Wildgewordener Stier

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Sobald sich jeder wieder beruhigthatte, steuerte Shanks seine Kajüte an. Ben blieb noch draußen beimir, um seine Zigarette fertig zu rauchen, die er bei der ganzenAktion nicht losgelassen hatte. Meinen Respekt hatte er definitiv!


„Sag mal, du hast was vonGötterkünsten geredet. Was genau soll das sein?", nutzteer meine Anwesenheit und nahm das Thema von meinem Gespräch mitShanks auf. Ich zuckte etwas mit den Schultern und lehnte mich gegeneine der hölzernen Laternen, welche auch am Pier aufgestellt wurden.„Schwer zu erklären, aber es gibt drei davon. Wobei zwei durchTraining gut zu beherrschen sind und eine nur sehr selten vorkommt.Man muss die Veranlagung dazu haben. Das ist..." „Königshaki.Klingt danach. Der Benutzer kann seine Aura auf die umstehendenPersonen ausbreiten und diese ohnmächtig werden lassen oder rechteinschüchtern. Richtig?", ergänzte Ben. Ich runzelte die Stirn.„Ja. Exakt. Woher...?" Fragend sah ich ihn an. Lächelnd nickteer in die Richtung, wo Shanks noch gestanden war.


„Das nennt man bei uns und in derRest der Welt Königshaki. Shanks hat diese Veranlagung undkann geschätzte 1.000 Mann gleichzeitig in die Bewusstlosigkeitschicken." Ich blinzelte. Mein Mund öffnete sich, bevor er sichwieder schloss. Fassungslosigkeit nahm mir die Fähigkeit zu sprechenund ich starrte Ben einfach nur mit großen, runden Augen an. Ernickte, um meine stumme Frage zu bestätigen. „Von Haki gibt esdrei Arten. Das Rüstungshaki, mit dem du deinen Körper verstärkenkannst, dass Observationshaki mit dem du Kugeln oder Angriffeausweichen kannst und Königshaki. Wobei richtig trainiert kannst dunoch viel mehr damit anstellen." Ich nickte erneut. „Ja... dasentspricht exakt den Götterkünsten. Einer von den altenLehrmeistern konnte für ein paar Sekunden in die Zukunft sehen.Ragnars früherer Lehrmeister konnte ganze Bäume spalten, ohne siezu berühren. Das müsste das offensive Rüstungshaki sein."„Genau. Wie gut bist du darin? Wenn dein Lehrmeister es kann,wurdest du bestimmt darin trainiert." Ich versuchte Bensneugierigem Blick zu entgehen und starrte in eine andere Richtung.


Unruhig verlagerte ich mein Gewicht voneinem Fuß auf den anderen und seufzte irgendwann. „Ich bin nichtwirklich gut darin. Ich hab nicht so das Talent dafür ... und haboft das Training geschwänzt. Ich war immer froh, wenn ich die Hälfteder geworfenen Steine oder Angriffe mit verbundenen Augen ausweichenkonnte. Ich hab mich wie ein Boxsack gefühlt..." Ich dachte, dassich vielleicht ein wenig Mitleid von Ben kam, doch Fehlanzeige. Erzeigte kein Mitleid, eher eine Spur Schadenfreude. Schalk blitzte inseinen Augen auf, als er mir kurz auf den Rücken schlug. „WenigerTraining schwänzen und du wärst schnell besser geworden. Gut, dassich das weiß, dann setze ich dich mit auf den Plan!" „Och bittenicht!!" Mein Quengeln brachte nichts.


Zufrieden lief Ben davon, in den Bauchder Red Force. Ich derweil verzog das Gesicht und seufzteschwer. Ich hatte keine Lust auf das Training! Es war zwar gut zuwissen, dass es die Götterkünste auch in der Rest der Welt untereinem anderen Namen gab, aber das musste ich echt nicht beherrschen!

Leider kannte ich mittlerweile auch Benrecht gut und konnte ihn gut einschätzen. Wenn ich versuchte zuschwänzen, würde er mich finden und an meinen Ohren zum Trainingzerren. Großartig. Wirklich großartig!


Ich hasste es!


Leider konnte ich rein gar nichtsdagegen tun. Deshalb entschied ich mich irgendwann für einenkleinen Spaziergang durch die Stadt, um mich auf andere Gedanken zubringen und meine aufkommende Langeweile zu vertreiben.


Mein Weg führte mich zwangsweise zumMarktplatz, auf welchem die Vorbereitungen für das Erntefest imvollen Gange waren. Die Kirche wurde über und über mit Girlandenund Dekoration geschmückt, die umliegenden Häuser ebenso und aufeinem freien Feld wurde sogar eine Tanzfläche errichtet. An dereinen Seite fand eine große Theke ihren Platz, schon in Griffweitestand ein beladener Wagen mit allerlei Fässern, höchstwahrscheinlichmit dem Tartas-Bier befüllt. Sehr zu meiner Verwunderungstanden etwas abseits der Theke, eingesperrt von einem Zaun, ungefährein dutzend Kühe. Verwirrt näherte ich mich den Tieren. Dabeibemerkte ich die Nummern, die sich auf den Kühen befanden. Es standimmer jeweils eine Nummer auf einer Kuh, jedoch machte dieReihenfolge gar keinen Sinn.


Ich stoppte, als ich am Gatter ankamund lehnte mich etwas darüber, um eine der friedlich dösigen Tierezu streicheln. Die Kuh muhte zufrieden, streckte ihren Kopf entgegenund bald kraulte ich nicht nur ihren Kopf, sondern auch ihren Hals.Sobald die zwei Kühe daneben Wind davon bekamen, drängten sie sichzu mir und ich versuchte die drei gleichzeitig zu kraulen. Als ichdas nicht mehr konnte und sie sich ungeduldig wegdrängten, versuchteich es anders. Ich hatte neben dem Gehege einen großzügigen Haufenmit Heu entdeckt und steuerte nun darauf zu.


Jedoch wurde ich vorher von der altenDame vom Souvenir-Laden abgefangen. Freudestrahlend lief sie auf michzu und hängte mir eine Blumenkette um den Hals. „Oh danke!", ichstrahlte sie ebenso an, berührte die fremden Savannenblumen underntete ein freudiges Kichern. „Gerne, gerne! Haben Sie sich schoneine Kuh fürs Kuhreiten ausgesucht? Die Männer in der Stadt habenimmer eine gewisse Glücksnummer, wissen Sie. Die restlichen Kühemüssten noch auf dem Weg sein, deshalb fehlen ein paar der Zahlen."Jetzt ging mir ein Licht auf und ich nickte. Spielte mit, dass diealte Frau wohl auch nicht bemerkt hatte, dass ich eigentlich eineFrau war. „Oh, natürlich! Ich glaube, ich entscheide mich für die12!" Sie grinste und nickte. „Ich wünsche Ihnen viel Glückmorgen!" Dann watschelte sie davon.


Ich blieb zurück, hörte dasverzweifelte Muh hinter mir und wandte mich zum Heuhaufen. DieHeugabel steckte noch darin, deshalb zog ich sie mit einem Schwungheraus und pflückte dann einen großen Haufen des Heus aus demHaufen und trug ihn zu den wartenden Kühen. Freudestrahlendtummelten sie sich um das Heu, sodass ich mehrere Male hin und herlief, bis sie alle zufrieden schmatzend dastanden.


Ich war ebenso zufrieden, bis ichhinter mir ein aggressives Muh hörte. Verwirrt drehte ich mich um.Ich riss meine Augen auf, als ich auf der anderen Seite des Platzeseinen ausgewachsenen, schwarzen Stier entdeckte. Das Ungetüm starrtemich direkt an, schnaufte erneut und zerrte an den Fesseln der fünfstarken Männer, die den Stier hielten. Ich trat zwei Schritte zurückund stolperte gegen das Gatter der anderen Kühe. Sobald diese hintermir muhten, stemmte sich der Stier stärker gegen die Seile, bis dasSeil von zwei der Männer aus deren Händen glitt und das Vieh damitfreien Spielraum hatte.


Der Stier rannte los. Ich schrie auf.


Ich nahm die Beine in die Hand undrannte weg. Zuerst dachte ich, dass der Bulle nur seine Kühebeschützen wollte und zufrieden war, sobald ich vom Gehege weg war.Doch weit gefehlt. Als ich mich zum gucken umdrehte, steuerte dasriesige Tier mit den zwei großen Hörern direkt auf mich zu. Ichschluckte meinen Schrei herunter, hüpfte über herumliegende Bretterund wich panisch den Wagen mit dem Tartas-Bier Fässern aus. Ichhörte es hinter mir krachen, genauso wie die Anwohner schrien undeinige panisch versuchten den Stier wieder unter Kontrolle zubekommen. Ohne Gnade rammte das Vieh den Wagen mit den Fässern,verteilte den Alkohol meterweit und verfolgte mich weiter. Meinrationales Gehirn schaltete aus. Ich steuerte das an, was für micham sinnvollsten war: Den Hafen.


Spätestens wenn ich ins Meer sprang,konnte er mich nicht mehr verfolgen. Das war zumindest der Plan, bisich über etwas stolperte und mit der Nase voran auf den Boden fiel.Fluchend versuchte ich mich zurück auf meine Füße zu kämpfen,allerdings war der Stier schon viel zu nah. In meiner Panikverwandelte ich mich zwanghaft in einen Schneehasen. Meine Knochenschmerzten fürchterlich durch die plötzliche Verwandlung und ichquietschte. Für mehrere Sekunden war mein Körper ganz starr,während der Boden vibrierte und mir signalisierte, dass der rasendeStier bereits direkt hinter mir war. Tränen kamen aus meinenHasenaugen, sobald ich realisierte, dass ich keine Möglichkeit mehrhatte, dem Vieh zu entkommen. Ich sah mein Leben schon an mirvorbeiziehen, doch bevor er mich erreichen konnte und somit zu Todetrampelte, pflückte mich jemand von der Straße und drückte mich ansich.


Eine schwere Aura rollte über denPlatz und zielte auf den Stier. Wenige Zentimeter vor mir und derPerson, welche sich als Shanks herausstellte, hielt er schnaufend undmit einer kleinen Staubwolke an. Ich spürte die Götterkunst – dasKönigshaki – sehr deutlich. Genauso wie der Stier. Nach zweiweiteren Atemzügen kippte das Tier bewusstlos zur Seite weg.

Nousagi steht für Hase [One Piece]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt