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ℳ𝒾𝓉𝒸𝒽ℯ𝓁𝓁

Verdammt! Wie unangenehm ... Und ich Idiot habe wirklich gedacht, dass sie versucht hat, ihn anzugraben.

Ich sollte mir angewöhnen, erst nachzudenken, bevor ich etwas von mir gebe. Dann bestand zumindest mal die Chance, dass die Worte in einer sinnvoll geordneten Reihenfolge meinen Mund verließen.

Lia ... Ich hatte sie irgendwie ganz anders in Erinnerung. So kratzbürstig und dauer-wütend.

Doch ich schien mich nicht getäuscht zu haben. Noch bevor ich mich also rechtfertigen oder gar entschuldigen konnte, kam Lia wie eine unaufhaltsame Naturgewalt auf mich zugestürmt, um mir das Board aus der Hand zu reißen. Reflexartig streckte ich meine Arme samt Surfbrett nach oben und warf ihr einen herausfordernden Blick zu. Ein Vorteil von vielen, bei einer Körpergröße von einem Meter neunzig.

»Wieso zum Henker gehst du mit meinem Surfbrett an den Strand, anstatt beim Flughafen anzurufen und nachzufragen, ob es jemand vermisst?«, murrte sie. »Würde zumindest jeder normale Mensch tun.«

»Hey, Lia!« Glücklicherweise schritt Nick ein, um mir seine kleine Schwester vom Leib zu halten. »Sei nicht so unhöflich! Du bekommst es doch heute Abend wieder!«

»Es geht mir einfach ums Prinzip! Ich habe ganze fünfundvierzig Minuten in der Warteschlange der Flughafen-Hotline gehangen und mir den Mund fusselig geredet, um irgendwie herauszubekommen, mit wessen Board meines vertauscht worden ist! Und du hast nichts Besseres zu tun, als es irgendeinem dahergelaufenem Proleten auszuhändigen, der nicht einmal dazu in der Lage ist, seinen Neoprenanzug richtig anzuziehen!« Anschließend musterte sie mich mit prüfender Miene. »Nichts für ungut.«

Ich verengte meine Augen zu schmalen Schlitzen, weil ich es gar nicht leiden konnte, wenn man über mich in der dritten Person sprach, obwohl ich anwesend war.

»Ich bin kein Prolet! Und mal abgesehen davon, weiß ich sehr wohl, wie man einen Neoprenanzug anzieht! Es ist hier nun mal deutlich wärmer als dort, wo ich herkomme!« Die Rechtfertigung hätte ich mir jedoch sparen können, denn sie hörte mir sowieso nicht zu.

Um das Feuer nicht weiter zu schüren, nahm ich das ach so heilige Surfbrett wieder runter und überreichte es ihr. »Hier hast du das alte Ding wieder.«

Ich hatte felsenfest mit einem Konter gerechnet. Doch stattdessen umspielte ein Lächeln ihre vollen Lippen, ehe sie erleichtert aufseufzte.

»Ein Glück! Ich hatte schon Sorge, dass ich es nicht wieder zurückbekommen würde!«

»Ich verstehe gar nicht, weshalb du so einen Hehl daraus machst. Es ist doch nur ein Gegenstand, den man jederzeit ersetzen kann. Ich habe an die zwanzig von den Dingern in meinem Keller. Von mir aus kannst du mein Brett auch behalten. Ich kauf' mir einfach ein neues.«

Und ich weiß, wovon ich sprach, schließlich hatte ich ein Bein verloren. Und selbst das konnte man mit einer passenden Prothese augenscheinlich ersetzen.

»Es ist nicht nur irgendein Gegenstand«, ihr Ton wurde ernster, »für mich hat dieses Board eine große Bedeutung ...« Dann sah sie zu Nick und ich konnte deutlich beobachten, wie ihre Miene weicher wurde. »Tut mir leid, dass ich dich so angeschnauzt habe. Das soll zwar keine Ausrede sein, aber ich habe noch einen üblen Jetlag und kaum geschlafen.«

»Schon vergessen«, winkte ich ab. Ich war alles andere, aber kein nachtragender Mensch. »Wäre aber cool, wenn ich mir dafür das Brett, das du mitgebracht hast, zum Surfen ausborgen könnte.«

Lia bückte sich, ohne weitere Widerworte zu leisten und öffnete den Klettverschluss an ihrer linken Fußfessel. Dabei sprang mir ihr wohlgeformter Hintern so dermaßen in die Augen, dass ich nicht wegsehen konnte. Im Eifer des Gefechts war mir gar nicht aufgefallen, wie schön sie eigentlich war.

Kaum verwunderlich, bei diesem hitzigen Temperament, dachte ich mir.

Sie überreichte mir kommentarlos die Schnur und das Board. Merkwürdigerweise regte sich bei ihrem Anblick etwas in mir. Ich konnte nicht genau sagen, ob es daran lag, dass sie die erste Frau seit langer Zeit war, die sich weder für mein Aussehen noch für meinen Erfolg interessierte, oder daran, dass mir die Stirn geboten hatte.

»Das ist übrigens ... mein Trauzeuge. Mitchell Kane, ihr kennt euch noch von der High School. Wobei kennen etwas übertrieben wäre ...« Nick und ich hatten uns geeinigt, das bis zur Hochzeit geheim zu halten, um kein Aufsehen zu erregen. Es reichte ohnehin schon, dass ich am Flughafen erkannt und von irgendwelchen verrückten Fans belagert wurde. Aber scheinbar ließ es sich nicht länger vermeiden.

»Was, der da ist dein Trauzeuge?!«

Nun war es soweit, sie hatte mich erkannt. »Cool, nicht? Wer würde sich nicht jemanden wie mich als Trauzeugen wünschen?«

»Na, da würden mir so einige einfallen«, schoss sie dagegen. »Und aus welchem Grund machst du so ein großes Geheimnis daraus? Ist es, weil er dir peinlich ist?«

»Ähm, hallo?« Ich wedelte mit meiner Hand vor ihrem Gesicht herum. »Ich bin anwesend. Du musst nicht so über mich reden, als wäre ich gar nicht hier.«

»Oder, weil er unhöflich ist?« Lia setzte ein schelmisches Grinsen auf. Und scheiße, ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass sie damit nichts in mir entfachte. Gegenteiliges war der Fall, sie schien eine Meisterin darin zu sein, nachhaltig Öl ins Feuer zu gießen.

»Ich bin nicht unhöflich!« Nick warf mir einen amüsierten Blick zu. »Jedenfalls unter normalen Umständen ...«

»Hör zu, Lia«, Nick legte seinen Arm um Lias Nacken, »ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du Mitch vor den anderen nicht erwähnen würdest. Könntest du das für mich tun, hm?«

Der Kerl wusste genau, wie man mit Frauen umgehen musste. Faszinierend.

»Na gut«, murrte sie. »Auch, wenn ich keine Ahnung habe, was der ganze Aufriss hier soll. Schließlich ist er nicht der Papst.«

Der ...?

Ich hakte gar nicht erst nach, weil ich mir zu einhundert Prozent sicher war, dass das eine neue Diskussion entfachen würde.

»Versprichs mir einfach, Lia.«

»Versprochen«, kam plötzlich deutlich sanfter über ihre Lippen. »Ich werde niemandem ein Sterbenswörtchen verraten.«

Blieb nur zu hoffen, dass sie sich auch wirklich daran hielt. Nicht auszudenken, was hier los wäre, wenn die Medien davon Wind bekamen, dass ich hier in der Gegend war. Nick und Allys Hochzeit wäre damit hinfällig. Nicht auszudenken, was wäre, wenn eine Horde Paparazzi die Zeremonie unterbrechen und das Buffet stürmen würden.

 Nicht auszudenken, was wäre, wenn eine Horde Paparazzi die Zeremonie unterbrechen und das Buffet stürmen würden

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