Kapitel 7

177 5 0
                                    

Der Kofferraum seines grauen Golfs war peinlich sauber. Kein einziger Krümel lag darin, nur eine graue Decke, ein Erste-Hilfe-Kit, zwei Flaschen Wasser, der besagte Regenschirm und ein Sweatshirt.

Nasse Haarsträhnen hingen mir ins Gesicht, ich blinzelte mir einen Regentropfen aus den Wimpern. Herr Sandner sah mir ins Gesicht. Seines war auch nicht trocken geblieben. Bei meinem Anblick begann er zu schmunzeln. Bestimmt sah ich aus wie ein begossener Pudel.

"Na los, steig ein.", meinte er sanft zu mir. Ich legte den Kopf verwirrt schief. Er seufzte. "Ich bringe dich nach Hause. Der Regenschirm hilft dir auch nicht mehr viel."

Mein Bauch fing an zu kribbeln. Ich ging seinem Vorschlag schließlich nach, bedankte mich leise bei ihm, setzte mich erneut dem Regen aus und schlüpfte auf den Beifahrersitz. Herr Sandner schlug den Kofferraum zu und setzte sich dann eilig neben mich auf den Fahrersitz.

"Wo soll ich dich absetzen?", wollte er wissen und startete den Motor, damit die Sitzheizung ihren Sinn erfüllen konnte. Man sah kaum nach draußen, so stark regnete es. Deswegen konnte auch niemand sehen, dass ich zu meinem Lehrer ins Auto gestiegen war.

Ich nannte ihm die Adresse und schwieg anschließend, bis wir in den Stadtteil kamen, in dem North wohnte. Herr Sandner parkte zwei oder drei Häuser früher und stellte den Motor ab.

"Ich möchte, dass du weißt, dass ich für dich da bin, Emilie. Wenn du nach einer Person suchst, der du dir anvertrauen kannst, kann ich diese Person sein. Wenn du möchtest. Du wirkst etwas verloren.", begann er vorsichtig.

Ich lehnte den Kopf nach hinten und schloss müde die Augen.

"Es ist kompliziert. Aber Sie müssen sich keine Sorgen machen. Es ist nur schwer zu erklären - sowas wie... Liebeskummer. Den überleben die meisten...", erwiderte ich schließlich.

Herr Sandner hörte mir aufmerksam zu und ließ seine Hände vom Lenkrad in seinen Schoß sinken. Seine Strähnen waren durch die Nässe des Regens noch dunkler als sonst und umrahmten sein Gesicht wie der Rahmen eines Kunstwerkes.

"Ich nehme an, du möchtest mit deinem Lehrer nicht über Liebeskummer sprechen, oder?", meinte er dann leicht neckend. Ich grinste. "Nein. Nicht wirklich.", erwiderte ich.

Herr Sandner wirkte nicht verletzt durch meine Worte. Ich sah ihn an und fragte mich, ob wirklich nur Besorgnis der Grund war, warum er mich nach Hause gefahren hatte.

Mir fiel plötzlich wieder der Moment vor den Sommerferien ein, als ich ihn nach der letzten Stunde nochmals in der Bibliothek getroffen hatte. Wie lässig er sich an die Wand gelehnt und mit mir gesprochen hatte. Ich verwarf den Gedanken wieder. Nein. Herr Sandner machte sich lediglich Sorgen um eine seiner Schülerinnen. Keine weiteren Hintergedanken waren hier mit im Spiel.

"Danke, dass Sie mich nach Hause gefahren haben.", sagte ich dann in einem leiseren und ernsteren Tonfall.

"Keine Ursache. Bei Liebeskummer braucht man jede Unterstützung, die man bekommen kann. Egal, wie die aussieht. Manchmal fühlt es sich so an, als wäre das Leben komplett gegen einen, sobald es einmal schief geht."

Ich lächelte leicht und sah hinunter auf meine nassen Boots. Er hatte Recht.

Plötzlich berührte Herr Sandner mein Kinn mit seiner Hand und drehte so meinen Kopf zu ihm, sodass ich ihn ansehen musste.

"Es wird besser. Versprochen.", sagte er und kurz bevor er - oder ich - etwas Unüberlegtes machte, öffnete ich die Beifahrertür. Das Licht ging an.

"Ich weiß. Bis morgen Herr Sandner.", sagte ich fröhlich und schloss die Autotür hinter mir als ich ausgestiegen war. Schnell rannte ich durch den Regen zu meiner Haustür und sperrte auf. Sein Auto war schon weg, als ich mich dort umdrehte. Ich spürte immer noch seine zärtliche Hand an meinem Kinn.

-•-

"Hey Kleines."

North saß am Esstisch an seinem Laptop und sah nicht auf, als ich vom Flur ins Esszimmer stolperte. In seiner Hand hielt er einen Bleistift, der über einem kleinen Notizbuch schwebte.

"Hi. Es regnet.", sagte ich dümmlich. Das brachte North dazu aufzusehen. Er sah meine nassen Haare und meine feuchte Jeans und grinste.

"Geh lieber heiß duschen, bevor du dich erkältest. Wieso hast du nicht angerufen? Ich hätte dich abgeholt."

Ich stutzte und hielt inne in meiner Bewegung nach oben zu gehen. "Du hättest mich von der Schule abgeholt?", fragte ich leise. North sah mich an. "Klar."

Ich lächelte leicht, als mir erneut bewusst wurde, dass North wirklich versuchte ein Dad für mich zu sein. "Danke." Dann verschwand ich im Badezimmer, wo ich unter der Dusche darüber nachdachte, was gerade im Auto meines Lehrers passiert war.

Man konnte es drehen wie man wollte - es lief mal wieder darauf hinaus, dass meine Hand wie automatisch zwischen meine nackten Beine glitt und ich mir einen Orgasmus erlaubte. Hinterher fühlte ich mich beinahe schuldig. Fühlte ich mich etwa zu Herr Sandner hingezogen?

Schnell entfernte ich meine Hand von meiner Körpermitte und fing an stattdessen meine Beine zu rasieren, damit ich beschäftigt war und nicht auf die Idee kam nochmal an meiner Perle zu reiben.

Plötzlich konnte ich nicht mehr aufhören, daran zu denken wie Herr Sandner mein Kinn berührt hatte. Zärtlich und sanft. Henry war nicht brutal, aber bestimmend. Man spürte bei ihm, dass er etwas verlangte. Das war anders bei Herr Sandner.

Ich schnitt mich im Gedankengang am Knöchel und fluchte über mein Ungeschick. Es blutete, ich spülte Wasser darüber. Rosa gefärbtes Wasser verschwand im Abfluss. Verdammt. Ich war fast fertig gewesen mit der Rasur. Schnell verließ ich die Dusche und trocknete mich ab um in den Schränken nach einem Pflaster zu suchen. Währenddessen presste ich einen Waschlappen gegen meinen Fuß.

Es tat fast nicht weh, hörte aber nicht auf zu bluten. Umständlich zog ich mir eine Jogginghose und ein Shirt an, dann ging ich nach unten.

"Holst du mir kurz ein Pflaster?", fragte ich North auf halben Weg. Der stand sofort vom Tisch auf und kramte in einer Schublade nach den Pflastern.

Ich setzte mich auf die Treppe, damit ich nicht auf einem Bein stehen musste wie ein Flamingo, während North leise fluchte und nach wenigen Momenten doch noch ein Pflaster fand. Er stellte sich vor mich und reichte es mir, doch ich streckte nur meinen Fuß aus.

North schmunzelte und verstand die Botschaft, die ich ihm dadurch mitteilte.

Er ging in die Hocke und versorgte den kleinen Schnitt. Es brannte kurz. Doch er stellte sich dabei geschickter an, als ich erwartet hatte.

"Ich geb dir keinen Kuss auf den Fuß. So weit sind wir noch nicht.", meinte er dann in einem neckenden Tonfall. Ich musste kurz lachen. "Na schön. Ich mache eine Ausnahme. Danke."

Dann verschwand ich in meinem Zimmer und machte es mir gemütlich für den Abend.

Liquor On Your Lips | Sugardaddy 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt