Kapitel 2

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Lu's POV

Panisch riss ich meine Augen auf und drehte mich in Richtung Tür. Ich blickte in zwei gerötete Augen, umrandet von einem gut durchblutetem Gesicht mit trockener Haut. Er musterte mich und stand einfach starr da. Nur sein schwerer Atem war zu hören. Plötzlich begannen die leblosen geröteten Augen zu Funkeln. Ich merkte wie mein Herz zu rasen begann. Panisch wich ich seinen Blicken aus. "Luisa!" brachte er schließlich hervor und das Funkeln in seinen Augen wurde mehr und bedrohlicher. "Chris" stammelte ich leise. Panik kam in mir auf. Meine Atmung wurde schneller und ich begann zu schwitzen. "Hättest du nicht kochen sollen? Oder den Abwasch erledigen? Dazu ist eine Frau verdammt nochmal da wann verstehst du es?!" schrie er mich an. Knallend fiel die Bierflasche zu Boden die er in der Hand gehalten hatte. Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich hatte panische Angst, er war unberechenbar und es war nicht klar was er als nächstes tun würde. Ängstlich schaute ich ihn an. Seine Augen glühten. "Feg es auf!" brüllte er mich an. "Und dann koch gefälligst! Zu was anderem bist du ja nicht gut!" Während er das sagte kam er mir bedrohlich nahe. Seine Stimmlage wechselte zu einem rauen Ton und ich konnte seine Fahne deutlich riechen. Er kam mir immer näher und meine Brust verkrampfte sich. Panisch und unwissend wich ich auf meinem Stuhl immer mehr zurück, bis ich schließlich nicht mehr auskonnte. "Mach schon, Luisa" säuselte er in einem bedrohlichen Ton. Seine Stimmungsschwankungen konnte ich mir einfach nicht erklären. Wahrscheinlich lag es am Alkohol. "Mach jetzt!" schrie er mich an. Ich zuckte verängstigt zusammen und nickte. Apprupt drehte sich Chris um und lief leicht torkelnd ins Wohnzimmer zurück. Die Küchentür hatte er natürlich offen gelassen. Immer noch starr vor Schreck saß ich auf dem Stuhl am Esstisch. Ich liebte Chris schon lange nicht mehr.

Damals, als ich in einer kleinen Wohnung nah an meiner Arbeit gewohnt habe hab ich ihn kennengelernt. Als einen charmanten, witzigen, süßen Mann. Ich hatte mich in ihn verliebt, schon nach wenigen Treffen. Er hat sich um mich gekümmert und mich behandelt wie das wertvollste der Welt, er war für mich da, er hat mich unterstützt. Ich dachte ich hätte in Chris die wahre Liebe gefunden. Ich erinnerte mich oft an all die romantischen Dates, wie er mich abgeholt hatte, aus meiner Mini- Wohnung. Wie ich mich mit Schmetterlingen im Bauch fertig gemacht hatte und mich vor Freude vor dem Spiegel gedreht habe da er in 5 Minuten kommen würde. Wie ich dann von Klingelgeräuschen aus meinen Träumereien gerissen wurde und mein Puls innerhalb einer Sekunde doppelt so hoch war. Wie ich schnell einen letzten Blick in den Spiegel warf und dann die Tür öffnete, mit rasendem Herzen. Vor der Tür begrüßte mich Chris, edel gekleidet, seine blonden Haare perfekt gestylet, seine Augen glänzend, seine Wangen rosarot, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Wie in einem kitschigen Liebesfilm holte er eine Rose hinter seinem Rücken hervor und überschüttete mich mit den liebevollsten Komplimenten die ich je in meinem Leben gehört hatte. Er hatte mir seine Hand hingehalten, mich zu seinem Auto geleitet. Alles war so süß gewesen. Ich fühlte mich geborgen bei ihm, mein Lieblingsplatz waren seine warmen, kräftigen Arme, er war mein ein und alles, meine Welt. Nach über einem Jahr hatten wir dann beschlossen zusammenzuziehen, es war mein größter Wunsch immer bei ihm zu sein, ihn immer in meiner Nähe zu haben. Er erfüllte mein Leben und gab mir jedes Mal wieder Kraft und Mut.

Doch irgendwas hat ihn dann verändert. Er kam in andere Freundeskreise, und es waren die falschen. Sie gingen feiern mit ihm, jeden zweiten Abend. Er begann zu trinken und das nicht nur wenn er mit seinen Freunden unterwegs war. Regelmäßig konsumierte er Alkohol zu Hause, jeden Tag. Mit 2 Bier intus ging er morgens zu Arbeit und sobald er zu Hause war saß er vorm Fernseher, trinkend. Unsere gemeinsamen Abende wurden weniger. Ich hatte in der Küche zu tun und er sah Fern, Abend für Abend. Mit seinen "Freunden" traf er sich fast gar nicht mehr, er verbrachte seine Abende im Wohnzimmer. Die Beschwerden in der Arbeit wurden immer mehr, ständig beschwerte sich sein Chef wegen unangemessenem Verhalten und schließlich musste Chris kündigen. Von da an verbrachte den ganzen Tag zu Hause auf der Couch. In der Früh traf ich ihn nie an, da er im Wohnzimmer seinen Kater ausschlief. Ich brachte ihm Frühstück vom Bäcker und holte mir selbst etwas zu essen. Dann machte ich mich fertig und ging oder fuhr zur Arbeit. Wann Chris letztendlich aufstand wusste ich nicht. Was ich wusste ist, dass er wach war wenn ich abends gegen 19 Uhr von der Arbeit nach Hause kam. Dann fand ich ihn, umgeben von Bierflaschen, auf der Couch sitzend und Fernseh schauend. Ich achtete darauf, nicht bemerkt zu werden, da er betrunken unberechenbar war und schnell gewalttätig wurde sobald er nicht bekam was er wollte. Also schlich ich mich in die Küche um zu kochen in der Hoffnung, dass es ihm schmeckte. Das Abendessen war unsere einzige gemeinsame Zeit weil Chris wollte, dass 'ich mich auch mal um ihn kümmere, sonst würde diese Beziehung ja nicht funktionieren'. Klar.
Ich hätte nichts gegen das Ende dieser Beziehung, ich würde alles dafür tun! Der einzige Grund warum ich immer noch bei Chris lebte war meine Sorge vor dem, was passieren würde wenn ich es nicht mehr tun würde. Jeden Tag drohte er mir mein Leben zur Hölle zu machen wenn ich abhauen würde. Er würde mein Leben mit Gerüchten zerstören die mich nie wieder normal leben lassen könnten. Auch mit dem Tod hat er mir gedroht aber ich würde gern ohne in leben. Mit ihm nicht. Deshalb musste ich bei ihm bleiben, kochen, putzen, waschen, einkaufen und natürlich auch Geld verdienen. Er machte mich fertig, ganz langsam aber immer mehr.

But who fights for you? || Julien Bam ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt