Teil 1

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Es war ein ganz gewöhnlicher Tag in Yokohama. . .

Nein, eigentlich war an diesem Tag nichts gewöhnlich. Er war stink langweilig. Zumindest empfand Ranpo das so, der gerade an seinem Schreibtisch hockte, nichts zu tun hatte und nichts anderes tun konnte, als sich darüber zu ärgern, dass sein Vorrat an Süßigkeiten gerade zu Neige gegangen war. Genervt stöhnte er auf. Der Meisterdetektiv sah von seinem leeren Schreibtisch auf. Die einzigen, die gerade mit ihm in der Detektei waren, waren Atsushi und Dazai. Die anderen schlugen sich mit Kleinigkeiten außerhalb ihres Arbeitsplatzes herum. Weshalb es für Ranpo niemanden gab, mit dem er irgendetwas tun könnte.

"Atsushi, gehst du mir Süßigkeiten kaufen?"

Der Angesprochene sah mit fragendem Gesicht von seinem Computer auf. Im Gegensatz zu den anderen beiden hatte er etwas zu tun und schrieb einen Bericht. Verzweifelt warf der Menschentiger Dazai einen Blick zu.  Dieser saß mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt, den Füßen auf dem Tisch und mit geschlossenen Augen in seinem Bürostuhl und döste. Atsushis Blick spürte er auch ohne offene Augen. Er sah seinen kleinen Schützling mit einem Blick an, der ausdrückte, dass er nicht vorhatte ihm zu helfen.

Als eines der neueren Mitglieder hatte Atsushi ein sehr großes Problem damit, Ranpo seine Wünsche abzuschlagen. "Ich. . . bin beschäftigt, Ranpo", versuchte er sich aus der Misere zu befreien. Eine göttliche Kraft schien es gut mit ihm zu meinen, denn das Telefon des Meisterdetektivs klingelte und es war jemand, bei dem er nur allzu gerne abnahm. Auf dem Bildschirm leuchtete Poes Name auf. Angesichts seines engen Freundes und liebsten Rivalen stand Ranpo sogar auf und ging vor die Tür der Detektei, um ungestört mit seinem Freund sprechen zu können. In der Sekunde, in der die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, nahm er den Anruf an. "Was gibt's, Poe? Bringst du mir bitte neue Süßigkeiten zu meinem Arbeitsplatz?" Der Meisterdetektiv genoss bei jedem eine Sonderbehandlung und Poe war da keine Ausnahme. Das ehemalige Gildenmitglied gab sich stehts besonders Mühe den Detektiv intellektuell herauszufordern und ihn so zu bespaßen. Sich miteinander zu messen, war schon lange nicht mehr der Hauptgrund, glaubte Ranpo.

"Naja, vielleicht könntest du auch ein paar Minuten erübrigen, um dir meinen neuen Roman durchzulesen. Mir ist es diesmal gelungen ein Fall zu schreiben, den selbst du nicht aufklären kannst. Es ist mein ultimatives Meisterwerk, wenn man so will", freute sich der Autor.

Wer's glaubt wird selig. Es war kein Geheimnis, dass Yokohamas bester Detektiv bis jetzt noch nie an einem Fall gescheitert war. Dass es ein fiktiver Fall sein solle war umso unwahrscheinlicher. Doch es konnte ja Keiner etwas von Poes tieferen Intentionen ahnen.

Zur selben Zeit auf der anderen Seite der Tür ließen zwei leise Signaltöne die beiden übrigen bewaffneten Detektive hellhörig werden. "Eine E-Mail", stellte Atsushi fest. Misstrauisch beäugte er die kleine leuchtende Eins auf dem Briefumschlagsymbol in der rechten, oberen Ecke seines Computers. "Ich hab auch eine bekommen", erklärte sein Mentor. Etwa zeitgleich öffneten sie die Mail.. . .

"Ich hab sie dir auf dein Telefon geschickt, Ranpo. Du musst nur die E-Mail öffnen", erläuterte der Autor. Gesagt getan. Dem Meisterdetektiv war das Ganze ganz recht. Ihm war, wie bereits erwähnt sterbenslangweilig. Das Gefühl mit dem Lesen eines Textes in eine fiktive Welt gezogen zu werden war ihm bereits bekannt.

Das altbekannte Leuchten von Poes Fähigkeit erfüllte das ganze Gebäude. 

Als der Detektiv seine Augen öffnete, saß er in einem leeren Hotelzimmer. Es passte zum Stil seines Freundes. Es war altmodisch und hölzern. Er lag auf einem riesigen Himmelbett mit bestickter Bettwäsche. Die Klamotten, die er trug waren nicht seine, aber sehr bequem. Er konnte ziemlich sicher sagen, dass es sehr formelle Schlafkleidung war. An seinem Kragen hing seine Brille. Die hatte ihm der Autor also diesmal gelassen. Eigentlich verwunderlich, denn so würde das ganze keine 30  Sekunden dauern. Das sprach dafür, dass sich sein Freund seiner Sache sehr sicher war. 

Das perfekte Rätsel (Ranpoe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt