8 Honey

214 12 2
                                    

Schon als es an der Tür klingelt, bin ich bester Laune. Ich öffne sie und werde gleich von dem schönsten Mann der Welt begrüßt. Er strahlt und lächelt. Sofort falle ich ihm in die Arme. Liebevoll erwidert er meine Umarmung und zieht mich ganz fest an sich. Ich lache. Er ebenfalls. Plötzlich lässt er mich los und schaut an mir vorbei.

„Hallo." Ertönt plötzlich eine weibliche Stimme hinter mir, die mich kurz zusammenzucken lässt. Meine Mum.

„Guten Tag Misses..."

„Nenn mich einfach Marina, Honey."

Ich hasse es, wenn sie das sagt. Honey. Seit sie es in einem Film gesehen hat, sagt sie dies zu allem und jeden.

„Du bist also derjenige, der meine Tochter vor dieser Schlampe Vanessa beschützt hat?"

„Mum?!"

„Was ist denn? Ist sie doch!"

Ich werfe ihr sofort einen tötenden Blick zu. Ich hoffe inständig, dass sie es versteht.

Sie verdreht nur die Augen und verschwindet wieder. Sie hat es verstanden – Gott sei dank. Ich drehe mich wieder zurück und schaue Felix tief in die Augen.

„Sorry dafür. Sie ist eigentlich..."

Plötzlich drückt er seine Lippen auf meine. Genüsslich schließe ich die Augen. Dann lässt er auch schon wieder los.

„Ich wollte es nicht vor deiner Mutter machen.", sagt er lachend, „Entschuldige dich nicht für Sachen, für die du nichts kannst."

Ich lächele.

Dann sage ich: „Schon klar... Wir gehen in mein Zimmer."

Ich nehme seine Hand und ziehe ihn hinter mir her.

„Du bist bist schon fleißig am Packen.", stellt er interessiert fest.

„Natürlich. Morgen früh geht es los."

„Schon nervös?" Er lächelt mich an, als er sich neben meinem vollen Koffer niederlässt.

„Mega." Wie ein Honigkuchenpferd beginne ich zu grinsen. Er ebenfalls.

„Kommst du mal bitte her." Sein Ton wird ernst.

Sofort kommt die Angst in mir hoch. Trotzdem komme ich seiner Bitte nach und gehe zu ihm. Ich setze mich auf seinen Schoß und schaue ihm tief in die Augen.

Leise flüstert er mir zu: „Schließe die Augen."

Ich ziehe nur eine Augenbraue hoch und lache etwas. Er nickt leicht. Was hat er nur vor?

Angespannt schließe ich die Augen. Alles was ich höre, ist ein leises Knistern. Dann liegt auch schon etwas in meinem Schoss. Schlagartig öffne ich meine Augen und schaue nach unten.

„Warum?!", frage ich ihn leise.

Sein Blick verrät so viel – trotzdem will ich es hören. Wieder schaue ich auf meinen Schoß. Ich beginne zu lächeln. Er haucht mir einen Kuss auf die Wange. Sein Kopf zieht sich danach nur einige Zentimeter zurück. Dann flüstert er wieder.

„Das bin ich dir Schuldig... Alles was die letzten Wochen passiert ist, muss ich dir entschuldigen."

Nervös öffne ich das kleine Geschenk. Eine silberne Kette kommt zum Vorschein.

„Nein.", sage ich ohne Laute.

Ich nehme sie zwischen zwei Finger und hebe sich aus der Verpackung. Sie ist einfach wunderschön. Der Anhänger ist ein kleiner Engel, welcher seelenruhig vor sich hinträumt.

„Michelle meinte, dass du sowas gerne magst. Und irgendwie hat der mich an dich erinnert."

Ein kleines 'Danke' rollt über meine Lippen, ehe ich wieder in Gedanke verfalle. Tausend fragen durchqueren meinen Kopf gleichzeitig. Sofort fasse ich mir ein Herz und lasse die wichtigste raus.

„Warum? Warum das alles?" Verblüfft über meine Frage starrt er mich an.

„Was meinst du mit 'Warum'?..."

„Warum schenkst du mir sowas? Warum liebst du mich überhaupt?"

Sein Gesichtsausdruck entglitt ihm schlagartig. Das Fragezeichen wurde immer größer – bis es schließlich platz.

„Ich liebe dich, Valerie. Für diese Worte musstest du leiden, und ich will dir zeigen, wie ernst sie mir sind...Wie kann man dich auch nicht lieben?" Ein leichtes Lachen huscht über meine Lippen. „Für mich bist du perfekt."

„Wie kannst du sowas sagen?... Wir kennen uns kaum."

„Michelle." Jetzt bin ich diejenige mit dem Fragezeichen im Gesicht.

„Was habt ihr beide miteinander?"

Seine Augen rissen sich ins unendlich auf. Verlegen kratz er sich am Kopf.

Empört versuche ich aufzustehen. Doch er hält mich fest und zieht mich ganz fest an sich.

„Felix!", brülle ich ihn an, „Lass mich los. Du bist ekelhaft!"

„Gott, was denkst du denn? Was denkst du, was ich mit ihr gemacht habe, hm?"

„Das will ich gar nicht wissen. Lass mich einfach los!"

„Ich hatte nie was mit ihr!" Bringt er schließlich raus.

Langsam beruhige ich mich wieder, schaue ihn aber nicht an.

Er lacht kurz, dann erzählt er endlich alles: „Du kennst doch sicherlich Quinn. Michelles bester Freund."

„Ich hasse diesen Kerl." Nickend nimmt er das Kommentar an.

„Er ist auch mein bester Freund. Aber gut, es war kurz nach der Trennung von Vanessa. Ich war am Boden zerstört und er wollte mich aufmuntern. Ich sollte wieder auf 'Jagd' gehen, meinte er. Er hat sie mir vorgestellt und wir hatten ein Date – mehr nicht. Wir haben beide sofort gemerkt, dass wir nicht der Typ, des jeweils anderen sind, also wurden wir zu Freunden." Er lächelt, als ich ihm ins Gesicht schaue. „Sie hat mir so viel über dich erzählt."

Mein Mund öffnet sich ein Stück. Ich verziehe das Gesicht und schüttle hektisch den Kopf.

„Das hätte sie mir erzählt."

„Sie hat mir versprochen, die Klappe zu halten."

„Die wird was erleben."

Er beginnt leise zu kichern. Erneut schaue ich nach unten. Dann halte ich ihm die Kette hin und bete ihn, sie mir umzubinden.

„Sie steht dir ausgezeichnet."

„Vielen Dank. Hab ich von meinem Freund bekommen."

Es ist das erste Mal, dass ich das Wort benutze. Aber es tut gut. Und es fühlt sich richtig an.

„Den muss ich unbedingt mal kennenlernen!"

„Er ist perfekt." Seine Augen funkeln wie Sterne in der Nacht.

„Ich liebe dich", flüstere ich ihm kaum hörbar zu.

Dann verschmelzen unsere Lippen.

Dieser Kerl bedeutet mir so viel. Mehr als ich mir vorstellen kann. Ich könnte ihn nie verletzten und das will ich auch gar nicht. Als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit wieder lösen, schauen wir uns in die Augen. Das Funkeln ist noch immer präsent.

„Was habt ihr in Australien eigentlich alles vor?" Ich lächle und starte ihm von allem zu berichten.

Jeder Tag sei voll durchgeplant und bis obenhin mit Touristen-Mist gefüllt. Dennoch freue ich mich auf die Reise.

Ich will diesen Tag niemals enden lassen. Doch leider muss er es irgendwann und wir verabschieden uns wieder. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn man weiß, dass man zwei Wochen kaum Kontakt haben wird. Aber tief im inneren weiß ich, dass die kommende Zeit wundervoll sein wird – zumindest sagt das mein Herz.

Mein Bauchgefühl verrät mir etwas ganz anderes.

Fernbeziehung? - Nein danke.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt