1. Dezember - Jay

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Ich setze einen Fuß vor den anderen. Meine Stiefeln drücken den Schnee tief in den Boden ein, während vom Himmel eine Schneeflocke nach der anderen fällt. 

Es ist der erste Dezember und ich bin total glücklich, dass es schon heute schneit. Wer weiß, vielleicht gibt es dieses Jahr ja sogar weiße Weihnachten?

Ich laufe die Treppenstufen zum Eingang hoch. Ein buntes Schild mit der Aufschrift "Rainbow - Jugendzentrum" prangt über dem Eingang. 

Ich war schon öfters hier gewesen und liebte es hier. Während ich mich zuhause oder in der Schule oft für mein Trans- und Schwulsein rechtfertigen muss, werde ich in diesem queeren Jugendzentrum so aufgenommen wie ich bin. Hier wird mir nicht vorgeworfen, dass ich ja gar nicht schwul sein kann, wenn ich auch ein Transjunge bin. Hier werde ich akzeptiert, wie ich bin. Und das liebe ich. 

Ich drücke die Tür auf und hänge meine Jacke an die Garderobe, wo schon einige andere Jacken hängen. 

"Hey Jay!", begrüßt mich sofort Felix. Er ist einer der Betreuenden im Jugendzentrum und auch schwul. 

"Hey!" Ich schnappe mir einen Pronomen-Button mit der Aufschrift "er/ihm" und lasse mich auf die große Couch fallen. Ich sehe ein paar bekannte Gesichter, aber auch Leute, die ich noch nie gesehen habe. Ich bin aber auch nicht oft hier und meistens komme ich dienstags und nicht freitags. Dienstags ist es oft etwas leerer und es kommen meistens die gleichen Leute. 

Ich erkenne sofort Isi. Isi ist eine meiner besten Freundinnen und auch manchmal hier im Jugendzentrum. 

"Jayyy! Hii!" Als Isi mich erblickt, läuft dey sofort auf mich zu. "Ich wusste gar nicht, dass du heute auch kommst, wie cool!"

"Ja." Ich lächele knapp. Isi ist die einzige Person, die ich kenne, die immer motiviert und fröhlich ist. Ich bewundere demm total dafür. 

"Willst du mit Alina, Mattis und mir Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielen?", fragt Isi mich und deutet auf zwei andere Personen, die an einem Tisch in der Ecke sitzen. 

Ich nicke und laufe mit Isi in die Ecke. Ich kenne Alina, sie ist die Exfreundin von Isi. Als sich die beiden getrennt haben, musste ich Isi oft trösten, weil es demm in der Zeit echt nicht gut ging. Irgendwie hat dey es aber geschafft, sich wieder mit ihr zu vertragen und jetzt verstehen sie sich wieder richtig gut. 

Ich setze mich zu Isi, Alina und Mattis an den Tisch. Während sie das Spielfeld aufbauen, sehe ich mir die Pronomen-Buttons der anderen an. Isi trägt als nicht-binäre Person wie immer den Button mit "dey/demm". Alina ist cis und trägt somit den Button mit "sie/ihr". Auf Mattis' Button steht "er/dey". 

Wir stellen die Figuren an die richtige Stelle und beginnen, zu spielen. 

"Darf ich fragen, was eure Sexualität und euer Geschlecht ist?", will Alina wissen. Ich nicke und auch die anderen haben nichts dagegen. "Okay, ich fang mal an.", beginnt Alina. "Ich bin Alina und lesbisch und cis, also weiblich."

"Ich bin Isi, non-binary und omnisexuell.", stellt sich Isi vor. 

Weil Mattis keine Anstalten macht, fortzuführen, übernehme ich das. "Ich bin Jay. Ich bin trans ftm und schwul."

Jetzt liegen alle Augen auf Mattis. "Ähm, ich bin Mattis. Ich bin mir nicht sicher, was mein Geschlecht und meine Sexualität ist, aber ich denke Demiboy und pansexuell."

Alle nicken und wir beginnen mit dem Spiel. 

"Warst du schon mal hier?", frage ich Mattis. Er sieht nett aus. Er hat kurze dunkelbraun bis schwarze glatte Haare. Sein Gesicht sieht aus, als hätte er koreanische, japanische oder chinesische Wurzeln. Er trägt ein gelbes Hemd, darunter schaut ein scharzes Shirt raus. Über Mattis' Beine streckt sich eine weite hellblaue Jeans. Er sieht gut aus. Wirklich gut. 

Weil wir anders sind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt