ℳ𝒾𝓉𝒸𝒽ℯ𝓁𝓁
»Könntest du das bitte lassen?« Nicks Stimme riss mich schlagartig aus meinem ewigen Gedankenkarussell.
»Was soll ich lassen?«
»Na, Lia so anzustarren. Du tust das schon seit geschlagenen zehn Minuten.« Ein schelmisches Grinsen zeichnete sich auf seinen Mundwinkeln ab. »Du hast deswegen schon gefühlt die fünfte Welle verpasst.«
Nick hatte recht damit, dass ich seine kleine Schwester anstarrte. Aber ich kam einfach nicht darüber hinweg, wie sie mit mir gesprochen hatte. Etwas an ihr faszinierte mich, zog mich in ihren Bann.
»Stimmt, ich lasse mir nur ungern die Show stehlen. Andererseits darf ich nicht auffallen ...«
»Ich meins ernst, Mitch. Lia wird nach der Hochzeit nach Kapstadt zurückfliegen und du nach Island.«
»Und was willst du mir jetzt damit sagen?«
»Ich möchte nicht, dass sie mit einem gebrochenen Herzen abreist. Daher würde ich dich bitten, die Finger von meiner kleinen Schwester zu lassen.«
»Jetzt komm schon, Nick« Er kannte mich einfach zu gut. »Du hast doch live mitbekommen, dass sie mich nicht ausstehen kann.«
»Ja, aber ich habe auch den Blick in deinen Augen gesehen, als sie dir die Stirn geboten hat. Wirkte irgendwie so, als hätte dich ihre Reaktion angespornt.«
»Wie kommst du darauf?«
Doch bevor wir das Gespräch noch weiter vertiefen konnten, trieben die Wellen Lia direkt in unsere Richtung.
»Was ist los mit euch? Ich dachte, ihr wärt zum Surfen hier.«
»Ja, Mitch«, flötete Nick spitzzüngig. »Ich dachte auch, dass wir zum Surfen hier wären.«
Ich verdrehte die Augen und legte mich flach auf mein Board, um hinauszupaddeln. Anschließend hielt ich nach der perfekten Welle Ausschau. Als ich sie endlich gefunden hatte, wählte ich eine der leichteren Figuren, um nicht gleich als Angeber dazustehen. Doch Lia blieb sichtlich unbeeindruckt.
»Nicht übel, Prolet.« Sie zwinkerte mir zu. »Aber ich glaube, das kannst du besser.«
Natürlich konnte ich das. Und am liebsten hätte ich es ihr unter die Nase gerieben. Allerdings spürte ich bereits Nicks mahnenden Blick in meinem Nacken, weshalb ich beschloss, es einfach zu lassen.
»Wahrscheinlich liegt es am Surfbrett«, entgegnete ich, was Lia gar nicht zu gefallen schien.
»Oder an dem Surfer ...« Ihr entfuhr ein genervter Laut, ehe sie wieder hinauspaddelte und die nächste Welle nahm.
»So schlagfertig hatte ich sie gar nicht in Erinnerung.«
»Na ja, ist auch nicht schwer, wenn man andauernd mit irgendwelchen College-Mädels zugange war. Du hast sie nur an irgendwelchen Geburtstagen gesehen und selbst dann nicht wirklich wahrgenommen.«
»Da hast du recht ...« Lia war für mich immer Nicks kleine Schwester. Das unsichtbare Anhängsel, die nervige Klette ... Aber jetzt war sie eine gestandene Frau, die zu wissen schien, was sie wollte. Und ich musste wohl oder übel zugeben, dass mir das gefiel.
***
Auf dem Heimweg wechselten wir kaum ein Wort miteinander. Nick hatte beschlossen, Lia gleich mitzunehmen, nachdem wir das geliehene Board zum Surfbrett-Verleih zurückgebracht hatten. Und es nervte mich selbst, dass ich sie andauernd im Rückspiegel beobachten wollte.
»Und du bist dir wirklich ganz sicher, dass es Ally nichts ausmachen wird, mir ein paar Klamotten für heute Abend zu borgen?«
»Ganz sicher.« Nick schmunzelte. »Sie hängt nicht so sehr an ihrer Kleidung, wie du an deinem Surfbrett.«
Lias Blick wanderte betroffen zu Boden, was mich vermuten ließ, dass mehr hinter ihrer Reaktion gesteckt hatte, als das, was sie versucht hatte, Nick und mir zu verkaufen.
»Was ist los, Lia? Du bist doch auch sonst nicht so wortkarg.«
»Es ist nur ...« Ihr Blick wanderte zwischen Nick und mir hin und her. »Ich ... erzähl es dir später, wenn wir unter vier Augen sind.«
»Unter vier Augen?«, hakte er nochmals nach, woraufhin Lia nickte. Nun war auch ihm deutlich anzusehen, dass er sich Sorgen um sie machte.
Und ich fragte mich natürlich, was es war, dass sie nicht vor uns beiden aussprechen konnte. Andererseits kannten wir uns kaum, weshalb es naheliegend war, dass sie lieber mit ihrem Bruder allein sprechen wollte.
»Aber nun zu euch, ... hat Ally denn schon ein Brautkleid?«
»Nein, sie wollte es gemeinsam mit Mom, Adele und dir aussuchen.«
»Oh, sicher, dass sie Mom dabeihaben möchte? Du weißt doch, dass sie manchmal ganz schön herrisch sein kann.«
»Genau deshalb wollte ich dich darum bitten, sie zu auszubremsen, sollte sie versuchen, Ally etwas aufzuschwatzen.«
»Puh«, Lia wischte sich mit ihrer Rückhand über die Stirn, »das kann ja was werden. Weißt du noch, als wir mit ihr bei der Anprobe für den Homecoming Ball waren?«
Nick verdrehte die Augen. »Oh Gott, erinnere mich bloß nicht daran ... Das war furchtbar!«
»Allerdings ...«
»Wieso?«, hakte ich nach. »Was war denn so schlimm?«
»Sie hat Lia gezwungen dieses scheußliche fliederfarbene Kleid anzuziehen.«
»Es war langärmlig und hochgeschlossen ... Ich habe ausgesehen, wie eine Nonne.«
»Das hast du wirklich«, bestätigte Nick. »Und ich musste diese schräge, gepunktete Krawatte tragen. Die Jungs aus dem Football-Team haben mich nach dem Abend bei jeder auch nur erdenklichen Gelegenheit aufgezogen.«
»Wirklich?« Ich war zu diesem Zeitpunkt wegen des Worldcups im Surfen nach Australien gezogen, deshalb hatte ich nicht mehr viel von dem, was passiert war mitbekommen.
»Jepp ... Die High School war grausam.«
»Ja, ich hab' es gehasst.« Lia schluckte. »Aber jetzt ist alles besser! Das College in Kapstadt ist der Wahnsinn, auch, wenn ich gerne mehr Zeit fürs Surfen hätte.«
»Wieso ausgerechnet Kapstadt?«, wollte ich von ihr wissen. Doch anscheinend hatte ich mit meiner Frage den nächsten wunden Punkt getroffen.
»Ist nicht so wichtig ...«
»Wir sind da«, fuhr Nick plötzlich dazwischen und unterbrach damit unser Gespräch.
Jetzt war ich neugierig. Die ominöse Bildung zu ihrem Surfbrett ... Das Studium in Kapstadt ... Lia war in meinen Augen ein Mysterium. Und obwohl ich Nick nicht in den Rücken fallen wollte, musste ich zugeben, dass es mich reizte, mehr über Lia zu erfahren.
Sie interessiert mich mehr, als mir guttut.
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Wellenschlag Momente in meinem Herzen
RomanceBAND 3 | ABGESCHLOSSEN Lia reist extra aus Kapstadt an, um ihrem großen Bruder Nick und seiner Verlobten Ally bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen. Doch seit Tag eins geht alles schief. Beginnend damit, dass Lias Surfbrett am Flughafen verseh...