Schicksalsweber

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Peet drehte sich am dramatischen Höhepunkt seines Liedes um die eigene Achse, sein Umhang wirbelte auf und der letzte Akkord hallte in der menschenleeren Straße nach. 

Eine verdutzte Spitzmaus gaffte ihn an.

In einer ausufernden Verbeugung streckte Peet die Laute von sich. »Danke, danke. Ihr wart wie immer ein wundervolles Publikum.« Er drückte die Laute wieder an die Brust und grinste. Wartend auf Beifall.

Die Maus rollte mit den Augen und huschte davon.

»Maeh!« Peet machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nicht mal einen Penny übrig. Das Publikum ist wahrlich anspruchsvoll geworden.«

Er hörte hinter sich ein Geräusch und drehte sich um. Aus dem Häuserschatten einer Gasse starrte ihn ein Kind an. Nur in ein Leinenhemd gekleidet, das an der rechten Schulter in löchrigen Rissen von ein paar tapferen Fäden zusammengehalten wurde und ein mageres Schlüsselbeingerippe offenbarte.

»Ich nehm auch ein Lächeln als Bezahlung.« Peet ging in die Hocke, selbst ein bezauberndes Lächeln aufgelegt. »Hat es dir denn gefallen?«

Das Kind lächelte verschmitzt und dabei erkannte er, dass es ein Mädchen war.

»Dein Arm«, sagte er vorsichtig.

Sie blickte daran herab, als ob ihr erst jetzt auffiel, in welch unnatürlichen Haltung sich der Unterarm zum Oberarm befand.

»Darf ich ihn mir ansehen, Prinzessin?« Er sprach mit ruhigem, sanftem Klang. Doch gelegentlich reagierte das Publikum nicht so, wie es sollte.

Das Mädchen wich zurück. Er überlegte noch, wie er sie wieder für sich gewinnen konnte, da drehte sie um und rannte davon.

Peet seufzte und ließ den Kopf hängen. Er hielt seine Laute im Arm. Zupfte ein paar Töne an, aber die Melodie war ihm entglitten.

Er stand auf und hängte sich sein Instrument mit einem Trageschlaufen quer über die Schulter. Während er sich wieder auf seinen Weg machte, fegte der Wind durch die Straße und blähte dramatisch seinen Mantel auf.

Aus der Ferne erklang das Gelächter von Männern. Er spitzte die Ohren und reckte die Nase in den Wind. Teer und Asche. Aber auch die unverkennbaren Gerüche von Hefe und Schweiß lagen in der Luft.

Ein Lächeln ließ seine Augen wieder leuchten. Er fand die Taverne wie ein Lautenspieler eine verstimmte Saite – man suchte nicht unbedingt danach, aber fand doch immer wieder eine beim nebensächlichen Anspielen der Tonleiter.

Peet lehnte sich mit einem Unterarm an den Tresen und ließ den Blick über die Leute schweifen. In einer Ecke saßen drei Gardisten in Brustpanzern und mit Schwertern an den Hüften. Auf einem Tisch lag mit der Stirn voran ein älterer Mann und mimte bewegungslos einen kürzlich Verstorbenen.

Der Wirt hinter dem Tresen räusperte sich.

»Was bekommt man hier für einen Penny?«, fragte Peet ohne zu ihm zu sehen.

»Ein Bier«, erwiderte der Mann mit tiefer Stimme.

»Und für zu zwei Penny?«

»Zwei Bier.«

Peet grinste den Wirt an. »Dann nehm ich ein Bier.«

Der Wirt zog die Nase hoch und machte sich an die Arbeit. Dafür, dass er einen wundervollen Humor hatte, legte er ein ausgesprochen lustloses Gemüt an den Tag.

»He Barde!«

Peet wandte sich dem Gardisten zu, der nach ihm gerufen hatte.

»Kannst du das Lied vom Holzfäller spielen?«

Schicksalsweber - Eine Gezeitenwanderer-KurzgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt