essen holen wir später ", ruft er mir zu. Dann klettern wir die Leitern hoch und schlittern die steilen Seiten herunter. Unmittelbar nach uns sehe ich Auria über die Kante klettern. Sie rennt herunter und schnappt sich einen Bogen und Pfeile. Opal erreicht uns auch, und auch der erste andere Tribut versucht über den Rand zu klettern. Auria hat ihre Pfeile bereit, und zögert auch keine Sekunde , sie in das Herz des Tributs zu schießen. Ich will ,,Nein " schreien, doch ich weiß ,dass ich es nicht darf. Leblos fällt der kleine Junge aus Distrikt 7 vom Rand. Ich wende meinen Blick ab, und entdecke Niquo. Doch nah bei ihm sehe ich auch Lionel. Ich mache mich bereit ein Messer zu werfen, doch ich werde natürlich mit Absicht nicht treffen. Fabio kommt mir allerdings zuvor. Er schleudert ein Messer , doch Lionel weicht aus. Er schnappt sich eine kleine Axt , und macht sich aus dem Staub.
Wir halten Ausschau, nach anderen Distrikten, doch offenbar kommt niemand nach. Sie werden alle den kleinen Jungen gesehen haben. ,, Wir müssen draußen weiter jagen ", schreit Opal , und wir rennen alle wieder zu den Leitern. ,, Wartet, wo ist Dereck ?", ruft Auria. Wir wissen alle,dass wir es nur herausfinden wenn wir wieder raus aus der Schüssel gehen. Also machen wir uns auf den Weg. Auria steht als erstes oben und schießt direkt ihre Pfeile los. Als ich wieder einen Überblick habe, sehe ich Mara weglaufen, ansonsten ist niemand mehr da. Ich renne um die Schüssel rum, und sehe Lionel im Kampf mit Dereck. Lionel hat eine Axt, Dereck mit seinen bloßen Händen. Fabio rennt jetzt neben mir, wir beide versuchen Dereck zu helfen, und ich werfe ein Messer. Ich sehe wie es fliegt, und bin mir sicher, dass es Lionel verfehlen wird. Doch das tut es nicht. Es bohrt sich in seine Seite, und er sackt in sich zusammen. ,, Dereck ", kreischt Auria, als sie zeitgleich mit uns ankommt. Sie umtastet sein Gesicht, doch ich achte nicht darauf. Wie versteinert stehe ich da, und sehe den leblosen Lionel vor mir. Seinen lehren Blick . Ich muss meinen Blick einfach abwenden, es tut zu sehr weh. ,, Oh Dereck ", weint Auria. Ich überwinde mich, und knie mich ebenfalls zu ihm. Er atmet hektisch und röchelnd. Jetzt sehe ich auch wieso. An seiner Brust ist eine tiefe Wunde, aus der Mengen von Blut strömen. Auria kniet vor ihm, und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn. Sie streichelt sein Gesicht, und schreit auf, als er seinen letzten Atemzug nimmt. Ich nehme sie in den Arm während sie vor sich hin wimmert. ,, Ich habe ihn geliebt ", wispert sie, sodass nur ich es höre. ,, Ich weiß ", flüstere ich und streiche ihr sanft über den Kopf. Sogar ein Kaiero kann also schnell sein Leben verlieren. Wo bin ich hier nur gelandet ?  Wenn sogar Dereck im Kampf besiegt wird, wie soll ich dann auch nur irgendeine Chance haben ?
,, Los jetzt ", ruft Opal , ,, soll ich die einzige sein, die hier die Drecksarbeit erledigt ?" Als ich um mich sehe , meine ich , was sie meint. Mindestens 5 Leichen liegen in weiter oder weniger weiter Entfernung herum. Alle mit einem Pfeil im Körper stecken. Hoffentlich ist Reedian keiner von ihnen. Nein, er ist schlau genug, um so schnell es geht zu flüchten. Aber trotzdem, es sind alles Leute die ich, wenn auch nur flüchtig , kannte.
Mir wird klar, wie skrupellos Opal eigentlich ist. Wie skrupellos sie alle sind. Sie töten in sekundenschnelle einfach so einen Menschen, und machen sich nichts draus. Ich bin nicht so, und ich fürchte, dass sie mich schon bald darauf ansprechen werden.

Wir suchen den Platz rund um die Schüssel ab, finden aber keinen Lebenden mehr. Die Leichen sehen zwar alle schrecklich aus, doch Reedian ist nicht unter ihnen. Also klettern wir wieder die Leitern in die Schüssel hoch.
,, Was für eine seltsame Arena oder ?", fragt Opal. ,, Ich glaube ich habe noch nie eine Arena wie diese gesehen ",meine ich, ,, Ohne Natur und mit diesen seltsamen Geräten ." ,, Ich fürchte nur, so friedlich wie es aussieht ist es gar nicht. Es könnte hinter allem eine Gefahr lauern ". ,, Jaja, jetzt erstmal an die Vorräte ", ruft Niquo und beißt in einen Apfel. Wie leichtsinnig. Ich nehme mir einen Rucksack und fülle ihn mit Lebensmitteln, und Sachen , die ich denke werden nützlich sein : Ein Schlafsack, eine kleine Säge, eine wasserdichte Jacke ... . Einen Säbel schnalle ich auch noch an meinen Gürtel, wer weiß ob ich ihn gebrauchen kann.
,, Kommt ! Lasst uns den Platz räumen, damit die Bomben für die Toten hochgehen können ", rufe ich allen zu. Sie nicken , und gemeinsam sprinten wir los und verlassen den riesigen Platz.
Wir wissen nicht wo wir hingegen sollen, also gehen wir einfach drauf los. ,, Ich denke als erstes müssen wir uns ein Nachtlager suchen ", meint Auria. ,, Ach Quatsch, sie dir die Sonne an, es bleibt noch eine Weile Tag ", antwortet Niquo, ,, ich denke wir sollten uns lieber mal auf die Jagd machen ". Er grinst uns hämisch zu, und wir erwiedern sein Grinsen. Ich frage mich, wie lange ich das noch durchhalte. Vorzugeben genauso zu sein wie sie. Aber bin ich nicht schon so ? Ich habe einen Jungen getötet, den ich kannte. Einfach so, nur um mein Bündnis instand zu halten. In diesem Moment fasse ich einen Entschluss : Ich werde die Kaieros noch heute Nacht verlassen.

Die Tribute von Panem - Unendlicher WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt