Kapitel 4

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Lu's POV

Mit ausdruckslosem Blick starrte ich an die Decke. Ich hatte noch keine Sekunde geschlafen, obwohl ich wusste, dass ich es morgen brauchen würde. Ich war aber einfach nicht müde. Immer noch dachte ich an Chris' Worte.
'Du kleine, dumme, hässliche, fette, abartig widerliche, ekelhafte, n*ttige, erbärmliche, nichtsnützige Schl*mpe!'
Hatte er Recht? War ich das? Hässlich? Fett? Nichtsnützig? Ich wusste es nicht, doch ich war mir sicher, dass er Recht hatte. Ich meine wie sehe ich denn aus? Ich hatte keinen flachen oder trainierten Bauch, meine Oberschenkel waren breiter als die der anderen, ich hatte keine perfekte Haut und meine langen dunklen Haare waren immer unordentlich, das braun meiner Augen passte nicht zu dem braun meiner Haare und mein Hautton war auch nicht so gebräunt wie es alle hatten, der tattowierte Mond auf meinem rechten inneren Oberarm passte nicht zu mir. Fucking Schönheitsideale! Chris hatte definitiv Recht! Er hatte Recht! Es war alles wahr! Ich war hässlich, ich war dumm, ich war zu nichts zu gebrauchen! Ich war unnötig! So fucking unnötig auf dieser Welt! Wofür war ich da? Für dieses Leben mit ihm? Really?

Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich versuchte die Schluchzer zu unterdrücken. Alles in meinem Körper zog sich zusammen und es bildete sich ein riesen Kloß in meinem Hals. Zitternd zog ich meine Beine an meinen Brustkorb. Ich krallte meine Fingernägel in meine Arme und versuchte mich zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. Alle Emotionen stauten sich in mir auf und eine eisige Kälte durchfuhr mich. Ich versuchte mit aller Kraft meine Atmung zu kontrollieren aber das machte es nur noch schlimmer. Verzweifelt begann ich zu weinen. Immer mehr Tränen liefen über mein Gesicht, immer mehr Emotionen ließ ich heraus. Ich fühlte mich so gebrochen, so nutzlos, so gebraucht. Der ganze Schmerz, die ganze Trauer und all die vergangenen Taten von Chris, die ich verdrängt hatte, fanden nun ihren Weg nach draußen. Meine Lippen bebten, meine Nase lief und ich zitterte am ganzen Körper. Alles um mich herum verschwand, ich nahm nichts mehr wahr. Ich versank in einem Meer aus Tränen und Emotionen. Ich schien zu ertrinken und nichts und niemand hielt mich auf. Keiner reichte mir eine rettende Hand, nirgends konnte ich mich halten. Ich sank immer tiefer und niemand bemerkte es. Es war als würde mich mein Leben an einem Zeitstrahl nach unten ziehen. Ich sah die Jahre an mir vorbei ziehen. Die Jahre voller Glück und Freude, die Jahre voller Lebensmut und Unbeschwertheit, die Jahre voller Liebe und Abenteuerlust. Nichts von dem war geblieben, meine Energie war verschwunden, alle Menschen aus meinem Leben hatte ich aus den Augen verloren und zurück blieb Leere und Schmerz.

Ich merkte, wie sich meine Augen wieder mit Tränen füllten. Dieses Mal hielt ich nichts zurück. In Strömen liefen mir die Tränen über das Gesicht. Warum war ich hier? Wieso hatte ich hier zu sein? Ununterbrochen rannten Tränen über mein Gesicht und ich schluchzte unkontrolliert. Eine neue Welle an Emotionen überflutete mich und ich merkte, wie ich schwächer wurde, wie ich einbrach. Jeden Abend ein Stück mehr. Zitternd umklammerte ich wieder meine Beine und weinte.

Ein Grummeln neben mir lies mich aufschrecken. Ich drehte mich nach rechts und bemerkte, wie Chris sich  unruhig bewegte. Hatte ich ihn aufgeweckt? War ich zu laut gewesen? Leicht panisch begab ich mich aus meiner Embryo-Stellung und setzte mich auf. Ich musterte ihn und seinen Atemtrhytmus. Prüfend beobachtete ich seinen Brustkorb, der sich unregelmäßig hob und senkte. Ich bemerkte, wie mein Puls stieg und mein Bauch sich zusammenkrampfte. Was wenn er aufwachen würde? Was würde passieren? Angstvoll rückte ich von ihm weg zur Bettkannte um Abstand zu schaffen. Am besten wäre es wohl ins Bad zu gehen und mich dort einzuschließen. Vorerst. Ich warf einen Blick zu Chris hinüber, schnappte mir meine dünnere Decke und stand auf. Die Matratze hob sich leicht und ich starrte gebannt auf das Bett und Chris. Keine Bewegung. Erleichtert tapste ich mit kleinen Schritten über den warmen Boden zur Schlafzimmertür. Meine Knochen knacksten bei jedem einzelnen Schritt so laut, dass ich Angst hatte er würde davon aufwachen. Doch er schlief weiter.

Bei der Tür angekommen warf ich noch einen letzten Blick ins Zimmer. Die Vorhänge warfen große Schatten und der Mond war inzwischen klar am Himmel und erhellte den Raum. Die Jacken, die neben dem Schrank an einem Kleiderständer hingen verliehen dem Raum eine schaurische Atmosphäre. Im Bett lag Chris, neben ihm meine aufgewühlten Decken. Leise drehte ich mich um und steuerte auf die Badtür zu. Behutsam drückte ich die Klinke hinunter und schlich mich ins Bad. Ohne einen Ton schloss ich die Tür hinter mir und drehte den Schlüssel um. Ein Klacken versicherte mir, dass ich abgeschlossen hatte. Erschöpft lies ich mich an der Tür hinunter und setzte mich mit angezogenen Knien auf den Boden. Die schwarze Leere und die düstere Stille sog mich auf und hielt mich in ihrem Bann gefangen. Einsamkeit war mein Rückzugsort, nur alleine war ich sicher. Schwer ausatmend lehnte ich meinen Kopf an die Tür und versank in Gedanken.

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Nach einer Schreibblockade und einer Mathe Schulaufgabe habe ich dann auch wieder ein Kapitel geschrieben:)
Ich hoffe ihr habt nicht zu lange warten müssen, wenn überhaupt jemand gewartet hat xD
Ich wollte mich nochmal bei julew_115 für die Votes bedanken ♡
Gebt mir gerne Feedback, wenn ihr euch die Zeit dafür nehmen wollt, aber fühlt euch nicht verpflichtet:)

LG, Malina

But who fights for you? || Julien Bam ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt