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Jungkook

Ein paar Momente vergingen, bis ich die hastigen, schweren Schritte vernahm und dann Taehyungs besorgte Stimme: "Scheisse, Jungkook, tut mir leid!", entschuldigte er sich, obwohl er nicht einmal etwas dafür konnte, wenn ich in eine Betonmauer raste, "Geht's dir gut? Tut dir was weh... Wieso zur Hölle lachst du wie ein verrückter Psychopath?!"

Gute Frage, wenn man bedachte, dass ich gerade in ein altes Fabrikgebäude reingerast war und nun Nasenbluten hatte. Anstatt ihm darauf aber eine gute Antwort zu geben - ich hatte selbst keine - sah ich ihn kichernd an. "Hyung, keine Sorge, mir geht's gut", meinte ich, nahm meinen Arm jedoch nicht von meinem Gesicht. Er schien es trotzdem zu kapieren, vermutlich weil das Blut nun wieder begann den hellgrauen Ärmel meines Hoodies zu tränken. Taehyungs besorgter Gesichtsausdruck wich einem entsetzten. "Ja, klar, das sehe ich, du hast Nasenbluten, du Verrückter!", rief er und ich zuckte lachend mit den Schultern, als er sich mir näherte. "Daran sterbe ich schon nicht, Tae."

"Ich kann nicht glauben, dass ich mit jemandem wie dir befreundet bin", murmelte er gestresst und stellte sich neben den Einkaufswagen, ehe er meinen Kopf bestimmend in den Nacken drückte. "Bleib so", wies er mich ruhig an und ich machte ein zustimmendes Geräusch. "Tut dir irgendwas weh, Kookie?", erkundigte er sich, während ich seine Hand auf meiner Schulter spürte. "Nein", meinte ich noch immer grinsend. "Sicher? Keine Kopfschmerzen? Ist dir schlecht? Schwindelig?"

"Alter, Tae, mir geht es gut, zu 100 Prozent!", beruhigte ich ihn amüsiert.

"Ich glaub dir kein einziges Wort mehr. Als du gesagt hast, dir wird nichts passieren, wenn du mit einem Einkaufswagen den Hügel hinunter bretterst, habe ich ja gesehen, wie dir nichts passiert ist!", murmelte er und seufzte dann aufgewühlt. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln und konnte beobachten, wie er sich durch die Haare fuhr, ehe er seine Beanie wieder aufsetzte und zurecht rückte.

"Das müssen wir nochmal machen", meinte ich, woraufhin er seine Augen weitete und mich ansah, als hätte ich sie nicht mehr alle (was vielleicht sogar auch stimme, wenn man bedachte, dass ich die Situation vielmehr lustig als ernst fand, dabei war ich derjenige mit Nasenbluten.). "Bist du völlig wahnsinnig geworden?!", fuhr er mich harsch an, was mich nur wieder laut auflachen liess, "Hat dir der Aufprall dein letztes bisschen gesunder Menschenverstand geraubt, du Idiot?! Du hast einfach Todessehnsüchte, nicht wahr?! In Wahrheit wolltest du dir das Genick brechen, darum lachst du jetzt auch wie ein völlig kranker Psycho!"

Nachdem er geendet hatte, verpasste er mir einen sachten Schlag gegen die Schulter und spielerisch zuckte ich mit einem "Aua, Hyung!", zurück. Auf der Stelle trat Besorgnis in sein Gesicht. "Tu-tut mir leid", entschuldigte er sich, "Hast du dir da etwa weh getan?"

Ich lachte erneut. Taehyung verdrehte die Augen und als nächstes hatte er mir einen Schlag gegen den Hinterkopf mit seiner flachen Hand verpasste. "Dummkopf", murmelte er leise. Grinsend sah ich wieder geradeaus und nahm probehalber meinen Arm von meinem Gesicht, nur um meinen Ärmel voll mit Blut zu sehen. "Scheisse, Jungkook", flüsterte Taehyung leise, der den riesigen, nassen, dunklen Fleck ebenfalls sah. Ich zuckte mit den Schultern. "Es sieht schlimmer aus, als es ist", winkte ich ab.

Mein Hyung sah nicht überzeugt aus, er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, doch ich lächelte aufmunternd. "Sieh mal, es blutet schon gar nicht mehr."

Er verdrehte die Augen und mein Grinsen wurde einen Tick breiter, ehe ich mich zu ihm lehnte, meine Hände in seine Jacke krallte und ihn zu mir hinunter zog. Taehyung starrte mich irritiert an, bückte sich jedoch, so wie ich es wollte. "Jetzt hab ich auf jeden Fall jede Ausrede der Welt, dich zu küssen", murmelte ich leise und bevor er etwas darauf erwidern konnte, hatte ich ihn mit einem kleinen Ruck noch näher gezogen, sodass ich meine Lippen auf seine drücken konnte.

Das war etwas, was ich bereits seit unzähligen Wochen tun wollte, doch niemals hatte ich die Gelegenheit dazu gekriegt. Ich wusste nicht einmal, ob Taehyung das wollte oder so für mich empfand, denn darüber gesprochen hatte ich nie mit ihm, doch ich sehnte mich nach seiner Nähe, je mehr und je länger ich sie hatte. Jede Nacht, die wir im Freibad verbracht hatten, hatten wir gemeinsam auf einer der Matratzen geschlafen. Jedes Mal, wenn ich schwänzte - oft war es zwar noch nicht vorgekommen, aber dennoch - war es mit Taehyung gemeinsam und ich genoss jede einzelne Sekunde, in der er bei mir war und mich zu einem der glücklichsten Menschen der Welt machte. Seit ich realisiert hatte, dass ich ihn liebte, suchte ich seine Nähe und Aufmerksamkeit noch viel mehr als zuvor und Taehyung scheute nicht damit, sie mir zu geben, wenn ich danach verlangte.

Vorsichtig und langsam bewegte ich meine Lippen gegen seine und musste gegen das aufsteigende, glückliche Lächeln ankämpfen, dass in mir aufsteigen wollte, als ich nach wenigen Sekunden merkte, wie er langsam erwiderte. Seine Bewegungen waren unsicher und zaghaft, doch es war mir egal, solange er den Kuss nur erwiderte. Das war alles, worauf ich gehofft hatte. Ich wusste nicht, ob ich damit klar gekommen wäre, wenn er mich von sich geschubst hätte.

Der Kuss währte nicht lange, nur ein paar kurze Momente, ehe ich mich sanft wieder von ihm löste und breit zu lächeln begann, während ich die Augen aufschlug, genau wie Taehyung, der mich aus grossen Augen und mit roten Wangen ansah. Meine Hände blieben in seine Jacke gekrallt, als ich zufrieden meinen Satz von zuvor weiterführte: "Ich hab nämlich absolut keinen Plan, was ich tue, denn immerhin hab ich ja voll die schlimme Gehirnerschütterung."

Durch mein breites Grinsen musste er verstehen, dass ich das nicht ernst meinte und mir auf jeden Fall im Klaren über meine Taten war, weswegen er die Augen verdrehte, mit der Zunge schnalzte und sich aufrichtete. "Gottverdammt, Jungkook", seufzte er. "Ich liebe dich, Taehyung - das sag ich nicht nur, weil ich eine Gehirnerschütterung hab."

Er schüttelte missbilligend den Kopf und drückte dabei meinen weg, sodass ich lachend von seiner Jacke abliess und ihn dann neugierig ansah. Taehyung sah stur gerade aus und kaute auf seiner Unterlippe herum, ehe er erst: "Du Vollidiot, musstest du einen Berg hinunterrasen, um mir das zu gestehen?!", fragte, woraufhin ich bloss lachend mit den Schultern zuckte. Es war nicht gerade mein Vorhaben gewesen, aber so hatte es doch auch gut funktioniert.

Dann jedoch seufzte er und warf mir einen kurzen Blick, zu ehe er wieder nach vorne sah und seine Hände in seinen Jackentaschen vergrub, während er die Schultern hochzog und somit seine roten Wangen vor mir versteckte. "Ich liebe dich auch", wisperte seine tiefe Stimme in die Stille hinein und ich merkte, wie mein Herz schneller zu klopfen begann, diesmal jedoch nicht aufgrund von Adrenalin.

Diesmal war es dank der puren, grenzenlosen Freude, die sich auf seine Worte hin, in meinem Innern ausbreitete.

Was hatte Jimin damals gesagt? Jeder brauchte einen schönsten Moment im Leben? Er schien Recht damit gehabt zu haben - mir fiel erst jetzt, wo ich ihn gerade erlebt hatte, auf, wie viel ich verpasst hatte, ohne diesen schönsten Moment meines Lebens.

Young Forever [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt