Kapitel 42 - Lilith

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Der restliche Abend vergeht relativ reibungslos. Leider auch ohne Küsse. Wir reden über Green Day, zeigen uns gegenseitig Songs, die wir besonders mögen, und spielen Monopoly, weil es das einzige Brettspiel ist, was unser Haushalt zur Verfügung stellt. Wir sind nicht so die Spiele-Familie. 

Deswegen liegt Rocco natürlich vorne im Spiel. Wie gesagt, Spiele kommen bei uns nicht häufig auf den Tisch. Ich kann mich nicht mehr dran erinnern, wann ich überhaupt das letzte Mal Monopoly gespielt habe. Rocco musste mir auf jeden Fall erst nochmal die Spielregeln erklären. Aber es macht Spaß mit ihm zu spielen, auch wenn ich die ganze Zeit auf seine Straßen latsche und die Hälfte meines Geldes an ihn auszahlen muss.

„Gewonnen!", freut sich Rocco, nachdem meine Würfelzahl neun angezeigt hat, was heißt, dass ich wieder auf die Schlossalee mitsamt ihres Hotels laufen werde. Da aber nur noch ein paar Zwanziger vor mir liegen und ich auch schon fast alle Straßen an Rocco verkauft habe, gebe ich mich geschlagen.

Ich lache. „Wow, du bist echt ein Abzocker!"

„Na ja, in echt hab ich nicht zu viel Kohle, also genieße ich es, im Spiel mal reich zu sein." Er grinst und schnappt sich meine restlichen Scheine, um sie wieder in die Spielkiste einzuräumen.

„Aber dieser Büchereijob ist doch dafür auch keine Lösung", erwidere ich.

„Doch. Nur keine perfekte. Ich hatte es mir spaßiger vorgestellt." Rocco nimmt die Gemeinschafts- und Ereigniskarten und legt sie in das dafür vorgesehene Fach.

„Wie lange musst du das jetzt noch aushalten?", frage ich, während ich Roccos viele Straßen in den Karton räume.

„Noch eine Woche.", schnauft Rocco. Ich höre klar an seiner Stimme, wie wenig erfreut er darüber ist.

„Ich helfe dir! Sogar jeden Tag!", verspreche ich ihm. Ich will nicht, dass mein Freund traurig ist und wenn ich mit ihm Zeit verbringen kann und es ihm die Arbeit erleichtert, tue ich das gerne für ihn. 

„Das ist ja voll lieb von dir, aber ich muss das schon alleine durchstehen. Du musst nicht die Arbeit für mich machen.", streitet Rocco ab.

„Nein! Ich mache das gerne! Wir schaffen das zusammen viel schneller und können so mehr Zeit außerhalb der Bücherei verbringen. Das ist auch in meinem Interesse!", erwidere ich.

„Okay, wenn du meinst. Aber sag Bescheid, wenn du keine Lust mehr hast, okay?"

„Ja! Alles gut, Rocco. Wann muss ich morgen da sein?", erkundige ich mich.

„Ähm...", setzt Rocco an. „Acht Uhr..." Uff, okay. Für Ferien ist das echt früh. Egal, für Rocco würde ich sogar um zwei Uhr nochmal aufstehen.

„Die Bücherei öffnet doch erst um neun?", wundere ich mich und falte das Spielfeld zusammen, um es in der Box zu verstauen.

„Ja, aber wir müssen noch alles vorbereiten und so. Du kannst auch gerne später kommen, kein Problem."

„Nein! Ich werde da sein.", sage ich fest, nicht nur, um Rocco zu beweisen, dass ich kommen werde, sondern auch, um meinem Gehirn zu verklickern, dass ich morgen mal nicht ausschlafen werde.

„Okay, aber wenn du nicht willst, ist das auch okay, Lil", erwidert Rocco.

„Nein, Rocco. Ich komme! Punkt.", bestätige ich meine Aussage noch einmal.

„Okay", gibt er sich endlich damit zufrieden.

„Ich freue mich darauf."

„Ich mich auch. Wenn du dabei bist, ist eigentlich alles schöner. Nicht nur mein Job. Ach, ich wollte noch was sagen...", setzt er an. Okay? Jetzt bin ich gespannt. Aber bitte nichts Schlimmes, es ist gerade so schön zwischen uns beiden. „Es ist wegen der Sache mit dem Kino."

Ein unangenehmes Gefühl durchströmt meinen Körper. Ich habe jetzt nicht das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Können wir das nicht einfach abharken?

„Tut mir leid, dass ich so viel geredet habe. Ich habe mich nur so gefreut, dass mein Lieblingsbuch verfilmt wurde. Ich wollte dir mit meinen Spoilern nicht den Spaß am Film verderben. Sorry.", entschuldigt er sich.

„Alles gut.", sage ich nur, weil ich nicht weiter darüber reden will. Dieser Abend war einfach nicht optimal, der restliche Tag war sehr schön. Und darauf kommt es doch an.

Körper - das komische Ding, in dem meine Seele gefangen istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt