Kapitel 16
Ich schwamm am Riff entlang, versuchte meine Gedanken von dem Gespräch mit meiner Mutter abzulenken, wenn auch ziemlich erfolgslos.
Sie hatte mir endlich alles gestanden.
Und ich wusste nicht mehr, ob die Wahrheit tatsächlich so gut zu ertragen war, wie die Ungewissheit, die mich all die Jahre über angetrieben hatte.
Ein Papageienfisch zog gemächlich an mir vorbei, vertrieb eine kleine Gruppe Clownfische.
Noch dazu wusste ich nicht, wo mein Weg mich nun hin führte.
Dukan war in See gestochen mit der Absicht mich zu finden - ein unmögliches Unterfangen, wenn man bedachte, dass er die „Black Pearl" suchte.
Es konnte also sehr lange dauern, bis der Wind die „Feuertiger" wieder nach Tortuga wehte.
Noch dazu kam die Angelegenheit mit diesem Beckett, der sich anmaßte die Meere beherrschen zu wollen.
Und tatsächlich hatte er es geschafft Jones in seine Knechtschaft zu zwingen.
Mit der „Flying Dutchman" unter seinem Kommando war er so gut wie unaufhaltbar. Denn es gab nur ein Schiff, welches es mit der „Dutchman" aufnehmen konnte und dieses war vor kurzem vom Kranken in die unbestimmten Tiefen gezogen worden.
Ich musste also eine Entscheidung treffen - wollte ich hier auf mein eigenes Schiff warten um dann gegen Beckett anzutreten, oder schloss ich mich Hectors Unternehmen an und barg die „Black Pearl" vom Meeresgrund.
Eigentlich war die Antwort einfach, gäbe es nicht Turner, seine Freundin und schließlich Sparrow als ungewollten Ballast.
Einer der auf dem Riff ansässigen Rotfeuerfische näherte sich mir langsam und ich änderte meinen eigenen Kurs soweit, dass ich dem giftigen Tier aus dem Weg gehen konnte.
Ich musste eine Entscheidung treffen, die ich eigentlich nicht treffen wollte.
Aber was blieb mir letztendlich wirklich für eine Wahl?
Im Grunde keine.
Inzwischen hatte ich den Rand des Riffes erreicht, schwamm an die Oberfläche um kurz etwas Luft zu hohlen.
Mit einer Hand wischte ich mir die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht, erspähte eine mir bekannte Gestalt, der sich im Schatten einer Palme niedergelassen hatte, neben meiner restlichen Kleidung auf mich wartete.
Nun, es wurde wohl langsam Zeit, dass ich meinen nächsten Kurs wählte...
Mit kräftigen Zügen überbrückte ich den Abstand zwischen Riff und Ufer, strich mir die Haare aus dem Gesicht, als ich langsam an Land watete.
„Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?", wollte ich ruhig wissen und Hector richtete sich aufmerksam auf, hatte den Blick entsetzt auf die große Narbe gerichtet, die meinen Körper wohl für Immer zieren würde.
„Nur so ein Gedanke...Ist das die Wunde von Turner?"
„Ist sie", gab ich zurück, wollte nicht unbedingt jetzt über dieses Thema reden.
Nicht hier, nicht an dem einzigen Ort, an dem ich keine schlechten Erinnerungen hatte.
Deshalb wechselte ich auch das Thema, beeilte mich, mein schwarzes Hemd über zu werfen.
„Ich geh mal davon aus, ihr habt jemanden gefunden, der euch nach Singapur mitnimmt?"
„Das haben wir", brummte er, verstand, dass ich nicht weiter über die Vergangenheit sprechen wollte.
„Aber was meinst du mit „euch"? Du begleitest uns doch, oder etwa nicht?"
„Ich bin mir noch nicht sicher", antwortete ich ehrlich, ließ mich neben ihm in den warmen Sand fallen.
„Und was hättest du sonst noch vor?"
„Ich könnte mich zu meinem Vater durchschlagen oder hier auf die „Feuertiger" warten..."
„Dein Vater? Du weißt endlich, wer es ist?"
Ich nickte nur, unsicher, ob ich es ihm gestehen sollte.
Andererseits würde er es früher oder später so wie so herausfinden.
„Ich denke nicht, dass du es mir glauben wirst..."
„Was, ist dein Vater etwa der Teufel, den wir auszutricksen versuchen?", scherzte er und ich atmete tief durch.
„Was, wenn es so wäre?"
Sein leichtes Lachen erstarb und ich konnte seinen ungläubigen Blick auf mir liegen spüren.
„Das ist doch ein Scherz, oder?"
„Ist es nicht", seufzte ich, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte unwohl auf die klare See hinaus.
„Die Tochter von Davy Jones...das sind unerwartete Neuigkeiten. Andererseits erklärt es auch ein paar Dinge", schnaubte er amüsiert und ich warf ihm einen überraschten Seitenblick zu.
„Du bist jetzt nicht davon verstört?"
„Sollte ich?"
„Ich war es jedenfalls. Ich hab es zwar schon geahnt, aber es bestätigt zu bekommen, war doch noch einmal etwas anderes", seufzte ich und er legte mir im nächsten Moment einen Arm um die Schultern.
„Und wenn du die Tochter von Beckett persönlich wärst, dass ändert nichts daran, wer du bist Cathrin. Vielleicht ändert es die Art und Weise, wie die anderen dich sehen werden, aber nicht für mich", verkündete er und ich lehnte mich nachdenklich an seine Schulter.
„Und das sagst du jetzt nicht einfach nur, damit ich mit dir nach Singapur segle?"
Er lachte amüsiert, schüttelte jedoch den Kopf.
„Ich hab andere Wege dich nach Singapur zu kriegen."
„Und die wären?"
„Wie wäre es mit einer guten alten Entführung?"
Ich schnaubte amüsiert, boxte ihm leicht in die Seite.
„Untersteh dich! Eine Entführung reicht vollkommen aus, vielen Dank", brummte ich und er lachte nur amüsiert, kräftigte den Griff um meine Schulter.
„Aber jetzt einmal ernsthaft - du wirst uns doch begleiten, wenn wir übermorgen Segel setzen, oder?"
„Hab ich eine Wahl?"
„Ich denke nicht", gab er sicher zurück und ich atmete tief durch.
„Dann werde ich euch wohl begleiten..."
Ich wartete in der „Faithfull Bride" auf den Rest unserer Truppe, drehte meinen Krug Rum lustlos in meinen Händen.
Wir wollten an diesem Morgen auf einem kleinen Schoner die Überfahrt nach Singapur beginnen, mit Zwischenstopps in Afrika-ganz zu Hectors Unbehagen-und auf Madagaskar.
Von meiner Mutter hatte ich mich bereits verabschiedet und wartete jetzt am Treffpunkt darauf, dass sich alle einfanden um schließlich an Bord gehen zu können.
Da es noch relativ früh war, befanden sich noch nicht allzu viele Gäste in der Kneipe, vielleicht gerade einmal zwanzig Stück.
Was man zum einen als Segen und zum anderen als Fluch sehen konnte.
Auf der einen Seite war es angenehm ruhig, doch auf der anderen Seite waren es zu wenig Menschen um mich in der Menge verschwinden zu lassen, was dazu führte, dass die Männer, die soeben die Kneipe betraten, mich sofort erkannten.
Es waren an die fünfzehn Mann, die unter der Führung eines Mannes, der genau so breit war, wie hochgewachsen, eintraten und sich dann mir zuwandten.
Der Anführer stieß seinem Nebenmann in die Seite, funkelte mich herausfordernd an.
„Seht mal, Jungs...Käpt'n Smith. Das Miststück hinter dem Jones her ist", zischte er und ich hob wenig beeindruckt eine Augenbraue.
„Hinter der Jones her war. Wir haben unseren kleinen Streit beigelegt", antwortete ich abweisend und einige der Männer gaben empörte Laute von sich.
„Deinetwegen wurde unsere halbe Crew ermordet", bellte einer von ihnen und ich zuckte nur desinteressiert mit den Schultern.
„Und?"
„Ich hab gehört deine Crew ist nicht anwesend...Du bist also alleine und wir sind wie viele? Fünfzehn?"
Inzwischen hatten auch die letzten bemerkt, dass ein Kampf kurz bevor stand und die meisten Unbeteiligten waren entweder bereits in Deckung gegangen oder warteten nur darauf selbst die Fäuste schwingen zu dürfen.
Ich wusste schon, weshalb ich dieses Etablissement nicht leiden konnte.
„Aber anscheinend nicht schlau genug um als eine Person durchgehen zu können", gab ich zurück, spannte mich bereits an.
Vorsichtshalber stellte ich meinen Krug zur Seite, stand schon einmal auf.
„Hast du uns gerade als dumm bezeichnet?"
„Ja, das habe ich."
Stühle wurden umgeworfen, als die Männer losstürmten und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen.
Das würde definitiv nicht schön enden...
Ich konnte gerade noch rechtzeitig mein Schwert ziehen, als die ersten mich schon erreichten.
Mein großer Vorteil war, dass die rauflustigen Gäste der Kneipe ebenfalls nicht zögerten sich in den Kampf zu werfen, damit mir gleich einmal ein paar Gegner abnahmen. Noch dazu bot die Kneipe durch die vielen Tische und Stühle nicht wirklich genug Platz, woraufhin meine Angreifer sich oft gegenseitig behinderten.
Ich hingegen nutzte jede Gelegenheit die sich mir ergab, verpasste Kopfnüsse, Ohrfeigen und Schläge mit der Klinge, wo es nur ging.
Es war befreiend.
All die Zeit über hatte ich meinen Frust und meine Wut angestaut, ein ganzes Jahr lang angesammelt und nicht einmal richtig entladen.
Die Kämpfe gegen Dukan zählten nicht-bei diesen war es einfach nur darum gegangen meinen Körper wieder zu alter Stärke zu verhelfen. Und im Gegensatz zu dem Kampf gegen die Männer der „Dutchman" ging es hier nicht unbedingt um mein Überleben.
Noch dazu waren mir diese Männer egal und dementsprechend skrupellos nahm ich einen nach dem anderen aus dem Gefecht, legte all meine angestauten Gefühle in meine Hiebe und Schläge.
Eine Faust traf mich im Gesicht und ich taumelte kurz zurück, fasste mich jedoch wieder und erwiderte die Geste ebenso kräftig.
Der Mann taumelte und stürzte auf einen der Tische, stand nicht nochmal auf.
Leider war es bereits der letzte Angreifer gewesen, der noch auf den Beinen gestanden war.
Zufrieden wischte ich mir das erste Blut aus meinem Gesicht, konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass Hector und die anderen bereits eingetroffen waren.
Fassungslos standen sie alle am Eingang, betrachteten das Chaos vor ihnen und ich stapfte zurück um mir meinen Krug zu holen und ihn in einem Zug zu leeren. Dann warf ich mir meinen Mantel über-den ich zum Glück am Tag meiner Entführung bei meiner Mutter gelassen hatte-und wandte mich ihnen zu.
„Ich denke, wir können dann los, oder?", schnaubte ich, nahm einem der Bewusstlosen einen Lappen ab, den er am Gürtel hängen hatte, nutze ihn um den Blutfluss aus meiner Nase zu stoppen.
„Wenn du dich ausgetobt hast, dann schon", verkündete Hector gefasst, ein leichtes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
Ich nickte nur leicht, schritt durch das Chaos auf sie zu.
„Worauf warten wir dann noch?"
Die restlichen Piraten wichen hastig vor mir zurück, selbst Tia Dalma bedachte mich mit einem respektvollen Blick. Nur Hector schüttelte nun offen amüsiert den Kopf, heftete sich sofort an meine Fersen.
„Waren das alte Freunde von dir?"
„Nicht wirklich. Aber anscheinend hat Davy Jones ihre Mannschaft dezimiert, als er auf der Suche nach mir war."
Er runzelte überrascht die Stirn.
„Und was wollten sie dann von dir?"
„Anscheinend dachten Sie ich wäre ihnen etwas für den Tod ihrer Kameraden schuldig", gab ich zurück, verlangsamte meinen zuvor forschen Schritt.
„Und wie geht es dir jetzt?"
„Besser...Ich hatte noch nicht wirklich die Möglichkeit meine Wut irgendwie raus zulassen", gestand ich und er neigte fragend den Kopf.
„Und woher kommt die Wut?"
„Hauptsächlich von dem Jahr, indem ich dachte, du wärst tot", antwortete ich ausweichend und er runzelte nachdenklich die Stirn, schwieg jedoch.
Inzwischen waren wir am Hafen angekommen, wandten uns einem der Stege zu. Der hagere Kapitän des Schoners erwartete uns bereits nervös, spielte mit dem Kragen seines Mantels.
„Mr. Barbossa, sind Sie und Ihre Freunde bereit abzulegen?"
„Ich denke, dass sind wir", antwortete Hector und trat hinter dem Kapitän als erster an Bord des kleinen Schiffes.
Ich folgte ihm ohne zu zögern, ließ meine Hand über die glatte Reling gleiten.
Vielleicht würde es mir gut tun, wieder auf See zu kommen, ohne entführt zu werden oder mich großartig um etwas kümmern zu müssen.
Einfach nur mal wieder den Wind und die Gischt auf dem Gesicht spüren...
Am Rande bekam ich mit, wie die Laufplanke eingeholt, der Anker gelichtet und die weißen großen Segel gesetzt wurden.
Ich lehnte mich auf die Reling, atmete tief durch.
Vielleicht würde es mir tatsächlich gut tun...
Die Sonne versank langsam in den ruhigen Wogen des Meeres, tauchte den Himmel in ein sattes dunkles rot.
Wir hatten ungefähr die Hälfte der Strecke hinter uns gebracht, hielten nun sicher auf Madagaskar zu.
Ich lehnte an der Reling des Schiffes, genoss die letzten warmen Strahlen der Sonne auf dem Gesicht, beobachtete das Farbenspiel, welches sie auf Himmel und Wasser warf.
Außer mir waren nur noch wenige Männer an Deck, die meisten hatten sich bereits zurückgezogen um am nächsten Morgen ausgeruht zu sein.
Mit einem leisen Kreischen sprang Jack auf meine Schultern, rieb grüßend den Kopf an mir.
„Hallo Kleiner", murmelte ich leise, begann sein weiches Fell zu kraulen.
Tatsächlich hatten die letzten Wochen auf See mir geholfen über einiges klar zu werden und über noch mehr nachzudenken.
Allem voran die Tatsache, dass es sich bei meinem Vater um Davy Jones handelte.
Was ich an Geschichten über ihn gelesen und gehört hatte, widersprach sich mit dem, was ich von meiner Mutter immer über ihn erfahren hatte oder was ich auf der „Dutchman" erlebt hatte.
Wenn er wirklich das unbarmherzige Monster wäre, wie konnte es dann sein, dass er mich einfach so hatte gehen lassen?
Genau genommen sprach meine bloße Existenz gegen diese Anschuldigungen.
Aber ich würde wohl erst eine genaue Antwort darauf erhalten, wenn ich ihn konfrontieren würde.
Und das hatte ich definitiv vor.
Vielleicht würde es eine Katastrophe werden, es könnte aber auch alles anders laufen. So oder so, hätte ich endlich eine Antwort auf die Frage, wer Davy Jones wirklich war.
Doch bis dahin musste ich die „Pearl" zurückholen und somit auch Jack Sparrow.
Der nächste, über den ich länger nachgedacht hatte.
Er war derjenige gewesen, der Hector erschossen hatte. Er hatte den Kampf begonnen, der mich beinahe umgebracht hätte - allerdings war es die Klinge des Welpen gewesen, die mich verletzt hatte.
Dafür wiederum hatte Jack mich entführen lassen um sein eigenes Leben zu retten.
An sich verständlich, wenn ich mich in seiner Situation befunden hätte, hätte ich vermutlich genau so gehandelt.
Also hatte ich mich dazu entschlossen ihm das nicht nachzutragen. Auch meine Narbe schrieb ich dem Welpen zu, war er auch einer von zweien, die keinen Schutz von Käpt'n Teague genossen.
Wobei ich auf Elizabeth nur aus Prinzip schlecht zu sprechen war.
Um jedoch zurück auf Sparrow zu kommen - ich würde definitiv keiner seiner Freunde werden, aber da er bereits vom Kraken gefressen worden war, sah ich keinen Grund mehr um ihn erneut umzubringen.
Auch aus dem Grund, dass Hector selbst nicht mehr tot war.
Hector Barbossa.
Langsam hatte ich realisiert, dass er wirklich nicht länger tot oder verflucht war. Auch kein Traum, der enden würde, sobald ich am Morgen aufwachte.
Er war genau so lebendig wie ich oder meine Mutter.
Und dennoch konnte ich dieses Bild nicht aus meinem Kopf vertreiben. Der Anblick von kalten, toten Augen, sowie einem blutbesudelten weißen Hemd.
Es verfolgte mich jedes Mal, sobald ich ihn ansah.
Oder aber, wenn ich die Augen schloss.
Seit wir wieder in See gestochen waren, verfolgten mich die gleichen Alpträume, die mich auf Tortuga schon immer aus dem Schlaf gerissen hatten.
Doch diesmal musste ich mich nicht mehr krampfhaft an das Medaillon um meinen Hals klammern, während ich versuchte die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben.
Jetzt reichte es, wenn ich einen Blick in die Hängematte neben mir warf, Hector dabei beobachtete, wie er ungestört schlief.
Schritte näherten sich von hinten, brachten mich aus meinen Gedanken.
Inzwischen war die Sonne fast komplett untergegangen und die ersten Sterne funkelten am klaren Himmel.
„Ich hab mir schon gedacht, dass er wieder bei dir ist", brummte Hector amüsiert, lehnte sich neben mir an die Reling.
„Vielleicht gefällt es ihm bei mir besser, wie bei dir", gab ich amüsiert zurück und er schnaubte belustigt.
„Das kommt nur daher, weil du ihn verwöhnst."
„Ist aber anscheinend die richtige Strategie", lächelte ich, atmete tief die frische Luft ein.
„Du siehst besser aus, zufriedener", fügte er erklärend an, neigte den Kopf um mich besser betrachten zu können.
„Ich hab die letzten Wochen über so einiges nachgedacht...Und bin mit einigem ins Reine gekommen", antwortete ich, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Darf ich fragen, worüber?"
„Jones, Sparrow...dich..."
„Über mich?"
„Mehr über deine Wiederauferstehung. Manchmal fällt es mir noch schwer, es als Realität zu akzeptieren", seufzte ich und er senkte den Blick, nickte leicht.
„Daher kommen deine Alpträume, nicht wahr?"
Ich warf ihm einen überraschten, aber auch leicht beschämten Blick zu.
„Du hast es mitbekommen?"
„Ich habe einen leichten Schlaf, Cat. Ich kriege mit, wenn ich beobachtet werde", gestand er und nun war ich es, die den Blick abwandte.
„Es ist nur schwer dieses Bild aus dem Kopf zu bekommen..."
Verständnisvolles Schweigen senkte sich daraufhin über uns, während der Himmel sich weiter verdunkelte, sich eine schmale Mondsichel langsam erhob.
„Ich bin nur froh, dass du dich dazu entschlossen hast, wieder normal mit mir zu reden", verkündete er plötzlich amüsiert und ich neigte zustimmend den Kopf.
„Das bin ich auch...Die ganze Sache hat mich vielleicht etwas verändert, aber ich denke, dass ich langsam Erfolg damit habe, zu mir zurück zu finden. Es wird noch etwas dauern, aber ich bin auf einem guten Weg."
„Das bist du auf jeden Fall", pflichtete er mir mit einem breiten Lächeln bei und ich erwiderte es erleichtert.
„Und solltest du Hilfe dabei brauchen, dann bin ich für dich da. Immerhin hast du mir geholfen meinen Fluch los zu werden..."
„Danke", murmelte ich ehrlich und er griff über die Reling nach meiner Hand, wandte gleichzeitig mit mir den Blick wieder hinaus aufs Meer.
Der Kapitän hatte uns erlaubt für diese Besprechung seine Kajüte zu benutzen, wodurch wir uns nicht auf dem zu engen Unterdeck oder dem durch den eingesetzten Regen nassen Oberdeck versammeln mussten.
„Wir brauchen also diese komische Karte, von der du immer wieder sprichst", begann ich nach einiger Zeit, in der bereits wild diskutiert worden war.
„Diese Karte befindet sich jedoch im Besitz des Piratenfürsten Sao Feng, der nicht sonderlich für seine Gastfreundschaft bekannt ist und nicht daran interessiert sein wird, Sparrow zu retten, da dieser ihn einst beleidigte. Noch dazu müssen wir davon ausgehen, dass die East India Trading Company bereits Fuß in der Stadt gefasst hat und sich Sao Feng deshalb verstecken wird. Nicht zu vergessen, dass wir auch noch ein Schiff und eine größere Crew benötigen", fügte ich abschließend an und Hector verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust.
„Andererseits ist Sao Feng - wie du bereits gesagt hast - einer der Fürsten. Ich habe von einem Piraten auf Madagaskar erfahren, dass das Lied gesungen und somit der Hohe Rat der Bruderschaft einberufen wurde. Damit könnte man ihn vielleicht noch umstimmen."
„Aber die Karte wird er uns trotzdem nicht so einfach überreichen", brummte Turner und Hector nickte zustimmend.
„Können wir überhaupt Kontakt mit Sao Feng aufnehmen?"
„Das glaub ich, ist das kleinere Problem", gab Hector zurück, ließ sich mir gegenüber am Tisch nieder.
„Ich hab Kontakte in der Stadt, die ein Treffen arrangieren können. Und wenn wir geschickt wären, könnten wir sogar ein Schiff dabei herausschlagen..."
„Aber ohne die Karte ist ein Schiff nutzlos", schnaubte Elizabeth frustriert und stützte den Kopf auf die Hände.
„Dann stehlen wir sie eben."
„Bitte?"
„Wir stehlen die Karte einfach", wiederholte Turner ungerührt und ich wechselte einen ungläubigen Blick zwischen dem Welpen und Hector.
„Und was, wenn er davon erfährt?"
„Man wird mich nicht erwischen", entgegnete Turner selbstsicher und ich hob skeptisch eine Augenbraue.
„Du willst die Karte stehlen? Alleine?"
„Natürlich allein. Vertraut ihr mir etwa nicht?"
„Nicht ein bisschen", gab ich kühl zurück und er warf mir einen angesäuerten Blick zu.
„Und selbst wenn Ihr behauptet, nicht erwischt zu werden, Mr. Turner, so müssten wir dafür vorbereitet sein, solltet Ihr es doch werden. Ich möchte nämlich ungern unbewaffnet in einem feindseligen Piratenunterschlupf stehen", gab Hector zurück und ich runzelte nachdenklich die Stirn.
So wenig wie es mir gefiel - Turner hatte nicht ganz unrecht.
Wir würden vermutlich nur an die Karte kommen, wenn wir sie stahlen.
Aber ich war mir sicher, dass Sao Feng auf irgendeinem Weg davon erfahren würde und die Verbindung herstellen konnte.
„Gibt es einen Ort, von dem du glaubst, dass er sich dort aufhalten würde?", wandte ich mich an Hector, der nachdenklich durch seinen Bart strich.
„Es gibt dieses eine Badehaus, in dem er bevorzugt Gäste empfängt..."
„Gibt es dort irgendeinen anderen Weg hinein?"
„Vielleicht durch die Kanalisation. Du stehst doch nicht etwa auf Turners Seite, oder?"
Ich seufzte schwer, lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
„Ich befürchte ich muss. Ich bin nämlich ebenfalls der Meinung, dass wir an die Karte nur kommen, wenn wir sie uns einfach nehmen. Etwas anderes wird uns kaum übrig bleiben..."
Er brummte missmutig, fixierte noch immer die Tischoberfläche nachdenklich.
„Und wenn wir durch die Kanalisation Männer in das Badehaus schleusen könnten, wärt ihr Bewaffnet und hättet Unterstützung, sollte alles komplett schief laufen", fügte ich an und er runzelte leicht die Stirn.
„Ihr?"
„Glaub nicht, dass ich Turner alleine auf Diebeszug gehen lasse", schnaubte ich und Turner warf mir einen finsteren Blick zu.
„Aber zu zweit sind wir auffälliger."
„Wenn du glaubst, ich werde dich aus den Augen lassen, Turner, dann hast du dich schwer getäuscht", entgegnete ich und warf dem jungen Mann einen letzten vernichtenden Blick zu.
„Wie sollen wir jedoch die Männer in die Kanalisation bekommen? Die Zugänge sind garantiert vergittert..."
„Wir könnten sie auffeilen", mischte sich nun Gibbs ein, der bisher schweigend daneben gestanden war.
„Man wird euch hören..."
„Nicht, wenn ihr übertönt werdet - von einem Leierkasten zum Beispiel", überlegte Elizabeth und auch Hector lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Das wird alles verdammt riskant...", brummte er unzufrieden.
Ich konnte ihn verstehen, aber ich ahnte auch, dass uns allgemein nichts anderes über bleiben würde.
Wir mussten es auf diese Art und Weise versuchen, oder aber auf gar keine.
„Nun gut...", gab er nach einer kurzen Stille von sich, die Arme noch immer vor der Brust verschränkt.
„Turner, Cathrin - ihr werdet die Karte holen. Miss Swann und ich werden um ein Treffen mit Sao Feng bitten und Master Gibbs führt die Männer an, die durch die Kanalisation das Badehaus infiltrieren. Es ist zwar kein Plan, der mir gefällt, aber der Einzige, den wir momentan haben", fasste er zusammen und entschlossene Blicke erwiderten den seinen.
„Dann können wir nur dafür beten, dass nichts schief gehen wird."
„Das wird es nicht", gab ich entschlossen zurück, war die erste die sich vom Tisch erhob.
„Wenn wir uns dann soweit einig sind, werde ich mich zu Bett begeben."
„Cat, warte noch kurz", verkündete Hector, stand ebenfalls auf und hielt mich an der Tür zur Kajüte noch einmal zurück.
„Glaubst du wirklich, dass du das schaffst?"
„Inwiefern?"
„Ich habe das vollste Vertrauen daran, dass du die Karten alleine beschaffen könntest, aber zusammen mit Turner?"
„Hector, ich werde das schon hinkriegen. Und wenn Turner wirklich Schwierigkeiten macht, dann werde ich ihn einfach zurück lassen", antwortete ich leise, aber zuversichtlich.
„Lass dich bitte einfach nicht erwischen. Für unser beider Überleben."
„Ich werde mein Bestes geben", lächelte ich leicht, öffnete die Tür zur Kapitänskajüte.
Regen und kalter Wind schwappten herein.
„Gute Nacht, Hector."
Er nickte nur knapp, sah mir nach, als ich im Regen zum Niedergang hastete.
DU LIEST GERADE
To the end of the world...
FanfictionDie Geschichte eines Lebens kann mal lang und mal kurz sein. Wenn man unter schwarzer Flagge segelt erwartet man jedoch nicht all zu alt zu werden. Dafür erwarten einen Freunde und Verbündete, Feinde, Abenteuer und Ungeheuer. Dies ist die Geschichte...