Zehn Tage später rief sie an. Ich war bei Shirin und verlor gerade die zweite Runde Sechsundsechzig, als mein Handy vibrierte. Das steckte in der vorderen Tasche meiner Jeans, weiß der Teufel warum, und ich hatte Mühe, das Ding da rauszubekommen.
„Lass es doch", lachte Shirin, „es ist ja eh genau dort, wo es vibrieren soll!", aber ich nahm das Gespräch trotzdem an, obwohl ich die Nummer nicht kannte.
„Keiner zuhause", sagte ich und legte wieder auf. Wenn es wichtig war, würde es ja gleich nochmal klingeln. Tat es auch.
„Was?", sagte ich genervt und machte den Lautsprecher an, damit ich die Hände zum Kartenmischen freihatte.
„Jana?"
„Ja, verdammt. Und wer ist dort?"
„Ich!"
Fatma, die ihren Kopf in meinen Schoss gelegt hatte, spitzte die Ohren und sah mich an.
„Wer ist ich?"
„Na ich halt!"
„Ich bin ich, nicht du!"
„Ich bin es, Liz!".
Es dauerte ein bisschen, bis der Groschen bei mir gefallen war.
„Hallo Kleine, was geht mit dir?"
„Ich ruf dich an"
„Ja toll, merke ich. Und weswegen?"
Shirin verdrehte die Augen und trank ihr Glas aus.
„Weil du gesagt hast, dass ich anrufen soll."
„Nein, Schätzchen, ich habe gesagt: Komm in einer Woche wieder. Nicht: Ruf mich in zwei Wochen an!"
„Entschuldigung"
„Also, was willst du?"
„Kommen"
„Das wollen alle irgendwann"
Shirin machte sich vor Lachen fast in die Hose.
„Kann ich zu dir kommen, Jana?"
„Weiß ich doch nicht, ob du kannst."
„Darf ich zu dir kommen?" Ihre Stimme klang flehend, aber auch schon etwas genervt.
„Wie heißt das Zauberwort?"
Stille am anderen Ende der Leitung. Shirin grinste noch immer, Fatma wedelte mit dem Schwanz.
„Bitte!"
„Bitte, was?"
„Bitte darf ich heute zu dir kommen!"
Shirin zog die Brauen hoch und machte eine Handbewegung, die sowas wie „Na geht doch" bedeuten sollte, ich nickte bestätigend.
„Okay," sagte ich, „um sechs"
„Danke!"
„Geh vorher zum Supermarkt hier um die Ecke und nimm eine Flasche Pinot Blanc mit. Und Salat, den du magst. Wir kochen was."
„Ich esse aber kein Fleisch," erinnerte sie mich.
„Mir egal, wir kochen trotzdem!", sagte ich, „Und sei pünktlich".
„Ja, Mistress", hauchte sie ins Telefon und legte auf.
„Oh, Mistress Jana!", wieherte Shirin und bekam auch schon den nächsten Lachkrampf
„Shirin, bitte!", seufzte ich, musste dann aber auch lachen. Obwohl ich es hasste, mit Mistress angeredet zu werden.
„Du bist schon arm mit deinen Bitches, Schwester!", sagte sie.
„Nicht ärmer als du mit deinen Balkanprinzen!", gab ich zurück.
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Jana und Liz - Teil 2: Die Rückkehr
Chick-LitLiz kommt zurück. Allerdings zu spät, in einem inakzeptablem Zustand und mit einem Benehmen, das Jana auf keinen Fall tolerieren wird.