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Jules Sicht:

Immer noch mit meiner Hand an der Nase hatte ich es endlich an Mom vorbei geschafft und schloss gerade die Badezimmertür hinter mir. *Fuck Julian, wolltest du nicht zur Abwechslung mal nett sein? Was war das denn? Seit wann bin ich so ein großer Idiot?*

Ich lehnte mich kraftlos gegen die Tür und drehte den Schlüssel herum. Am wenigsten brauchte ich jetzt noch Mitleid oder Fürsorglichkeit. Ich sank langsam nach unten bis ich die kalten Fliesen spürte. Doch zu mehr kam ich nicht, weil es auch schon an der Tür klopfte. Ich erschrak.

"Jule Schatz, bist du da? Mach mir bitte die Tür auf und lass mich dir helfen. Schatz, deine Nase sah nicht gut aus..." hörte ich Mom's Stimme mit fürsorglichem Unterton.

"Mom, ich brauch keine Hilfe. Es ist alles in Ordnung. Ehrlich, es ist nicht so schlimm, wie es aussieht" versuchte ich ihr klarzustellen.

"Julian du brauchst mich anlügen, ich hab doch gesehen, dass nicht alles in Ordnung ist. Jetzt mach schon auf. Ich muss mit dir reden."

Ich stockte. *Worüber wollte sie denn mit mir reden? Bitte nicht über Li, dafür hatte ich jetzt keine Kraft. Aber egal was es war, meine Neugier war geweckt.* Ich raffte mich auf und atmete noch einmal tief durch. Dann drehte ich den Schlüssel wieder herum und trat einen Schritt zurück.

Die Klinke wurde vorsichtig runter gedrückt und die Tür ging qualvoll langsam auf. Dann stand sie vor mir. Und mit genau diesem mitleidigen Gesichtsausdruck, wie ich ihn nicht anders erwartet hatte.

"Worüber willst du mit mir reden?" konfrontierte ich Mom kalt. Sie kam auf mich zu und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Da ich um einiges größer war als sie, beugte ich mich geschlagen zu ihr runter. Sie betrachte meine Nase genau und bewegte meinen Kopf ein paar mal hin und her. Ich beobachtete sie bei ihrem Handeln und fühlte mich dabei so schuldig, dass ich gestern so ein Arsch war. Meine Mom hatte meinen größten Respekt und deshalb konnte ich sie weder anlügen noch böse auf sie sein. *Sie wollte gar nicht mit mir reden, das war nur ein Trick um die Tür aufzubekommen.*

Es fühlte sich so an, als würde in diesem Moment eine riesige Last von mir abfallen und ich konnte meine Gefühle nicht mehr für mich behalten. Mir floss die erste Träne die Wange runter, welche Mom direkt wegwischte. Sie schaute mir tief in die Augen.

"Ich wusste, dass nicht alles in Ordnung ist Julian. Das habe ich dir angesehen." Sie ließ mein Gesicht los, schloss die Tür und kramte aus einer Schublade einen Waschlappen. Sie machte ihn kurz nass und begann dann, damit meine Nase von Blut zu befreien.

"Mom, das musst du nicht tun. Au- "

"Halt still, sonst tut es noch mehr weh!"

Eine Weile ließ ich sie einfach machen, ich hatte aufgegeben, mich gegen meine Mom zu wehren.

"Es tut mir leid."

"Was meinst du Schatz? Du hast doch nichts falsch gemacht" erwiderte sie mir direkt.

"Doch, das habe ich..." ich schaute sie an und sie unterbrach ihr Tuen und wartete darauf, dass ich weiter erzählte.

"Ich hab echt Scheiße gebaut und ich weiß nicht, wie ich das wieder gerade biegen soll" antwortete ich ihr ehrlicher Weise. Doch sie wusste überhaupt nicht, wovon ich redete.

"Hier geht es jetzt aber nicht darum, dass du gestolpert und mit deiner Nase auf dem Tisch aufgekommen bist oder? Wenn dir dabei ein Teller kaputt gegangen ist dann ist das doch nicht schlimm. Ich kaufe mir einfach einen Neuen. Ich wollte eh mal wieder neues Geschirr haben. Hauptsache ist, dass es dir gut geht und wie ich sehe, ist deine Nase noch ganz" und mit dem Satz verpasste sie mir noch ein Pflaster auf die Wunde.

BVBrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt