Kapitel 3

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Hongjoongs Sicht
Langsam gingen wir in die Richtung, in die uns die vier Fremden leiteten. Ich vertraute ihnen zwar nicht, aber der größte der Gruppe schien sich mit Medizin auszukennen, weshalb ich zustimmte. Immerhin können wir Mingi nicht einfach mit der Stichwunde herumlaufen lassen und der nächste Arzt, dem ich vertraute, war zu weit weg, um schnell dorthin zu kommen.

Nun ging ich also neben dem bezaubernden Rosahaarigen her. Als er vorhin meinen Arm untersucht hat, war ich erst sehr überrascht. Normalerweise hätte er eine Ohrfeige kassiert, weil ich es nicht ausstehen kann, wenn mich jemand ungefragt anfasst. Bei ihm hat es mich aber gar nicht gestört. Ich war eher enttäuscht als er mich wieder losließ.

Schüchtern blickte ich zu dem Größeren und räusperte mich. “Ähm, wie heißt ihr eigentlich?” “Oh, ja mein Name ist Seonghwa, ich bin der älteste der Gruppe. Der große mit deinem Freund im Arm ist Yunho, er studiert Medizin. Hinter ihm geht Yeosang und der kleine Bär mit den feuerroten Haaren ist unser Maknae Jongho.”, antwortete er mir zurückhaltend. “Möchtest du dich auch vorstellen?”, fragte er dann noch.

“Ah ja klar. Ich bin Hongjoong und ebenfalls der älteste unserer Gruppe, der orangehaarige Riese bei Yunho heißt Mingi. Die beiden Turteltauben dort drüben sind Wooyoung und San. Wir nennen die beiden scherzhaft Woosan, weil sie unzertrennlich sind.” Mit einem Lächeln auf den Lippen sah ich meine besten Freunde an.

Ich war so dankbar sie an meiner Seite zu haben.

Jonghos Sicht
Als wir bei Seonghwas Villa ankamen staunten die anderen einmal nicht schlecht. Mir war von Anfang an klar, dass sie uns nicht abgekauft hatten, dass wir ebenfalls zum ärmeren Volk gehörten. Aber, dass das die Unterkunft war, von der wir gesprochen hatten, hatten sie anscheinend auch nicht erwartet.

Vor uns stand die riesige Ferienresidenz der Familie Park. Das Gebäude glich fast einem Schloss. Die Fassade war mit Stuckatur verziert, an den Gebäudeecken waren verschiedene Skulpturen angebracht. Der Weg bis zum Eingang war links und rechts von seltenen Sträuchern und Bäumen geschmückt. Vereinzelt standen auch hier Skulpturen zur Dekoration.

Als wir das Anwesen betraten fanden wir uns in einer großen Eingangshalle wieder. “Wenn ihr durch den Salon geht, ist auf der linken Seite ein freies Schlafzimmer, wo genügend Platz für euch sein sollte. Die Angestellten habe ich freigestellt, solange ich hier bin, also sollte euch auch niemand stören.”, meinte Hwa und machte sich fluchtartig auf den Weg ins Obergeschoss.

Nachdem mir Yeosang zugenickt hatte und mir somit andeutete, dass es okay für mich war zu gehen, lief ich dem Älteren auch schon nach. Oben fand ich ihn in seinem Schlafgemach am Bett, eingewickelt in etliche Decken, wieder.

Yeosang Sicht
Nachdem Seonghwa blitzartig weg war, kümmerten wir uns um den Riesen namens Mingi. Mir fiel schon auf dem Weg hierher auf wie fürsorglich sich Yunho um ihn kümmerte, doch die sanften und bedachten Berührungen, die die beiden Giganten austauschten, ließen mich nur noch mehr wundern.

Stand Yunho auch auf Männer? Ich hatte ihn zwar noch nie mit einer Frau gemeinsam gesehen, aber erzählt hatte er uns schon einiges. Von Männern war aber nie die Rede. Vielleicht wollte er es uns nicht erzählen, weil es illegal war? Aber er wusste doch, dass wir damit kein Problem hätten, oder?

Der aufstrebende Arzt machte sich daran das Oberteil von Mingi aufzuknöpfen, um seine Stichwunde versorgen zu können, jedoch war das beim Zusehen so unangenehm, dass alle anderen mit mir den Raum verließen.

Nun saß ich hier im Salon, mit den 3 übrig gebliebenen Fremden.

“Wo ist euer Hyung hin verschwunden?”, fragte mich der kleine mit den schwarz-weißen Haaren. “Ich denke er ist schlafen gegangen. Der hat heute ordentlich gebechert.”, scherzte ich, um die Stimmung etwas aufzulockern, was mir auch gelang.

Ich unterhielt mich aufgeregt mit Wooyoung und San. Sie erzählten mir, dass sie nicht von hier waren, sondern nur auf der Durchreise. Mingi und San waren Tischler und Wooyoung war Bäcker. Hongjoong war Buchbinder und hat sich so selbst das Lesen beigebracht.

Hongjoongs Sicht
Als Yeosang uns fragte, von wo wir kamen und was wir hier machten, stieg Panik in mir auf. Würde jetzt auffliegen, dass wir eigentlich Piraten waren? Würden sie uns an die Wachen ausliefern? Das würde uns allen den Kopf kosten.

San reagierte zum Glück schnell und erzählte ihm, von den Berufen die wir früher ausgeübt hatten, als wir noch normale Dorfbewohner waren. Das ließ mich wieder etwas ruhiger werden, aber die Angst bliebt dennoch in meinem Hinterkopf.

Ich wollte mir die Füße vertreten, um auf andere Gedanken zu kommen und stand vom Sofa auf. “Darf ich mich hier einmal umsehen? Ich hab’ noch nie so ein riesiges Anwesen von innen gesehen.”, gab ich ehrlich zu. Lächelnd nickte er und ich begab mich auf Erkundungstour.

Die Gänge waren mit vielen historischen Bildern geschmückt, die in goldenen Rahmen hingen. Neugierig machte ich eine Tür nach der anderen auf und war jedes Mal gespannt welches Zimmer wohl dahinter lag. Über die große Marmortreppe machte ich mich auf den Weg ins Obergeschoss, wo ich leise Stimmen vernahm. Langsam schlich ich mich näher an die Quelle des Gesprächs, um zu lauschen worüber gesprochen wurde.

“Hyung, dir ist bewusst, dass sie nicht die Leute sind, wofür sie sich ausgeben, oder? Sei vorsichtig, wen du in dein Heim lässt.”, sagte der Jüngere besorgt. “Keine Angst, Jong. Für mich ist es eine angenehme Ablenkung, bevor ich auf dem scheiß Ball eine zukünftige Gemahlin finden soll.”

“Ablenkung hin oder her. Was wenn sie dir was Böses wollen? Du kennst sie nicht.”
“Was gibt es schlimmeres, als mit jemanden sein ganzes restliches Leben verbringen zu müssen, den man gar nicht kennt? Sollen sie mir ruhig was antun, dann wär’s zumindest schneller vorbei.”, meinte der Ältere bedrückt.

Vorsichtig klopfte ich an die Tür und wartete bis ich ein leises “Herein” zu hören bekam.

Langsam schritt ich in den Raum und fand Seonghwa in eine Decke am Bett eingekuschelt und Jongho daneben sitzend auf. Als mich der Rosahaarige sah setzte er sich sofort ordentlich hin und legte die Decke zur Seite, so als wollte er nicht, dass ich ihn so sah.

“Ich wollte mich für die Mühen und Umstände bedanken, die ihr auf euch nehmt. Wir wissen das sehr zu schätzen, nur leider können wir das nicht zurückzahlen, wir haben kaum Hab und Gut.”, entschuldigte ich mich mit einer leichten Verbeugung.

“Ach was, Anderen zu helfen ist doch selbstverständlich. Zurückzahlen müsst ihr natürlich auch nichts, wir leben sowieso im Überfluss.”, lächelte mich Seonghwa an. Der Jüngere hingegen verdrehte nur die Augen, stand auf und ging aus dem Zimmer.

Yunhos Sicht
Nachdem ich Mingi gestern noch ordentlich verarztet hatte, schlief ich auf der Couch im Salon vor seinem Zimmer ein. So war ich sofort bei ihm, falls er schmerzen hatte, oder irgendein Notfall vorfiel.

Es war schon recht früh am Morgen als ich ein leises Stöhnen aus dem Nebenraum hörte. Schnell stand ich auf und öffnete die Tür zu Mingis Zimmer. Vor mir fand ich einen halbnackten Riesen, der gerade dabei war, sich sein Oberteil über den Kopf zu ziehen. Anhand seines schmerzverzerrten Gesichts konnte man klar erkennen, dass ihm seine Wunde ordentlich weh tat. Ich eilte ihm zur Hilfe und zog ihm sein Oberteil fertig an.

Unsere Blicke trafen sich und blieben eine Weile aneinanderhängen. Wir waren uns gestern Abend schon etwas nähergekommen, als die anderen den Raum verlassen hatten, um Mingi etwas Ruhe zu gönnen. Als ich ihm seine Wunde verband gab er mir plötzlich einen Kuss auf meine Wange. Ich war davon so überfordert, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte.

Er lächelte mich sanft an: “Danke Yunho. Ohne dich hätte ich wahrscheinlich eine Blutvergiftung bekommen.” “Nichts zu danken, ist doch selbstverständlich.” Unser Gespräch war nebensächlich. Mingi zog mich in seinen Bann und ließ mich nicht los. Mein Blick wanderte zu seinen Lippen und bevor ich mich versah, legte er seine auf meine.

Kein einziger Gedanke hatte mehr Platz in meinem Kopf und ich genoss einfach nur Mingis Nähe.

𝚃𝚛𝚎𝚊𝚜𝚞𝚛𝚎 (𝚂𝚎𝚘𝚗𝚐𝚓𝚘𝚘𝚗𝚐) ☠︎⚣︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt