web of lies

kapitel 3

Der schreckliche Ton meines Weckers riss mich aus meinem Schlaf. War es wirklich schon Morgen? Bin ich nicht eben erst eingeschlafen?

Ich seufzte und stellte ihn aus. Die Versuchung, meine Augen wieder zu schließen und noch 5 Minuten liegen zu bleiben, war wirklich groß. Doch ich wusste welcher Tag es war... der erste Tag des Semesters. Ich stieß einen lauten Seufzer aus und fuhr mir durch das Gesicht.

Erst als ich mich aufsetzte und bemerkte dass ich nackt hier lag, erinnerte ich mich daran wieso ich überhaupt so müde war. Tyler.

Als ich im Raum herum sah, lagen meine Klamotten verteilt auf dem Boden, aber von Tyler war keine Spur. Natürlich nicht, er hatte schließlich auch Uni. Bestimmt war er gestern Abend noch Nachhause gefahren, sobald ich am schlafen war.

Ich setzte mich auf und blieb erstmal eine Weile so sitzen, um mein Leben zu überdenken. War das gestern ein Fehler? Eigentlich habe ich es genossen und in dem Moment hat es sich definitiv richtig angefühlt. Was, wenn er mich nur ausnutzen wollte? Wenn er wirklich keine Beziehung wollte? Ich kam mir dumm vor.

Moment, nein. Ich hatte gar keine Zeit um über sowas nachzudenken. Es gab grade wichtigere Sachen auf die ich mich konzentrieren sollte.

Also stand ich auf und hüpfte wie immer unter die Dusche, zog mich an und trank dann meinen Kaffee, während ich beiläufig meine Tasche packte. Eigentlich hätte ich das alles gestern Abend erledigt, wäre Tyler nicht da gewesen. Ich denke schon wieder an ihn.

Schnell schüttelte ich meinen Kopf und sah auf die Uhr. Viel Zeit für Make-Up war nicht, also musste ich mich wohl so auf den Weg machen. Noch schnell band ich meine langen blonden Haare in einen Dutt, bevor ich los ging.

Nur wenige Minuten später befand ich mich auf dem Uni-Gelände und sah mich um. So viele Menschen auf einem Fleck hatte ich lange nicht mehr gesehen. Viele Gesichter kannte man natürlich vom Sehen, doch ich hielt erstmal nach meinen Freunden Ausschau. Ich ging ein wenig umher und fand Liam schnell an einer Ecke stehen und rauchen. Ich ging auf ihn zu und wir umarmten uns zur Begrüßung.

„Naa? Lust wieder voll durchzustarten?", fragte ich ihn und er verdrehte nur die Augen als Antwort. Wir beide lachten kurz.

„Hast du Ash schon gesehen?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Hast du Hayley schon gesehen?"
Auch er schüttelte den Kopf.

Hayley war auch im 3. Semester des Jura Studiums, daher hatten wir immer Unterricht zusammen. Es waren noch 7
Minuten bis Beginn, daher sollte sie schleunigst mal aufkreuzen.

Grade wollte ich mich beschweren, da kam sie auf uns zugelaufen. Freudig umarmte sie uns beide, bevor sie mich einmal genauer inspizierte.

„Wow, du siehst nicht so aus als hättest du viel geschlafen. Wie untypisch.", sagte sie nur und ich schmunzelte. Eigentlich war es mir die Nacht ja wert, doch weil ich nicht wusste wie Tyler das deutete, wurde mir ein bisschen Flau im Magen.

„Hab ich auch nicht. Ich war anderweitig beschäftigt.", meinte ich und Hayley schlug die Hände vor den Mund. Sie war auf einmal ganz aufgeregt, dabei deutete ich nicht mal an inwiefern ich das meinte. Plötzlich hakte sie sich in meinen Arm und wank Liam kurz zu.

„Bis nachher, Liam. Wir haben Dinge zu besprechen.", dieser hob nur kurz seine Augenbrauen an. Er sagte nichts weiter dazu, sondern rauchte in Ruhe seine Zigarette zu Ende.

Mit Hayley am Arm gingen wir Richtung Gebäude und sie war ganz hin und weg, dabei wusste sie noch gar nicht worum es geht. „Okay. Erzähl mir alles!" sagte sie und ich lachte nur kurz.

„Ich vermute dafür wird die Zeit nicht reichen.", meinte ich als ich auf die Uhr blickte. Noch 3 Minuten bis Unterrichtsbeginn.
„Dann halt dich kurz!"

Also erzählte ich ihr eine ganz grobe Zusammenfassung von dem, was übers Wochenende hin passiert ist und die Schwarzhaarige hörte mir aufmerksam zu. Immer wieder nickte sie und grinste, als würde sie sich endlos für mich freuen. Doch zum Haken der Geschichte, nämlich dass ich gar nicht wusste ob er mich denn wirklich mochte, kam ich gar nicht.

Mit dem Ertönen der Klingel gingen wir in den Raum und setzten uns auf irgendwelche Plätze nebeneinander. Ich wollte nicht negativ auffallen, deswegen verschoben wir den Rest des Gesprächs auf die Pause.

Unsere Professorin startete direkt wieder voll rein und somit war ich die meiste Zeit über mit Schreiben beschäftigt, doch ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich mit den Gedanken wo anders war. Hayley legte nicht so viel Wert auf den Unterricht. Stattdessen betrachtete sie sich ungefähr 20 Mal in ihrem Handspiegel, verbesserte ihren Lippenstift oder schrieb mit Ryder, einem Freund von uns.

Als die Pause uns erlöste, sprangen wir auf und verließen den Raum schnell wieder. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf mein Handy, irgendwie hoffend dass Tyler mir geschrieben hatte. Doch es kam nichts.

Wir trafen uns mit den anderen in der Mensa und setzten uns an den Stammtisch. Meistens vermischten sich unsere Freundesgruppen hier, aber 6 Leute blieben immer gleich. Hayley, Kaya, Liam, Helena, Jasper und ich.

Helena war eine hübsche Brünette, die man eigentlich immer mit ihrem Freund fand. Leo und Helena waren wie Twix, aber man fand Leo nicht oft hier, weil er meistens am schwänzen war. Sie studierte Medizin und hatte einen Abschluss von 1,0, also irgendwie total widersprüchlich dass sie mit Leo zusammen war.

Jasper war ein blonder Kerl, der auch oft mit Leo rumhing. Im Gegensatz zu Leo waren wir uns bei ihm aber sicher, dass er als Jungfrau sterben würde. Er war wirklich lieb, versteht mich nicht falsch, aber irgendwie hatte er es nicht so mit Frauen. Er studierte Pädagogik und das passte wirklich zu ihm. Jasper war immer empathisch und half wo auch immer er konnte.

Wir sechs, und noch ein paar andere die ich nicht allzu gut kannten, saßen also am Tisch und Hayley brennte darauf, zu wissen was genau noch passiert ist. Weil ich das Thema aber nicht ansprechen wollte wenn alle hören konnten, lauschten wir lieber den anderen bei ihrem Gespräch.

„Seid ihr am Freitag auf der Party?", fragte Jasper und zog mit dieser Frage die Aufmerksamkeit auf sich. Wir sahen gespannt zu ihm und Helena meinte direkt: „ja klar!".

„Welche Party?", fragten Kaya und ich fast im Chor. Weil Helena im Wohnheim der Mädchen wohnte, wusste sie eigentlich immer von allem. Da sprachen sich die Sachen deutlich schneller rum und jeder wusste von allem.

„Bei Adam Zuhause. Eigentlich wollten wir eine im Wohnheim veranstalten, aber Adam wollte am selben Tag eine schmeißen und war mit den Vorbereitungen schon fast fertig. Also verschieben wir unsere Party.", wie immer sprach Helena unfassbar schnell und irgendwie klang alles was aus ihrem Mund war zugleich überzeugend, aber auch intellektuell. Ich bewunderte sie. Ihre Haare saßen in einem perfekten Sleek-Dutt und ihr Eyeliner war so symmetrisch, als hätte sie ihn mit einem Lineal gezeichnet.

„Achso, davon hab ich gehört. Ich weiß noch nicht, meine Tante hat da Geburtstag.", sagte Kaya und zuckte kurz mit den Schultern. Irrgläubig sah Hayley sie an. „Aber die wird doch nicht bis in die Nacht feiern, oder?"

Wir alle sahen Kaya an, sodass sie verunsichert zwischen uns umher blickte, bevor sie lachte. „Schaut mich doch nicht so an. Keine Ahnung wie lange das geht, ich muss dann gucken."

Liam biss von seinem Apfel ab und hatte sich bisher gar nicht dazu geäußert. Wie konnte man nur im Sommer Beanies tragen? Er kaute vor sich hin, bis er sich schließlich auch mal zu Wort meldete.

„Also ich bin da. Adam wohnt in ner scheiß Villa, das Haus ist fast so groß wie diese scheiß Uni!", schmatzte er, bevor er wieder genüsslich in seinen Apfel biss.

„Du sollst aufhören so viel zu fluchen, das lässt dich dumm klingen.", kam von Hayley's Seite und Jasper lachte kurz. Liam aber sagte nichts weiter dazu.

„Stimmt, ich war ein mal da. Ich hab mich mindestens sieben mal verlaufen.", murmelte Helena. Ziemlich schnell begeisterte das alle und eins war klar.

„Gut, das heißt wir sind alle dabei."