Kapitel 159

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Sascha öffnete die Verriegelung seines Autos mit einem Klacken und lief zur Beifahrertür, um sie für seine Cousine zu öffnen. Ja, so ein bisschen Gentleman steckte schon in ihm. Da hatte sowohl seine Mutter als auch sein Vater immer drauf geachtet. „Danke!" Delphine ließ sich an ihm vorbei in den Beifahrersitz gleiten und schenkte ihm ein breites Lächeln, das ihre Augen strahlen ließ. Nein, nicht nur ihre Augen. Irgendwie strahlte alles an ihr. Er musste an das unglückliche und verschlossene Mädchen denken, dass er damals in Paris getroffen hatte. Da hatte sich vieles geändert. Und das gefiel ihm. Er ließ noch einmal kurz seinen Blick über sie gleiten. Ja, da hatte sich eine Menge geändert nicht nur mental und von der Ausstrahlung. Nein, sie hatte einen komplett anderen Kleidungsstil. Und was viel wichtiger war, sie sah nicht mehr so ausgemergelt und abgehungert aus. Er würde lügen, wenn er behauptete, dass ihm ihr Körper so nicht viel besser gefiel. Und noch mehr würde er lügen, wenn er nicht zugab, dass das neue Gesamtpaket Delphine ihn ziemlich beeindruckte. Ja, sie sah so aus, als wäre sie endlich mit sich komplett im Reinen. Das freute ihn unglaublich. Es war eine Frage der Zeit bis die Jungs ihr in Schwärmen hinterherliefen. Bei dem Gedanken stieg in ihm ein blödes Gefühl auf. Das gleiche Gefühl, das sich in ihm zusammenbraute, wenn er diese Gedanken in Richtung seiner Schwester hatte. Er würde weder bei Rosa noch bei Delphine zulassen, dass irgendsoein Idiot sie verletzte oder ausnutzte. Da musste er aufpassen. Das war doch seine Aufgabe als guter Cousin, schließlich hatte Delphine keinen großen Bruder, der diesen Job übernehmen konnte. Sascha schlug die Tür zu und lief um sein Auto herum, um seinen Platz auf der Fahrerseite einzunehmen. Er startete den Motor und fuhr los. Aus dem Radio ertönte leise Musik. Ja, Sascha war niemand, der die Lautstärke so aufriss. Außerdem hatten er und Delphie auf der Hinfahrt sich ausgiebig unterhalten. Und da störte laute Musik einfach. Ja, er hatte gespürt, dass seine Cousine ziemlich aufgeregt war, als er sie von der Schule abgeholt hatte. Da war ihm eine ausgiebige Unterhaltung als perfekte Ablenkung erschienen. Das hatte auch super funktioniert und er wusste jetzt eine Menge über das Graffiti sprayen. Er musste schmunzeln. Ob das wohl reichte, um sich bei den Fangruppen nicht zu blamieren? Wahrscheinlich nicht. „Was grinst du so?" Delphie musterte ihn von der Seite neugierig. Was sollte er sagen? Am besten wie immer die Wahrheit. „Ich muss demnächst mit ein paar Fangruppen ein paar Banner sprayen. Meinst du, das bekomme ich hin?" Delphies Blick wurde nachdenklich. „Also eigentlich sollte das kein Problem sein. Aber wenn du möchtest, könnte ich ja mitkommen und dir helfen." Wenn Sascha ehrlich war, hatte er auf das Angebot gehofft. Ja, er würde sich da mit seiner Cousine als Fachfrau an seiner Seite absolut sicherer fühlen. Was sagte das über ihn aus? Vielleicht, dass er ein ahnungsloser Sprayer war, der gerne Zeit mit seiner Cousine verbrachte. Nicht weniger und nicht mehr. Mit der Neuigkeit, dass sie am Trainingsgelände eine ganze große Mauer verschönern sollten, würde er noch warten. Damit würde er Delphie in einem geeigneten Moment überraschen. „Ja, das wäre toll, wenn du das könntest. Ich gebe dir Bescheid, wenn ich einen genauen Termin habe." „Mach das." Sie knabberte plötzlich auf ihrer Unterlippe und sah ziemlich nachdenklich aus. „Wie war das heute eigentlich für dich mit den Kindern?" Ja, wie war es für Sascha? Er hatte darüber überhaupt nicht nachgedacht. „Es war interessant." Ja, das traf es wohl aus seiner Sicht am besten. Es war interessant auch einmal hinter die Fassade so einer Einrichtung zu schauen und nicht nur das mitzubekommen, was ihn dazu anspornen sollte, etwas zu spenden. „Und es hat Spaß gemacht." Ja, das hatte es. Delphine fing an zu strahlen. „Ja, das hat es mir auch total. Ein paar von den Kids sind richtig pfiffig." Sascha musste schmunzeln. Der Ausdruck pfiffig gehörte auch zu einem der Lieblingsausdrücke seiner Tante. Seine Cousine und ihre Mutter waren sich in vielem ziemlich ähnlich. „Hast du mitbekommen, wie Alex die unmöglichsten Zahlen einfach so...." Delphie schnipste mit ihrem Finger. „...zusammengerechnet hat?" Sie schüttelte den Kopf. „Das war unglaublich. In seinem Alter konnte ich gerade einmal 2+2 rechnen. Da kannst du dich fragen, wer eigentlich behindert ist. Wir oder er." „War er körperlich eingeschränkt?" Sascha hatte sich mit dem Jungen nicht so beschäftigt. „Nein er ist Autist. Weißt du, was das bedeutet?" Sascha hatte schon einmal davon gehört. „Autismus ist irgendwie eher eine psychische Einschränkung, glaube ich. Die Menschen leben ein bisschen in ihrer eigenen Welt oder so." Er musste an den Film Rainman denken, den er letztens mit Phil gesehen hatte. Ein uralter Klassiker. „Und sie haben oft unglaubliche Fähigkeiten." Delphie zog ihr Handy aus der Tasche und begann zu tippen. „Mhm." Sie schaute wieder von ihrem Handy auf und wirkte unzufrieden. „Also Wikipedia ist da keine wirkliche Hilfe. Aber zu Hause werde ich da noch ein bisschen mehr recherchieren. Ich möchte das nächste Mal Alex noch besser verstehen. Vielleicht finde ich da ja auch etwas, was gut für seine Förderung ist." Die Augen seiner Cousine leuchteten vor Begeisterung. „Was hatte denn dein Junge? Der war ja total knuddelig." Ja, das stimmte. Tom hatte Sascha sofort fest geknuddelt, obwohl er ihn nicht einmal kannte. „Trisomie 21. Jedenfalls hat das Julian gesagt." Julian war der Leiter der Einrichtung, der ihnen die Kinder zugeteilt hatte. Sofort begann Delphie wieder auf ihrem Handy zu tippen. „Okay, das ist eine wirklich geistige Behinderung aufgrund einer Anomalie des Chromosoms 21." Sie vertiefte sich wieder ins Lesen und Sascha musste schmunzeln. Also eins musste man seiner Cousine auf alle Fälle lassen, sie machte keine halben Sachen, sondern hängte sich in alles rein. Diese Eigenschaft imponierte ihm. Es gab sicher nicht viele Mädels in dem Alter, die das so tun würden. Die meisten würden wahrscheinlich nur murrend ihre Zeit absitzen. Delphie war aber nicht wie ihre gleichaltrigen Geschlechtsgenossinnen. Nein, scheinbar war sie, was Verantwortungsbewusstsein anging, schon viel reifer.

Ich wünsche euch allen und euren Familien ein frohes und wunderschönes Weihnachtsfest

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Schuss und Treffer - Tanz mit dem Ball    Teil 14Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt