Nur ein Abendessen

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Etwas nervös zuppelte Hermine am Ärmel ihre Kleides herum.
Sie hatte sich extra für das heutige Abendessen im Herrenhaus der Malfoys ein Neues gekauft. Es war dunkelgrün, hatte lange Ärmel, einen hohen Kragen und war kurz geschnitten, allerdings bei Weitem nicht unanständig kurz, es reichte Hermine bis knapp über die Knie.
Sie hatte sich dazu zu etwas schickeren, schwarzen Pumps mit aufgenähten Schleifen und leichtem Absatz entschieden.
An ihren Haaren hatte sie eine Stunde lang herumprobiert, war immer unzufrieden gewesen und hatte sie schließlich einfach offen gelassen. Auch auf Schmuck hatte sie verzichtet, abgesehen von kleinen Ohrsteckern mit grünen, funkelnden Steinen.
Sie hoffte, so angemessen zurecht gemacht zu sein und zwar schick, aber nicht zu aufgetakelt zu wirken. Sie hatte nämlich absolut keine Ahnung, wie ein Abendessen bei den Malfoys aussehen könnte. Bereits die „Teestunde“ mit Narzissa war sehr steif gewesen und das Porzellan, das die Hausherrin dafür aufgefahren hatte, war sicher so teuer gewesen, dass Hermine zwei oder drei ihrer Monatsmieten davon hätte bezahlen können.
Sie wurde von Narzissa freudig im Kaminzimmer begrüßt, wohin eine Elfe Hermine geleitet hatte.
Tatsächlich zog Dracos Mutter sie in eine flüchtige Umarmung.
„Sie sehen hinreißend aus, meine Liebe“, sagte sie dazu und klang merkwürdigerweise sogar ehrlich dabei. Und dann, nachdem sie sich wieder gelöst hatte, an die Elfe gewandt: „Hol den jungen Master, bitte.“
Eine Verbeugung und ein leises Ploppen und die Hauselfe war verschwunden.
„Es geht ihnen gut hier, wissen Sie“, sagte Narzissa, und erst da wurde Hermine bewusst, wie sehr sie die Hauselfe angestarrt hatte. „Sie wollen keine Bezahlung, obwohl ich es ihnen angeboten habe, und auf meinen Vorschlag hin, sie freizulassen, sind sie regelrecht zusammengebrochen. Aber ich konnte sie überzeugen, Schichten zu verabreden, so dass jede mal frei hat.“
Entgeistert starrte Hermine sie an.
„Er hat mir davon erzählt, wissen Sie“, lächelte Narzissa. „Von Ihrem Bund für Elfenrechte. Ich gebe zu, die Idee dahinter war erstmal befremdlich für mich, aber ich habe darüber nachgedacht und mich ein wenig mit unseren Hauselfen unterhalten. Früher wäre das undenkbar für mich gewesen, bitte verzeihen Sie dies. Aber nun habe ich festgestellt, dass diese Wesen tatsächlich kleine Individuen sind. Möchten Sie sich schon einmal setzen?“
Mit einer eleganten Bewegung deutete Narzissa auf den gedeckten Tisch.
„Ähm... Gerne. Aber sagen Sie, wer hat Ihnen davon erzählt?“
Narzissa lächelte.
„Na, Draco natürlich“, erklärte sie, als sei es das Offensichtlichste der Welt.
Ehe Hermine ihre Verblüffung überwinden und sie irgendwie reagieren konnte, waren Schritte zu hören.
Draco betrat das Kaminzimmer.
Sie wusste nicht, warum, aber irgendwie hatte sie erwartet, dass er aus Prinzip nicht kommen würde  oder wenn, dann bewusst in unpassender Kleidung, oder dass er durch irgendetwas provozieren würde, denn schließlich hatte er bei Flourish and Blotts sehr deutlich gezeigt, dass er nicht viel davon hielt, dass Hermine kam.
Aber all das war nicht der Fall.
Sein Blick war gesenkt, denn er schloss gerade noch mit einer Hand den Knopf seines Hemdsärmels.
Es war ein weißes Hemd, kein schwarzes, wie sie eigentlich erwartet hatte, und er trug es ohne Krawatte, der oberste Knopf war geöffnet. Passend dazu eine dunkelgraue, schicke Hose und seine typischen Schuhe.
Als er den Blick hob, stockten seine Schritte. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass Hermine bereits da war.
Seine Reaktion war verblüffend:
Sein Blick huschte an ihr hinab und wieder hinauf, zweimal, und deutlich sah sie, wie sein Kiefer sich lockerte und seine Lippen sich kurz öffneten – ehe er abrupt den Blick abwandte und einen vollkommen neutralen Gesichtsausdruck aufsetzte.
„Ah! Draco! Sehr schön. Wir wollten uns gerade setzen“, sagte Narzissa.
Zu Hermines Überraschung kam Draco tatsächlich auf sie zu.
„Granger“, sagte er knapp, wie eine Begrüßung, und hielt ihr die Hand hin.
Überrumpelt zögerte Hermine eine Sekunde, ehe sie die angebotene Hand nahm.
Warm, groß, weich... und irgendwie sehnig. Niemals hätte sie gedacht, dass sich Draco Malfoys Hand in ihrer so gut anfühlen würde.
Sie starrte ihm ins Gesicht, während er den Blick auf einen Punkt über ihrer Schulter gerichtet hatte.
Vollkommen angemessen und anständig schüttelte er ihr die Hand, wobei sie aber ein seltsames Zittern seiner Hand zu bemerken glaubte.
Was aber eindeutig war, das war das Zusammenziehen und Flattern in ihrer Magengegend.
Und mit untrüglicher Sicherheit begriff sie, was mit ihr geschah.
Sie fühlte sich, ob sie wollte oder nicht, zu Draco Malfoy hingezogen.
Die Stühle rückten von alleine vom Tisch weg, als sie sich näherten, und sie nahmen Platz, Narzissa am Kopfende, Hermine und Draco sich gegenüber.
Und dann begann der Abend.


Those Eyes (Dramione Short Story) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt