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Jungkook

"Vielleicht sollten wir erstmal aufgeben", murmelt Jimin gestresst und ich sehe kurz von meinem Handy auf und kriege mit, wie er sich durch die Haare fährt. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. "Und dann?", frage ich ihn, "Willst du einfach so tun, als wäre Yoongi niemals ein Teil deines Freundeskreises gewesen?"

Der Ältere schüttelt bereits seinen Kopf, da habe ich noch nicht einmal zu Ende gesprochen und lehnt sich dann wieder in unsere Richtung. "Nein, aber vielleicht sollten wir erstmal nach Jin suchen, weil Jin eventuell einfach zu finden ist, als Yoongi Hyung. Wir sitzen bereits seit über einer Stunde an ihm und wir sind genauso ratlos wie zuvor schon!"

Ich schürzte die Lippen, doch Hoseok schüttelte nun ebenfalls den Kopf. "Und dann finden wir Jin zuerst, aber Yoongi haben wir immer noch nicht. Egal wann du nach ihm suchst, das wird Arbeit geben, Jiminie."

Der Angesprochene seufzte und nickte ergeben. "Wieso bist du dir überhaupt so sicher, dass er an einem dieser...Singer-Songwriter-Abende sein wird?", meldet Taehyung sich nun, während ich bereits die nächste Internetseite einer Bar anklicke und darauf warte, dass sie lädt. "Weil es zu Yoongi Hyung passen würde. Er war oft im Untergrund, also ist es sehr wahrscheinlich, dass es mittlerweile in Bars auftritt, um sich Geld zu verdienen. Ich denke nicht, dass er die Musik je aufgegeben hat."

Ich nicke zustimmend. Recht hat er. Yoongi Hyung war nicht nur einmal todmüde, als wir uns getroffen haben, weil er bis in die frühen Morgenstunden hinein an einem Song geschrieben hat oder gar auf einem dieser Rapp-Battles war. Wir haben ihn oft dafür aufgezogen, doch es war seine Art, an seinem Traum zu arbeiten. Er hat sich die Zeit genommen, die er eigentlich nicht hatte mit der Schule und dem Studium, also musste er die Stunden seines Schlafes opfern.

Nun verbringen wir bereits den ganzen Morgen draussen auf dem Parkplatz, sitzen im Kreis auf dem kalten, harten Teer und durchforsten alle das Internet nach Bars, die diese Abende durchführen und nach Listen, von den Leuten, die alle auftreten. Bis jetzt war es erfolglos, aber es gibt auch unzählige Bars in ganz Südkorea, unser Vorhaben ist also tatsächlich die Suchen nach der Nadel im Heuhaufen.

Enttäuscht verlasse ich die Website der Bar, nachdem ich mir die Liste der Auftretenden angesehen, allerdings keinen Min Yoongi oder Suga gefunden habe, was unser Hyung zu seinem Künstlernamen auserkoren hat. Ein leises, tiefes Seufzen kommt von Taehyung und ich werfe ihm einen kurzen Blick zu, um zu erkennen, wie der Ältere sich den Nasenrücken reibt. "Nichts?", rate ich, woraufhin er wortlos nichts. "Einfach gar nichts", bestätigt er leise.

Die Minuten vergehen und weiterhin durchforsten wir das Internet, doch fündig werden wir nicht, bis Hobi Hyung plötzlich ein lautes: "Hab ihn gefunden!", ruft.

Überrascht sehe ich auf, während Jimin sich bereits aufgeregt in seine Richtung lehnt, um ein Blick auf sein Handy zu erhaschen. "Wirklich? Wo?", will er wissen. Hobi Hyung sieht grinsend auf das Handy in seiner Hand und liest dann vor: "Die Bar heisst Chwiyeon und befindet sich in Daejeon", verkündet er, "der Abend beginnt um Acht."

Ich schürze die Lippen und runzle die Stirn. "Daejeon ist nicht gerade um die Ecke von Gwangju", bemerke ich leise. Hoseok Hyung kommt auf die Füsse und streckt mir mit einem Grinsen die Hand hin. "Worauf warten wir dann noch? Wenn wir jetzt losfahren, kommen wir noch rechtzeitig!"

Ich ergreife seine ausgestreckte Hand und lasse mich von ihm hochziehen. "Auf nach Daejeon, zu Yoongi Hyung", höre ich Taehyung murmeln, der sein Handy wegsteckt und sich dann selbst aufrappelt, bevor er seine Kleidung zurechtzupft. "Keine Sorge, so schlimm wird es nicht werden", versuche ich auf ihn einzureden, doch er schenkt mir nur einen kleinen, unsicheren Blick. "Das weisst du nicht", erwidert er leise, "Als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, da hat er mir eine reingehauen und mich angeschrien..."

"Er hat überreagiert", mischt sich auch Jimin ein, "Wir alle haben das. Und jetzt sind sechzehn Monate vergangen, seit diesem Treffen. Ewig kann er nicht wütend auf dich sein, Tae."

Er zuckte hilflos mit den Schultern und es versetzt mir einen Stich in meinem Herzen, in so verunsichert und besonders mutlos zu sehen. Es ist offensichtlich, dass er sich davor scheut Yoongi Hyung wieder zu treffen. Nach Namjoon Hyungs, war seine die schlimmste. Ich weiss noch, wie ich versucht habe, den Streit etwas zu schlichten, denn Namjoon Hyung war Yoongi Hyungs bester Freund, es war also auch irgendwie natürlich, dass er so reagieren wird, wie er eben reagiert hat. Doch als ich zwischen ihn und Taehyung getreten bin, damit er Tae nicht völlig verprügelt, da hat er mich weggestossen und genauso angeschrien.

"Mach dir nicht so viele Gedanken darum Tae", versucht auch Hoseok ihn etwas aufzubauen, "Wir fahren erst mal hin und sehen, wie's läuft."

Der Braunhaarige nickt langsam und seufzt dann. "Lasst uns gehen", meint er und geht dann die wenigen Schritte bis zu Jimins Wagen, ehe er die Tür zur Rückbank öffnet und einsteigt. Jimin nimmt sich den Beifahrersitz und Hoseok will fahren, also geselle ich mich zu Taehyung auf die Rückbank. Er sitzt ganz links am Fenster und lehnt seinen Kopf gegen die Scheibe, während er seine Augen geschlossen hat.

Ich setzte mich neben ihn, schnalle mich an und während Hoseok losfährt, lehne ich mich vorsichtig an Taehyung. Als ich heute morgen aufgewacht bin, war er nicht da und ich habe ihn, mit Hoseoks Hilfe hier draussen auf dem Parkplatz gefunden, gemeinsam mit Jimin. Ich weiss nicht, worüber die beiden sich unterhalten haben, doch ich weiss auch nicht, was gestern alles passiert ist, nachdem ich mir die Flasche Schnaps gekauft habe. Die Kopfschmerzen haben sich nur mit einer Schmerztablette bekämpfen lassen - immerhin musste ich nicht kotzen - und ich habe die komplette, letzte Nacht vergessen.

Ich weiss nicht, was ich alles gesagt und getan habe und wie Taehyung reagiert hat und irgendwie stört mich das. Also lege ich meinen Kopf mit einem kleinen Seufzen auf seiner Schulter ab und schliesse ebenfalls meine Augen. "Tut mir leid, dass ich getrunken habe", flüstere ich leise, denn ich weiss, wie sehr er Alkohol hasst und besonders, wenn es nur darum geht, sich zu betrinken. Es erinnert ihn nur ständig an seinen Vater.

"Schon okay", erwidert er ruhig und ich lächle leicht, denn er hat mich nicht weggeschubst, was er im Grunde hätte tun können und was ich sogar eigentlich erwartet hätte. Stattdessen lässt er mich an ihn lehnen und ich geniesse die kleine Nähe zu ihm dadurch umso mehr. "Was habe ich alles gesagt?", möchte ich wissen.

Er seufzt tief und antwortet nicht sofort. Einige Sekunden vergehen, bis er schliesslich leise sagt: "Das, was dir alles durch den Kopf geht..."

Young Forever [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt