Graue Augen

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Sie fühlte sich wie in einer Blase. So, als würden alle Eindrücke nur teilweise zu ihr durchdringen.
Geräusche wirkten wie durch Watte gedämpft, und sie hatte das Gefühl, ihr Sichtfeld sei eingeschränkt, fast so, als blicke sie durch einen Tunnel. Nur das, was sie direkt fokussierte, war tatsächlich scharf.
Gestern war sie auf dem kalten Steinfußenboden aufgewacht, während der junge Mann mit den Silberaugen auf sie einredete.
Mittlerweile wusste sie, dass sie in Hogwarts gewesen war.
Und sie verstand auch, dass ihre Wahrnehmung nicht tatsächlich so stark getrübt war.
Es war ein Abwehrmechanismus ihres Körpers, da „ihr gerade alles zu viel sei“, hatten die Heiler gesagt.
Hermine hatte das Gefühl, ununterbrochen seien Heiler um sie herum, seit dem man sie gestern hierher gebracht hatte. Selbst in der Nacht hatte man ihre Werte überprüft.
Harry und Ron waren viel bei ihr, und es gab ihr etwas Sicherheit.
Die Schlacht in Hogwarts war gewonnen worden, erzählte man ihr, und sie hätte erleichtert sein müssen. Voldemort war besiegt.
Aber irgendwie war sie immer noch voller Angst.
Sie war schwer verletzt worden, erklärte man ihr.
Herumfliegende Mauerstücke, ausgelöst durch eine Explosion, hatten sie getroffen, auch am Kopf.
„Wir sollten ihr alle jetzt etwas Ruhe gönnen“, hörte sie den Heiler schließlich sagen, und Harry und Ron verabschiedeten sich liebevoll von ihr.
Und dann war sie endlich alleine.
Hermine rutschte tief unter die Decke des fremden Bettes.
Sie lag im Sankt Mungos Hospital.
Wie lange sie hier bleiben musste, hatte man ihr nicht gesagt.
Sie schloss die Augen.
Glücklicherweise hatte sie keine Schmerzen mehr, aber ihr war klar, dass dies nicht daran lag, dass ihr Körper bereits geheilt war, sondern daran, dass sie Tränke gegen die Schmerzen bekommen hatte.
Insbesondere ihr Kopf hatte ihr schwer zu schaffen gemacht. Er schmerzte und dröhnte und fühlte sich irgendwie fremd an.
Hermine seufzte.
Es war alles so verwirrend. Und es machte ihr Angst, dass sie nicht verstand, was vor sich ging.
Allerdings tauchten, wie jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, der Blick zweier mondfarbener Augen in ihrem Geist auf.
Bisher hatte sie sich nicht getraut, nach dem Jungen mit den grauen Augen zu fragen.
Draco Malfoy.
Er hatte sich um sie gesorgt. Sie konnte es immer noch nicht fassen.
Hermine driftete hinüber in einen unruhigen Schlaf.


Als sie wieder erwachte, fühlte sie sich um einiges wacher als vorher.
Sie blinzelte, und an der Helligkeit im Zimmer meinte sie ablesen zu können, dass sie gestern den ganzen restlichen Tag und die darauffolgende Nacht verschlafen hatte.
Gerade, als sie sich etwas im Bett aufgesetzt hatte, klopfte es flüchtig an der Tür, ehe diese geöffnet wurde.
Eine Pflegerin betrat den Raum, ein Tablett vor sich schwebend.
„Guten Morgen, Miss Granger“, kam es höflich von ihr. „Die Überwachungsmagie hat gemeldet, dass sie wach geworden sind. Ich bringe Ihnen Ihr Frühstück und dann wird gleich ein Heiler nach Ihnen sehen.“
Hermine beobachtete stirnrunzelnd, wie die Pflegerin das Tablett neben ihr abstellte.
„Möchten Sie gleich essen oder müssen Sie erst das Bad nutzen?“
„Ich... müsste tatsächlich einmal ins Bad“, bestätigte Hermine.
Unter den wachsamen Blicken der Pflegerin stand sie vorsichtig auf – sie trug eine Art Nachthemd, wie sie feststellte – und verschwand für ein paar Minuten im Bad, um die Toilette zu nutzen und sich etwas frisch zu machen.
Sie war etwas wackelig auf den Beinen, auch schmerzten die Blessuren an ihrem Körper wieder.
Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass sie aussah wie eine wandelnde Katastrophe.
Blass, mit Ringen unter den Augen und eingefallenen Wangen.
Als sie das Zimmer erneut betrat, war die Pflegerin noch da.
Hermine setzte sich auf den Bettrand, um zu essen, zögerte aber noch.
„Haben Sie keinen Hunger?“, fragte die Pflegerin fürsorglich.
„Doch“, antwortete Hermine.
„Gut, ich lasse Sie in Ruhe essen. Die Heiler werden Sie gleich aufsuchen.“
„Darf ich noch etwas fragen?“
Die Pflegerin nickte freundlich.
„Wo sind... meine Freunde? Harry und Ron?“
„Oh, Mr Potter und Mr Weasley waren bis gestern spät in die Nacht hier und heute morgen haben Sie sofort wieder nach Ihnen gesehen. Sie sind vorhin erst ins Besuchercafé gegangen. Es wollten auch noch weitere Personen Sie besuchen kommen, aber die Heiler haben vorerst davon abgeraten.“
Beruhigt nickte Hermine und die Pflegerin ließ sie alleine.


Those Eyes (Dramione Short Story) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt