𝐈𝐭𝐚𝐥𝐢𝐞𝐧, 𝐅𝐥𝐨𝐫𝐞𝐧𝐳, 𝐒𝐨𝐦𝐦𝐞𝐫 𝟏𝟗𝟖𝟓.
Nachdem die reisende Schriftstellerin Martha sich im letzten Jahr am Rande Florenz' niederliess, merkte sie schnell, dass außer der fallenden Aprikosen, tratschender Nachbarn und unausstehlicher...
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Ich konnte es kaum fassen, aber Raffaele und ich wurden tatsächlich Freunde. Na gut, ›Freunde‹ war ein wenig übertrieben. Vielleicht ›Bekannte‹. Immerhin sprach er anfangs nur mit mir, wenn es notwendig war. Er mied meinen Blick, war dauernd angespannt und um Gottes Willen – Er verhinderte bloß jede Berührung. Aber das war für mich in Ordnung, ich war voll und ganz optimistisch. Ich kriegte jeden zum Schmelzen, auch diesen riesigen Eisklotz.
Schon eigenartig, dass er mir davor nie über den Weg gelaufen war, außer das eine Mal in der Straßenbahn. Ich denke mal, wir alle wurden wachsamer gegenüber Loretta nach ihrem Herzinfarkt im Mai. Zum Glück hatte sie sich schnell wieder erholt.
Was Raffaele und ich auf jeden Fall gemeinsam hatten, war unsere Liebe zu ihr. Auch wenn sie uns ständig als Dummerchen oder Idioten bezeichnete. Und ich hatte die Befürchtung, dass sie uns mehr Arbeit aufschmierte als nötig. Aber so war sie nun mal und das mochte ich auf eine sonderbare Weise an ihr.
Wir erledigten gemeinsam die Einkäufe für Loretta oder wechselten uns ab, begleiteten sie in x-beliebige Lokale und leisteten ihr Gesellschaft.
Raffaele lieferte mir nebenbei die Blumensträuße. Mittlerweile erhielt ich fast jede Woche einen.
Mit der Zeit hatten wir uns an den anderen gewöhnt. Was mich allerdings noch störte, war, dass Raffaele sich ausschließlich auf italienisch unterhielt. Ich wurde daher etliche Male aus Gesprächen ausgeschlossen. Manchmal fragte ich mich, ob er ein persönliches Problem mit mir hatte.
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Auf unseren Abenteuern machten sich dauernd Frauen an ihn ran. Mir fiel auf, dass er absolut nie mit mir flirtete. Er war wirklich verdammt gut im Flirten. Ich im Gegenteil erkannte nicht im Geringsten, ob sich jemand für mich interessierte. Ob ich mal Kaffee trinken gehen möchte? – Oh, sorry, Koffein raubt mir immer den Schlaf... Avete voglia di uscire? – Sorry, ich kann kein italienisch...
Jedes Mal, wenn ich Raffaele aus dem Augenwinkel erwischte, wie er die Backware, den Schmuckstand oder einen Fotoautomaten angrinste und die Ohren spitzte, wurde mir klar, dass der Fremde sich an mich ranmachte und ich katastrophal versagte. Und das Ganze Raffaele unheimlich belustigte.
Ich würde zwar von mir behaupten, dass ich ein sehr ausgeglichener und lieber Mensch war, aber in diesen besagten Momenten trat ich Raffaele auf den Fuß oder ramme ihm meinen Ellenbogen in die Seite... Aus Versehen natürlich.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt spürte ich den Übergang von ›Bekannten‹ zu ›Freunde‹. Ich hatte das Gefühl, er würde auftauen. Das zeigte sich, indem er Spaß daran hatte, mich zu ärgern. Ich erwiderte das Vergnügen.
Er reichte mir nicht die Sachen, die ganz oben auf den Regalen standen und ließ mich mit meiner Größe kämpfen.
Ich entdeckte, dass er kitzelig war und nutzte es zu meinem Vorteil.
Er behauptete an der Kasse ich sei siebzehn, wenn ich meinen Ausweis vergessen hatte, damit ich mir keinen Alkohol kaufen konnte.
Ich versteckte seine Bleistifte, wenn er abgelenkt war.
Er entdeckte leider, dass ich ebenso kitzelig war.
Ich brachte die Anordnung des Bestecks seines Essens durcheinander. Er zerzauste im Gegenzug meine Locken. Ich warf Erbsen auf ihn, immerhin konnte Loretta ja nichts sehen. Er lästerte auf italienisch mit Loretta über mich.
Ich klebte Aufkleber auf seinen Hintern.
Er versalzte meine Gerichte und schob es auf mich. Ich verdrückte Lorettas Pralinen und schob es auf ihn. Loretta versteckte aus Rache seine Klamotten als er bei ihr duschte. Ich schlug bei ihr ein und lachte ihn aus als er nahezu nackt – abgesehen von einem mickrigen Handtuch – und wütend durch das Haus marschierte. Er fand seine Klamotten und trug mich mitsamt Kleid und Schuhen in dieselbe Dusche.
Ich entwickelte ein loses Mundwerk und verfluchte ihn grinsend bei jeder Gelegenheit.
Er schubste mich in einen Brunnen. Ich schubste ihn in Lorettas Teich.
Er schrieb meinen Namen auf den Kärtchen der Blumensträuße falsch.
Ich hetzte eine von Lorettas Freundinnen auf ihn, der den Altersunterschied nichts ausmachte.
Er zerstörte meine Verabredungsversuche, als ich endlich zu Verstehen begann, wann ein Mann mit mir flirtete. Ich gab mich als seine Freundin aus, wenn er kurz davor war, mit einer Frau rumzumachen. Im Gegenzug spielte er mit, zog mich meistens an sich ran, nannte mich »principessa« und verlieh dem Ganzen an Ausdruck, indem seine Hand auf meinen Hintern landete und einen Aufkleber hinterließ.
Manchmal erwischte ich ihn dabei, wie er mich beobachtete. Meistens lief ich rot an, wenn er »principessa« in seiner Schlafzimmerstimme murmelte. Oftmals legte er sich Kissen auf seinen Schoß, wenn er mich beobachtete. Ziemlich häufig drehte ich ihm den Rücken zu, um mein Schmunzeln zu verbergen. Gelegentlich stelle ich fest, dass er länger innehielt, wenn er mich berührte, als erforderlich.
Wir fingen sogar an uns regelmäßig zu sehen ohne jeglichen Zusammenhang zu Loretta. Ich entführte ihn in das Museum ›Galleria dell'Accademia‹. Er entführt mich mit seinem alten Auto an den florentinischen Strand.
Nachdem er so tat als hätte ich Früchte von dem Laden seines Onkels eingesteckt, stahl ich seinen Skizzenblock aus seiner Tasche. Ich entdeckte Zeichnungen über Zeichnungen von... mir.
Der Tag war der erste in einer langen Weile, an dem er kalt war.
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Was glaubt ihr, wie Raffaele reagieren wird?
Bevor jetzt jemand ankommt und mir sagen will, dass das Kapitel scheiße ist, wegen der ständigen Wiederholungen von den Satzanfängen, das ist Absicht. Übrigens bricht es mir das Herz, dass ich Ereignisse zusammenfassen muss anstatt sie detailreich zu schreiben, aber das gehört nun mal zu der Art meiner Kurzgeschichte.