11. angekommen

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-𝒆𝒊𝒏𝒆𝒏 𝑻𝒂𝒈 𝒔𝒑𝒂̈𝒕𝒆𝒓:

"Ich kann das Dorf sehen, Sharan. Wir sind gleich da, versprochen."

Wir sind Tag und Nacht durchgeritten, nachdem wir im Wald etwas geschlafen hatten.
Ich hoffte, er konnte sich etwas ausruhen und dass sein Fieber vielleicht wenigstens etwas zurückgegangen war. Seine Wunde hatte uns keine Schwierigkeiten bereitet und er hielt tapfer durch, aber lange traute ich es ihm nichtmehr zu.

"Danke, Rikou." hörte ich seine leise Stimme wieder einmal neben meinem Ohr und ich lächelte in mich hinein.
Den ganzen, langen Tag hielt er sich bereits an mir fest und lehnte seinen Kopf auf meine Schulter.
Seine Arme waren um meine Taillie geschlungen und sein Griff war fest, jedoch zitterte er immernoch.
Und um ehrlich zu sein, freute ich mich darauf, ihn gesund zu sehen.
Seit unserer ersten Begegnung ging es ihm schlecht und ich hoffte darauf, dass er sich schnell erholte.
Ich war einfach... gespannt. Wie er bestimmte Sachen machte. Oder wie er lebte.
Und ob er bleiben würde, sobald er eine Wahl hatte.

.
Um Sharan wurde sich gekümmert und ich... stand seufzend vor Kayra und einer ihrer Lehrlinge, die mich weinend um Entschuldigung baten.
Um ehrlich zu sein, war ich wütend, dass sie Sharan alleine und barfuß tagelang in seinem Zustand durch den Wald liefen ließen. Aber er hätte nicht so dumm sein sollen, wegzugehen obwohl er wusste, wie es um ihn stand.
"Gott, bitte steht auf." murrte ich also und die zwei Frauen taten es sofort.
"Mein Herr, es war alleine meine Schuld. I-ich hätte ihn nicht alleine lassen sollen." meinte die alte Ärztin und stellte sich schützend vor ihre Lehrende.
"Eure Bestrafung sollte an mich gehen."
Als sie das sagte, senkte sie ihren Blick, aber ich wusste trotzdem, dass sie Angst hatte.
Kayra hatte noch nie einen derartigen Fehler gemacht, geschweigedenn die Schuld dafür auf sich genommen.
Und das kam ihr heute zu gunsten.

"Wenn du meinst... wirst du die nächsten Tage dafür sorgen, dass Sharan dort bleibt, wo ich ihn haben will. Dadurch werden die Wachen entlastet und ich auch." seufzte ich und sie sah mich überrascht an.
"Wirklich? A-aber, ich dachte-..." "Willst du etwa eine echte Bestrafung?" unterbrach ich sie und sie schüttelte sofort den Kopf.
Dann sah sie mich etwas unsicher an und nickte mir zu.
"Danke, mein Herr..."

.
War ich doch barmherzig. Oder?
Ich musste schon etwas in mich hineinlächeln, während ich die alte Ärztin und ihre zu Lehrenden bei Sharans Pflege beobachtete.
Ich konnte ihn guten Gewissens in ihre Obhut geben. Sie gingen gut mit ihm um.

-𝑲𝒂𝒚𝒓𝒂𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Ich war wirklich froh...
Der Herr ließ Gnade walten und gab mir noch eine Chance... Und diese durfte ich nicht verspielen.

Sharan war etwas benommen und ließ so ziemlich alles mit sich machen, während ich und meine Schülerinnen ihn pflegten.
Trotzdem spürte ich den Blick des Herren Rikou in meinem Nacken und riss mich zusammen, um vor Nervösität nicht doch noch einen Fehler zu machen.

"Sarah, gib mir den Verband. Barie, du kannst einen neuen Stoffetzen nässen, wir legen ihn gleich auf die Decke. Dann kann er sich ausruhen." meinte ich zu meinen Mädchen und schüttelte das Unbehagen in meinen alten Knochen ab.
Ich sollte mich einfach entspannen und meine Pflicht erfüllen.

-𝑹𝒊𝒌𝒐𝒖𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Sie machte sich gut.
Sie war alt. Es war in Ordnung, solche Fehler zu machen.

"Mein Herr?"
Das war die Stimme eines meiner Jäger. "Ja?" "Ähm... gestern, als Sie und... Sharan... noch nicht hier waren, ist wieder ein Jäger alleine in den Wald gezogen." meinte er und ich riss erschrocken die Augen auf.
"WAS?! WARUM?"
Darauf schrak der kleine Jäger zusammen und hängte an seine Erzählung schnell noch etwas an.
"E-er ist zurückgekommen."

Zurückgekommen?
Er war nicht verschwunden?...
"Bring mich zu ihm. Ich will wissen, was er gesehen hat." befahl ich und wartete darauf, dass er vorausging. Aber er wartete noch.
"Ähm... er ist zu verstört, und spricht nicht mit uns. Alles was er sagt, hat keinen Zusammenhang und er muss dauernd betreut werden."
Als er das sagte, glaubte ich, mich verhört zu haben.

Der Jäger war im Wald...
Er war alleine und suchte anscheinend nach dem namenlosen Biest der Legende.
Langsan wusste ich nichtmehr, woran ich glauben sollte.
Wenn dort wirklich etwas war, das das Dorf vielleicht gefährden könnte, dann konnte ich das nicht ignorieren.
Legende, hin oder her...
Irgendwas stimmte nicht.

"Bring mich zu ihm. Ich will ihn selbst sehen."

.
Was war hier los?
Ich wurde zu einem kleinen, offenen Hüttchen am Rande des Dorfes geführt und schon am Platz davor wuselten überall Menschen herum.
Ich musste mich durchschlängeln, da die Leute zu aufgeregt waren, um mich zu erkennen.
Als wir dann endlich vor der Hütte standen, konnte ich bereits hineinsehen. Dort saß ein alter Jäger, kurz vor dem Ruhestand und seine Augen waren erschrocken und weit aufgerissen.
Er drückte sich ängstlich gegen die Ecke der Hütte und seine Tochter redete beruhigend auf ihn ein.
Der Name des Jägers war Abashi. Abashi Ibazu.

Da entdeckte mich seine Tochter und kam eilig zu mir, bevor sie sich tief verbeugte.
"M-mein Herr, ich habe Angst um meinen Vater. Bitte, h-helfen Sie ihm!..." meinte sie ängstlich und ich ging an ihr vorbei, bevor ich mich vor den alten Jäger kniete.
"Abashi. Kennst du mich noch?" fragte ich ihn vorsichtig und achtete darauf, genug Abstand zu ihm zu behalten.

Für eine Sekunde fokussierte er mich mit seinen verschreckten Augen und stotterte etwas, wofür ich erst etwas Zeit brauchte, um es zu entwirren.
Nachdem ich das allerdings geschafft hatte, konnte ich eine erschreckende Schlussfolgerung daraus ziehen.

Er hatte die verschwundenen Jäger gefunden.
Und noch etwas anderes...

𝒏𝒂𝒎𝒆𝒍𝒆𝒔𝒔 𝑩𝒆𝒂𝒔𝒕 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt