Falls mein Angreifer vorhatte mich umzubringen, dann tat er oder sie es jedenfalls nicht sofort. Ich wurde einen Meter rückwärts gezerrt und bekam einen Tritt in die linke Kniekehle, sodass ich auf mein Bein stürzte. Die glühend heißen Schmerzen, die daraufhin durch mein rechtes verdrehtes Bein jagten, fühlten sich so furchtbar vertraut an dass ich unmöglich sagen konnte, ob es wieder gesplittert war oder diese Situation mein Trauma von damals reaktivierte.
Mir wurde speiübel und meine Sicht verschwamm in pechschwarz. Der einzige Grund warum mir kein lauter Aufschrei entfuhr war die menschliche Schlinge um meine Kehle, die mir die Luft abdrückte. Neben meinem Ohr hörte ich schweres Atmen: "Na los, durchsuch ihn! Beeil dich!"
"Halt ihn gut fest!", verlangte eine andere Stimme, die der Frau die mich hierher gelockt hatte. Schritte, dann Hände die mich grob und hektisch abtasteten. Eine von beiden Personen riss mir den Rucksack von den Schultern und ich verfolgte blind und stumm, wie er ebenfalls durchwühlt und auf links gedreht wurde. "Das nehmen wir, vielen Dank!", meinte die Betrügerin schließlich, gerade als der Schmerz in meinem System etwas nachließ und die Schwärze sich aus meinem Blickfeld zurückzog. Mein Messer. Durch einen Tränenschleier erkannte ich mein verlässliches Jagdmesser, das jetzt in der Hand der Fremden kreiste. Ohne das würde ich allein nicht weit kommen, ich brauchte es. Aber so musste ich zusehen, wie es in einem großen Seesack verschwand, zusammen mit meinem Klappspaten, Wasser und einem Ersatzoberteil von mir.
Das würde ich mir nicht gefallen lassen! Ich packte den Arm um meinen Hals mit beiden Händen und versuchte, ihn wegzustemmen und unter ihm heraus zu rutschen. Ohne Erfolg, die Klammer war bombenfest und meine Versuche entlockten der Person hinter mir nur ein amüsiertes Schnauben. Und schlimmer noch, die zusätzliche Anstrengung ließ mich beinahe nochmal Sternchen sehen.
"Brauchst du noch etwas?"
"Nee, der Rest ist Müll. Lass uns abhauen!"
Der Druck auf meiner Luftröhre lockerte sich und die Person hinter mir trat gegen meinen Rücken, sodass ich hustend und um Atem ringend flach auf das Straßenpflaster klatschte. Zwei Paar Schuhe die sich entfernten, Stimmen die leiser wurden, unterbrochen von meinem Röcheln und Keuchen. Wie hatte ich nur so furchtbar dumm sein können? Sie hatten mich ausgetrickst wie es im Buche stand. Sie hatten mir alles wichtige weggenommen was ich in der Ödnis zum Überleben brauchte. Und ich war nicht einen Schritt näher an Jannis gekommen...
Enttäuscht von mir selbst drehte ich mich bloß um und blieb auf dem Rücken liegen, auch dann noch als ich mich vom Würgegriff erholt und die Schmerzen in meinem kaputten Bein nachgelassen hatten. Es war zum Glück heil geblieben und nicht gesplittert. Doch selbst wenn-, falls ich die beiden Diebe wie durch ein Wunder wiederfinden sollte, eine Verfolgungsjagd war eh sinnlos. Da hätte ich auch zwei kerngesunde Beine haben können. Sie kannten sich hier viel besser aus und würden mich auf ihren Schleichpfaden schneller abhängen, als ich "Stuttgart" sagen konnte. Ich hatte auf voller Linie versagt und musste das akzeptieren.
Am Himmel über mir schlichen Wolkenfetzen entlang. Zarte Schleier die die Hitze der Sonne unmöglich dämpfen konnten. Ich seufzte, ließ mich gnadenlos von der goldenen Kugel verbrennen und blinzelte erst wieder, als sich ein Schatten über mein Blickfeld schob: "Bist zu spät. Man hat mir schon alles Wertvolle weggenommen."
"Oh. Ich habe nicht vor dich zu bestehlen. Im Gegenteil."
Verwundert kniff ich meine Augen zusammen, um der heiteren Frauenstimme ein Gesicht geben zu können. Braun gebrannt mit leichten Hamsterbacken, vielen Falten, dunklen lockigen Haaren und kräftigen Armen, die sie vor ihrem Körper verschränkt hatte. "Und mach dir nichts draus, die beiden bestehlen jeden."
Ich seufzte. Dass ich nicht ihr einziges Opfer war, machte meine Laune wenn überhaupt nur marginal besser. Die Frau musterte mich weiter: "Irgendwas los oder warum liegst du nur herum?"
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The Wasteland Within
Novela Juvenil"Bei einem Zombie Überfall wäre ich sicher der Erste, der draufgeht." Doch entgegen seiner Überzeugung ist der gehbehinderte Erik auch Monate nach dem Ausbruch noch immer am Leben. Zusammen mit seinem Partner Jannis schlägt er sich jeden Tag tapfer...