Kapitel 75

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Aus dem Gästezimmer war ein bäriges Husten zu hören. Das klang echt grausam und Delphine hatte Mitleid mit Opa Chris, der seit gestern krank im Bett lag. Er hatte sich in der Kälte draußen wohl doch erkältet. Scheinbar benötigte es wohl doch keine Bazillen dafür. „Dieser Mann ist furchtbar." Oma kam mit einer dampfenden Tasse Tee aus dem Zimmer. „Die schlimmste Krankheit auf dieser Welt ist wirklich die Männergrippe. Und wenn du dann noch so einen sturen Esel dazu erwischt hast, ist es ganz und gar vorbei." „Was ist denn?" Scheinbar war es wirklich ziemlich anstrengend Opa zu pflegen, denn Oma Dani sah ziemlich mitgenommen aus. „Geht es ihm so schlecht?" Jetzt machte sich Delphine ernsthafte Sorgen. Vielleicht sollten sie einen Arzt holen? Mist! Dieser dämliche Medizin-Troll trieb sich ja mit Hexe Leokardia in der Schweiz herum. Typisch, wenn man den schon mal brauchte, war er natürlich nicht greifbar. „Ach Quatsch!", winkte Oma Dani ab. „Der Kerl ist nur anstrengend und quengeliger als ein Kleinkind, wenn er krank ist." Das konnte sich Delphine bei Opa Chris überhaupt nicht vorstellen. „Jetzt weigert er sich sogar den Früchtetee zu trinken, weil das nichts für Kerle ist." Oma Dani schüttelte den Kopf. „Kerle liegen aber auch nicht im Bett und jammern, dass ihnen der Hals weh tut." „Soll ich mal versuchen, ihm den Tee unterzujubeln?" Delphine wusste selbst nicht, warum sie das vorschlug. Warum sollte Opa ihn bei ihr trinken und bei Oma nicht. „Das wäre einen Versuch wert." Oma drückte ihr die Tasse in die Hand. „Ich bin in der Küche, wenn er dich auch damit wegjagt." Delphine nickte und marschierte entschlossen ins Gästezimmer. „Ach meene Kleene", krächzte Opa, als er sie schon in der Tür sah. „Bleib man lieba draußen, nich dit de dir och ansteckst." „Ich werde mich schon nicht anstecken", grinste sie ihn breit an. Und wenn, war es doch auch egal. Sie musste ja nicht mehr trainieren, also versäumte sie sowieso nichts. Delphine lief zum Bett und setzte sich zu Opa auf die Bettkante. „Hier, das musst du trinken, damit du wieder gesund wirst." Sie streckte ihm die Teetasse entgegen. „Hat die Dani dir jetzt mit dit Einhorngesöff jeschickt." „Das ist Früchtetee", verbesserte Delphine ihn. „Sach ick doch Einhornjesöff. Dit kriegen die kleenen Kinda und keene jestandenen Männer. Ick will een richtiget Männerjesöff." Okay, mit dem quengelnden Kleinkind hatte Oma gar nicht so falsch gelegen. „Und was soll das sein?" Opa Chris verzog sein Gesicht zu einem Grinsen. „Na een ordentlichet Berliner Bier aber warm jemacht. Dit hilft dem totesten Jaul wieda uff de Beene." Delphine nickte, auch wenn sie sich das nicht vorstellen konnte, eher, dass es dem Gaul von den Beinen half. „Ich schaue mal, was sich da machen lässt." „Dit is meene Kleene", schniefte Opa Chris, ehe sich ein brachialer Nieser seinen Weg bahnte. Delphine machte sich mit der Teetasse auf den Weg in die Küche. Der aromatische Duft stieg ihr in die Nase und sie nippte daran. Mm, das schmeckte echt lecker. Viel besser als das Wasser, das sie seit Jahren trank, das nur mit einem Spritzer Zitrone wegen der Kalorien aromatisiert wurde. Warum hatte sie eigentlich auf Tee verzichtet? Der hatte doch auch keine Kalorien. Ganz klar, weil Madame Tourant vor verfärbten Zähnen und Heißhungerattacken gewarnt hatte, die durch Tee verursacht wurden. Na das war ja jetzt egal. Genussvoll nahm Delphine noch einen Schluck. Mit der leeren Tasse in der Hand betrat Delphine die Küche. Oma saß am Küchentisch und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Sie schien Delphine noch gar nicht bemerkt zu haben als sie ihre Finger über ihre Schläfen kreisen ließ. „Oma, geht es dir nicht gut?" Delphine stellte schnell die Tasse in den Ausguss. „Alles gut, meine Kleine", kam es krächzend aus Omas Mund. „Opa hat mich wohl nur ein bisschen angesteckt." Ein bisschen? Das war mehr als ein bisschen. Omas Stimme hörte sich wie ein Reibeisen an und sie sah noch geschaffter als vor fünf Minuten aus. Delphine lief zu ihrer Oma und legte sanft die Hand auf ihre Stirn. „Du glühst ja, Oma. Du packst dich auch sofort ins Bett und ich kümmere mich um alles." Sie zog ihre Oma vom Stuhl und schob sie energisch aus der Küche. So wenig Gegenwehr wie Oma Dani leistete, musste es ihr wirklich ziemlich mies gehen. Nachdem Delphine auch Oma in das Bett im Gästezimmer verfrachtet hatte, kehrte sie in die Küche zurück. So, und was jetzt? Opa wollte sein warmes Bier und wenn Oma ihm Früchtetee gemacht hatte, würde sie den wohl selbst auch trinken. Delphine lief zu dem Küchenschrank, in dem sie den Tee vermutete und wurde auch fündig. Sie setzte den Wasserkocher auf. Wo war das Bier versteckt? Delphine überlegte kurz und tippte auf Kühlschrank. Das Zeug trank man doch kalt, oder? Sie öffnete die Kühlschranktür. Bingo! Zwei Flaschen standen dort. Delphine schaute sie sich genauer an. Eine war alkoholfrei. Das war bestimmt gesünder. Sie schnappte sich die Flasche. Der Wasserkocher klackte und Delphine goss das Wasser in die Tasse, die sie schon vorbereitet hatte. Jetzt musste nur noch das Bier warm werden. Wenn der Wasserkocher Wasser erwärmte, würde er wohl auch andere Flüssigkeiten erwärmen können. Kurzentschlossen kippte Delphine den Inhalt der Bierflasche hinein und drückte den Schalter hinunter. Oma und Opa mussten ja auch was essen. Delphine lief zum Kühlschrank und entdeckte alles, was sie für eine Hühnerbrühe brauchte. Ja, die würde sie wieder hinbekommen. Entschlossen machte sie sich ans Werk....
„Danke, meene Kleene. Wenichstens eener, der versteht, wat der Körper eenes Mannes braucht, um jesund zu werden." Opa Chris war begeistert von dem warmen Bier. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass sie das alkoholfreie genommen hatte. War das jetzt ein gutes oder schlechtes Zeichen? Oma nippte auch an ihrem Früchtetee. „Gleich bekommt ihr noch eine Suppe." Oma Dani lächelte dankbar. Ihre Stimme hatte sich bereits verabschiedet. Opa Chris schob sein Deckbett beiseite und schwang die Beine über den Bettrand. „Was wird das?" Delphine schaute ihn verwundert an, schließlich war er gerade erst auf Toilette. So doll konnte das Bier ja nun auch nicht durchschlagen. „Na die Köter müssen doch och Jassi jehen." Opa machte einen taumeligen Schritt. „Nichts da!" Delphine schob ihn zurück in Richtung Bett. „Das mache ich." Opa schaute zweifelnd. „Du magst doch aba die Köter jar nich. Biste dir sicher?" War sie sich sicher? Also, dass sie die Köter nicht mochte, da war sie sich absolut sicher. Aber was nützte es, jetzt wo Oma auch flach lag? Opa würde sie jedenfalls nicht rausschicken, da war sie sich genauso sicher. Also blieb ja nur sie. „Ja, sicher!" Opa nickte und ließ sich wieder stöhnend ins Bett sinken. Na dann hieß es wohl die Viecher irgendwie nach draußen zu bringen und einmal die Straße auf und ab gehen. Das sollte ja wohl reichen.

Schuss und Treffer - Tanz mit dem Ball    Teil 14Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt